Zusätzliche Lehrer_innen für Seiteneinsteiger ohne Deutschkenntnisse

Pressemitteilung 18. Dezember 2015

„Schulen nicht mit den Herausforderungen alleine lassen!“

Mit dem am 16. Dezember verabschiedeten Landeshaushalt ist die Schaffung von rund 800 zusätzlichen Stellen an Hessens Schulen beschlossene Sache. Im November hatte die Landesregierung mit ihrem Aktionsplan zusätzliche Stellen für die Beschulung von Seiteneinsteigern ohne Deutschkenntnisse angekündigt. Die GEW Hessen hatte bereits zum Schuljahresbeginn 1.000 zusätzliche Stellen gefordert. Doch, so Vorsitzende Birgit Koch, „Leider hat die Landesregierung viel zu spät auf unser wiederholtes Drängen nach mehr Stellen für die Intensivmaßnahmen reagiert. Jetzt muss das gesamte Verfahren mit einer heißen Nadel gestrickt werden, das Chaos ist absehbar. Wir befürchten, dass die Schulen mit den damit verbundenen Herausforderungen alleine gelassen werden. Außerdem reichen diese Mittel nicht aus.“

Bis zum 18. Dezember müssen sich die vom Kultusminister angeschriebenen Lehrkräfte entscheiden, ob sie sich zur Beschulung von Seiteneinsteigern bereit erklären. Die Schreiben an die einzelnen Beschäftigtengruppen haben zu großen Verunsicherungen geführt und werfen viele Fragen auf: Zu welchen Konditionen sind befristete Einstellungen geplant? Welche Auswirkungen hat eine Bereitschaftserklärung auf meine Einstellungschancen über die Rangliste? Wie wird das gegebenenfalls erzielte Einkommen auf die Pension angerechnet? Nach welchen Tarifen wird hier überhaupt bezahlt? Wie kann ich an einem Ausbildungsangebot Deutsch als Fremd-/Zweitsprache teilnehmen? Werden diese Angebote auf die herausfordernde Tätigkeit in Intensivklassen ausreichend vorbereiten?

Die GEW Hessen fordert, dass reguläre unbefristete Stellen geschaffen werden. Die Einstellung von qualifizierten Kolleginnen und Kollegen über das Ranglistenverfahren muss daher absoluten Vorrang haben. Pensionierte Lehrkräfte, die sich trotz der verlängerten Lebensarbeitszeit noch engagieren wollen, dürfen nicht als Lückenbüßer missbraucht werden. So anerkennenswert es auch ist, wenn Freiwillige Unterstützungsarbeit für die Flüchtlinge leisten, wird es ohne professionelle Angebote zum Spracherwerb und zur schulischen Bildung nicht möglich sein, die Kinder und Jugendlichen gründlich und schnell auf ein Leben in Deutschland vorzubereiten. Auch der Asylkonvent Hessen hat zuletzt die große Bedeutung von Bildung für eine gelingende Integration betont.

„Wir können in Hessen auf pädagogische Erfahrungen aus mehreren Jahrzehnten der Beschulung von Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern zurückgreifen. Entsprechende Konzepte und Lernmaterialien liegen vor. Damit diese erfolgreich angewendet werden können, brauchen wir auch in Hessen eine deutliche Verbesserung der Lernbedingungen und zusätzliche umfangreiche Qualifizierungsangebote. Das Land Hessen hat die Stundenzahl in den Intensivklassen von 28 auf 22 Stunden in der Sekundarstufe I und von 20 auf 18 Stunden in der Grundschule abgesenkt. Diese Kürzungen müssen dringend zurückgenommen werden“, kommentiert die stellvertretende Landesvorsitzende der GEW Hessen Maike Wiedwald. Darüber hinaus muss auch die notwendige psychologische Unterstützung sowie der Ausbau der Schulsozialarbeit sichergestellt werden. Nur so kann der schulische Alltag von Flüchtlingskindern angemessen begleitet und sie und ihre Familien ausreichend unterstützt werden.

„Die GEW Hessen bewertet es als Schritt in die richtige Richtung, dass die Landesregierung endlich die Forderung der GEW und Anderer zur Beschulung von Flüchtlingen im Alter von 18 bis 21 Jahren berücksichtigt und Maßnahmen hierzu vorsieht. Aus unserer Sicht wäre aber die Verankerung des Rechts auf einen Schulbesuch bis zum 25. Lebensjahr notwendig, wenn im Herkunftsland weniger als acht Schuljahre besucht worden sind“, resümiert Birgit Koch.