Landesdelegiertenversammlung 2022

6. bis 7. Oktober | Kassel
 

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Bericht zur Landesdelegiertenversammlung in Kassel

Der GEW-Landesvorsitzende Thilo Hartmann und die stellvertretenden Landesvorsitzenden Heike Ackermann und Simone Claar präsentierten sich bei der Landesdelegiertenversammlung (LDV) am 6. und 7. Oktober 2022 im Kassel ein Jahr nach ihrer Wahl in Fulda (HLZ 11/2021) als kämpferisches Team. Die Freude, Verantwortung für die GEW Hessen zu übernehmen und für die gemeinsamen Ziele zu kämpfen, war ihnen anzumerken. Im Mittelpunkt ihres Geschäftsberichts standen die Umsetzung der neuen tariflichen Entgeltordnung für Lehrkräfte, die Kampagne für eine gerechte Bezahlung von Grundschullehrkräften sowie der Kampf gegen das Befristungsunwesen an Hochschulen, für bessere Arbeitsbedingungen in den Kitas und außerschulischen Bildungseinrichtungen und für demokratische Mitbestimmung und ein besseres HPVG. In Wort und Bild ließen sie die Aktionen und Initiativen eines ereignisreichen Jahres Revue passieren, ohne Zweifel an der Tatsache zu lassen, dass die nächsten Monate und Jahre auch für die Gewerkschaften existenzielle Herausforderungen bringen werden.
 

In der Aussprache über den Geschäftsbericht hob Klaus Armbruster (GEW-Kreisverband Darmstadt) die Bedeutung der Kampagne für eine Bezahlung der Grundschullehrerinnen nach A13 hervor: „Das ist eine Frage der Solidarität und eine Sache von uns allen.“ Den Vorwurf von Gerhard Walentowitz (Personengruppe Angestellte), der klare Aussagen gegen die Sanktionspolitik, gegen die Aufrüstung der Bundeswehr und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine auch im Geschäftsbericht vermisste, beantwortete Thilo Hartmann mit dem Hinweis auf die Beschlüsse von GEW und DGB und die in hohem Maße konträren Positionen in der Mitgliedschaft, die „eine Einheitsgewerkschaft respektieren und ertragen“ müsse.
 

Strukturen auf dem Prüfstand
 

Wahlen standen bei der LDV, mit der die coronabedingt verkürzte Tagung in Fulda im September 2021 fortgesetzt wurde, nicht an. Der Haushaltsentwurf, den Jochen Nagel und Ulrike Noll für die Jahre 2023 und 2024 mit deutlichen Hinweisen auf die Inflation und die steigenden Energiekosten vorgelegt hatten, wurde nach ausführlicher Beratung angenommen. HLZ-Redakteur Harald Freiling berichtete in diesem Zusammenhang über die enormen Preissteigerungen und Lieferengpässe beim Papier und kündigte eine Reduzierung der Zahl der HLZ-Ausgaben von 9 auf 8 Ausgaben im Jahr 2023 an. Außerdem werde man darauf reagieren, dass immer mehr Mitglieder der GEW nach einer Online-Ausgabe der HLZ fragen.
 

Thilo Hartmann erinnerte im Tagesordnungspunkt „Organisationsentwicklung“ daran, dass die stagnierende beziehungsweise leicht rückläufige Mitgliederentwicklung ein zentraler Ausgangspunkt der Arbeitsgruppe zur Strukturreform der GEW ist. Es sei auch in der GEW immer schwerer, ehrenamtliche Funktionen zu besetzen und Schulgruppen gebe es schon lange nicht mehr an allen Schulen. Deshalb sei es dringend notwendig, die Kräfte zu bündeln. Während über diese Zielsetzung in der GEW große Einigkeit besteht, bestätigte die Aussprache die Differenzen über die Zukunft der Bezirksverbände und den Zeitplan der Organisationsreform. Die Delegierten, die wie Klaus Armbruster und Manon Tuckfeld (Kreisverband Wiesbaden-Rheingau-Taunus) für mehr Beratungszeit plädierten, fanden keine Mehrheit. Die LDV bestätigte den Zeitplan, wonach der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe bis Herbst 2023 vorgelegt werden soll, da, so Katja Pohl aus dem GEW-Kreisverband Main-Taunus, der Abbau von Doppelstrukturen nicht einfacher werde, wenn man noch weiter warte. Mit großer Mehrheit stimmte die LDV einem Antrag des Kreisverbands Marburg zu, wonach eine Dezentralisierung und die „Verbesserung und Angleichung der Arbeitsbedingungen für die Kreisverbände“ im Mittelpunkt der Organisationsreform stehen sollen.
 

