Viele Kitas geschlossen | Warnstreik 8. April

Erneuter Warnstreik im hessischen Sozial- und Erziehungsdienst

Heute blieben in Hessen erneut zahlreiche Kindertagesstätten geschlossen oder mussten ihr Angebot stark einschränken. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hatte ihre Mitglieder im Sozial- und Erziehungsdienst zu einem ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Die stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen Maike Wiedwald wertete die hohe Beteiligung an dem Warnstreik als klares Signal: „Erzieherinnen und Erzieher haben den kommunalen Arbeitgebern in Hessen heute erneut demonstriert, wie ernst es ihnen mit der Forderung nach einer Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe ist. Die Verhandlungen um die Entgeltordnung müssen nun möglichst bald zu einem guten Ergebnis im Sinne der Beschäftigten gebracht werden. Für ihre wertvolle tägliche Arbeit verdienen sie mehr als warme Worte!“

Hessenweit beteiligten sich rund 350 GEW Mitglieder am Warnstreik, zu dem die GEW wieder gemeinsam mit ver.di aufgerufen hatte: In Kassel zogen die Streikenden in einem Demonstrationszug durch die Stadt. In Wiesbaden, Hanau, Darmstadt, Rüsselsheim sowie in weiteren Städten und Gemeinden haben sich zahlreiche Beschäftigte der Sozial- und Erziehungsberufe an gewerkschaftlichen Aktionen beteiligt.

Die Streikenden aus der Stadt Frankfurt, wo insbesondere Kindertagesstätten in der Trägerschaft der AWO und des städtischen Eigenbetriebs „Kita Frankfurt“ betroffen waren, trafen sich im Gewerkschaftshaus. Dort kam es zu einem regen Austausch zwischen den Beschäftigten der verschiedenen Einrichtungen. In der Diskussion zeigte Burkhard Lang als Mitglied des Gesamtelternbeirats der städtischen Kinderzentren Frankfurts Verständnis für die gewerkschaftlichen Forderungen – trotz der Belastungen, die der Warnstreik für viele Eltern mit sich bringe.

Auch Janine Wissler, Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE im Hessischen Landtag, und Mike Josef, Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Frankfurt, sprachen den Streikenden ihre Solidarität aus. Mike Josef unterstützte die Forderungen der GEW mit folgenden Worten: „In unserer wachsenden Stadt brauchen wir immer mehr Menschen, die die kleinsten Frankfurterinnen und Frankfurter gut betreuen und fördern. Wir wollen gute Arbeit gut bezahlen und uns auf allen Ebenen dafür einsetzen, dass der Erzieherberuf endlich den Status erhält, der ihm zukommt. Viele Kinder verbringen unter der Woche mehr Zeit in diversen Einrichtungen als zuhause. Dieser großen Verantwortung muss Rechnung getragen werden – mit einer qualitativ hochwertigen Ausbildung und angemessener Bezahlung."

Bernd Heyl, Vorsitzender des GEW-Kreisverbands Groß-Gerau, betonte in seiner Rede auf der Kundgebung in Rüsselsheim: "Es geht in den Kindertagesstätten und Schulen, bei der Schulsozialarbeit und bei den Nachmittagsangeboten der Schulen nicht um Betreuung. Die Vorstellung, Kinder müssten „betreut“ werden, damit ihre Väter und vor allem die Mütter ihrer Berufstätigkeit nachgehen können, war noch nie zielführend und ist es heute erst recht nicht. Es geht ... um Bildung, und das ist qualitativ etwas völlig anderes – jede Bildungsarbeiterin und jeder Bildungsarbeiter weiß das. Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist vor allem Beziehungsarbeit und Beziehungsarbeit ist zeitaufwändig. Nur wenn die Beziehung zwischen Erzieher_innen und Kind, zwischen Lehrer_innen und Schüler_innen stimmt, ist nachhaltiges Lernen möglich."

Insbesondere in den Kitas stünden die Gehälter in einem krassen Missverhältnis zur erbrachten Leistung, so Bernd Heyl. "Nach Angaben des statistischen Bundesamtes liegt das durchschnittliche Einkommen einer Erzieherin bzw. eines Erziehers rund 600 Euro unter dem Durchschnittsgehalt eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers. Diese schlechte Bezahlung macht den Erzieher/innenberuf unattraktiv. Händeringend suchen Städte wie Rüsselsheim Erzieherinnen und es können offene Stellen nicht besetzt werden. Wer angemessen leben, wer von seinem Gehalt eine Familie ernähren will, kann sich den Beruf der Erzieherin oder des Erziehers eigentlich nicht leisten." 

Die Gewerkschaften verhandeln seit Ende Februar 2015 mit der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) über die Entgeltordnung Sozial- und Erziehungsdienst. Von dieser unmittelbar betroffen sind bei den Kommunen beschäftigte Kinderpfleger/innen, Erzieher/innen, Sozialpädagog/inn/en und Sozialarbeiter/innen. Der kommunale Tarifvertrag wird aber auch von vielen freien und konfessionellen Trägern angewendet oder diese orientieren sich an ihm, so dass er den Maßstab für die Beschäftigungsbedingungen aller Beschäftigten in diesem Bereich bildet. GEW und ver.di hatten bereits Mitte März in Hessen zu einer ersten Warnstreikwelle aufgerufen. Die Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und der VKA werden zunächst am 9. April in Düsseldorf fortgesetzt.