Hessischer Rechnungshof zum Bildungsbereich

GEW: "Unsachgemäße Vorschläge"

Pressemitteilung 2. Dezember 2016

Mit Verärgerung hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft den heute vorgestellten Kommunalbericht des hessischen Rechnungshofs zur Kenntnis genommen. Ulrich Märtin, Geschäftsführer der GEW Hessen, äußerte sich wie folgt: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass der Rechnungshof sich zwar mit dem Investitionsstau im Straßenbereich befasst, aber den Sanierungsbedarf an Hessens Schulen überhaupt nicht im Blick hat. Alleine in den Städten Wiesbaden und Frankfurt müssten mehr als eine Milliarde Euro ausgegeben werden, um die Schulgebäude in diesen beiden Städten in einen vernünftigen Zustand zu versetzen. Wir fordern der Rechnungshof auf, sich diesem Thema in den nächsten Jahren zu widmen. Städte, Landkreise und Gemeinden sind unterfinanziert und haben in den vergangenen Jahren häufig bei der Sanierung der Schulen gespart.“

Dieses Versäumnis, so Märtin, sei angesichts der Kürzungsvorschläge im Betreuungsbereich umso ärgerlicher: „Die Empfehlung, durch Personalabbau in Kindertageseinrichtungen Geld zu sparen, ist ein Skandal. Es gibt schließlich Empfehlungen zu den Personalschlüsseln aus der pädagogischen Wissenschaft. Der Rechnungshof sollte sich einmal damit befassen, wie eine sachgerechte Personalausstattung im vorschulischen Bereich aussehen sollte und dies zum Maßstab seiner Prüfung machen. Dann würden seine unsachgemäßen Vorschläge unterbleiben.“

Das Grundproblem seiner Herangehensweise benennt der Rechnungshof selbst in seinem Bericht, indem er formuliert: „Politische und sozialpolitische Überlegungen sowie pädagogische Aspekte wurden von der Überörtlichen Prüfung bewusst nicht bewertet.“

Die rein fiskalische Brille ist aber das falsche Instrument, um gesellschaftliche Prozesse zu steuern.

Die GEW Hessen hat in verschiedenen Stellungnahmen immer wieder betont, dass die personelle Ausstattung der Kindereinrichtungen der eminent wichtigen Aufgabe der frühestmöglichen Förderung der Kinder und den ständig wachsenden Anforderungen nicht gerecht wird.

Hier nun sogar Kürzungen zu verlangen, spricht dieser Aufgabe Hohn. Alle Untersuchungen über mangelnde Durchlässigkeit im deutschen Bildungssystem fordern stattdessen einen Ausbau der pädagogischen Angebote. Wenn in kommunalen Einrichtungen eine höhere Fachkräftequote als bei Freien Trägern festzustellen ist, resultiert dies aus genau der beschriebenen Erkenntnis. Die Aussagen zu den „Überkapazitäten“ bei den Betreuungszeiten und zu den Einsparpotentialen bei den Elternbeiträgen gehen in die gleiche Richtung und verhindern gesellschaftliche Teilhabe, von erwartbaren gesellschaftlichen Folgekosten ganz abgesehen.

„Wir erwarten, dass sich die hessische Landesregierung in ihrer Politik nicht von derartigen ideologisch geprägten fiskalischen „Vorschlägen“ leiten lässt“, erklärte Ulrich Märtin abschließend.