Der Landesausschuss der Studentinnen und Studenten (LASS) wurde wie bereits auf Bundesebene in Landesausschuss GEW Studierende (LAGS) umbenannt. Außerdem muss zukünftig sowohl im Präsidium der LDV als auch im Wahlausschuss mindestens ein Mitglied jünger als 35 Jahre sein.
 

Keine Mehrheit fanden satzungsändernde Anträge, dass die Vorsitzenden der Personengruppe Frauen und der Personengruppe Seniorinnen und Senioren nicht nur dem Landesvorstand, sondern auch dem Geschäftsführenden Vorstand (GVo) angehören sollen. Die Ablehnung wurde unter anderem mit der Tatsache begründet, dass die Landesvorsitzenden und die Leiterinnen und Leiter der Referate, die den GVo bilden, von einer LDV mandatiert sind und dieser rechenschaftspflichtig sind.
Der zweite Tag der LDV stand im Zeichen der inhaltlichen Beratungen über die Arbeitsschwerpunkte der GEW. Alle Beschlüsse findet man unter www.gew-hessen.de/ldv-2022.
 

Im Vorfeld der Landtagswahl
 

Der Antrag „Zeit für mehr Zeit – Zeit für gute Arbeitsbedingungen in den Bildungseinrichtungen“ begründet die zentralen Forderungen der GEW Hessen auf der Grundlage einer umfassenden Beschreibung des Ist-Zustands der Arbeits- und Lernbedingungen in Kitas, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen. Heike Ackermann forderte mehr Zeit für die Kooperation in multiprofessionellen Teams und mit allen an Bildung Beteiligten. Die Entgrenzung des Arbeitstags werde durch die Digitalisierung verschärft: „Wenn ich mal eine Mail erst am nächsten Tag beantworte, habe ich das Gefühl, dass ich mich entschuldigen muss.“ Der Antrag „Zeit für mehr Zeit“ sei auch auf das Votum vieler Kolleginnen auf ihrer A13-Tour zurückzuführen: „Mehr Geld ist wichtig, aber wir brauchen dringend eine Reduzierung der Pflichtstundenzahl und kleinere Lerngruppen.“ Thilo Hartmann verwies auf das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Messung der Arbeitszeit. Auch für Lehrkräfte in Hessen dürfe es zukünftig „keine neuen Aufgaben ohne Reduzierung der Unterrichtsverpflichtung“ geben.

 

Pascal Annerfelt (Goethe-Universität Frankfurt) bekräftigte die Forderungen zum Hochschulbereich und zur betrieblichen Mitbestimmung: „Wissenschaftliche Hilfskräfte haben oft weniger als 1.000 Euro und flüchten aus der Uni.“ Die Personalräte an den Hochschulen seien durch die extrem hohe Zahl befristeter Verträge und eine steigende Zahl von Mobbingfällen „vollständig überlastet“. Auf Antrag des LAGS wurde die Forderung ergänzt, dass auch die 16.000 studentischen Hilfskräfte und ihre Mitbestimmungsrechte ins HPVG aufgenommen werden müssen. Und das sind die Schwerpunkte des Beschlusses:
 

  • Reduzierung der Gruppengrößen in allen Bildungseinrichtungen
  • Senkung der Unterrichts- und Lehrverpflichtung in Schulen und Hochschulen
  • Bekämpfung des Lehrkräftemangels durch eine Ausbildungs-, Qualifizierungs- und Einstellungsoffensive
  • Gleichstellung der Grundschullehrkräfte bei der Besoldung
  • Entlastung für zusätzliche Aufgaben in Kitas, Schulen und Hochschulen
  • Verbesserung der Freistellungsregelungen für Betriebs- und Personalräte
  • Beendigung des Befristungsunwesens und der Zwangsteilzeit in Schulen und Hochschulen
  • Tarifbindung für die Beschäftigten in allen Bildungseinrichtungen
  • Vereinbarkeit von Lohn- und Sorgearbeit
     

Die LDV endete mit dem Auftrag an den Landesvorstand, diesen und die anderen Beschlüsse in eine entschlossene Kampagne im Vorfeld der Landtagswahl im Herbst 2023 umzusetzen.