GEW Hessen hinterfragt Vergleichsarbeiten

Verpflichtende Teilnahme aufheben

PM 6. Mai 2013

 

„Vergleichsarbeiten in der Grundschule geben Lehrkräften keine neuen Erkenntnisse darüber, wie das einzelne Kind besser gefördert werden kann. Stattdessen erzeugen sie unnötigen Druck und setzen die Schülerinnen und Schüler einer ungewohnten Überforderung aus“, kritisierte Susanne Hoeth, Vorsitzende der GEW Fachgruppe Grundschulen.

Bereits zum zehnten Mal müssen sich in diesen Tagen alle hessischen Drittklässler einem Testmarathon unterziehen. VERA 3 werden die Vergleichsarbeiten in Deutsch und Mathematik genannt. Die Kinder müssen an vier Tagen jeweils einen rund einstündigen Stresstest durchleben. Mathematik wird am 7. und 8. Mai geschrieben, Deutsch am 14. und am 16. Mai.

Seit ihrer Einführung 2004 werden die Vergleichsarbeiten – eine Folge des so genannten Qualitätssicherungsprogramms der Kultusministerkonferenz (KMK) – von Lehrkräften, der GEW und von namhaften Wissenschaftlern kritisiert. Die Kritik hatte inzwischen die KMK erreicht und in ihrem Beschluss vom 8. März 2012 empfiehlt sie den Bundesländern die Vergleichsarbeiten nur noch in einem Fach verpflichtend durchzuführen sowie: „In Ausnahmefällen kann es gute Gründe geben einzelne Schulen oder Schulgruppen befristet von der Teilnahme an VERA 3 freizustellen.“

Nach Überzeugung vieler Grundschullehrkräfte stehen die Tests im Widerspruch zu den Anforderungen an eine inklusive Bildung und stören das auf Unterstützung basierende Lernklima in den Klassen. „Grundschulunterricht muss der individuellen Persönlichkeits- und Lernentwicklung gerecht werden und am Lernstand des Kindes ansetzen, um Lernfreude, Motivation und Neugier zu erhalten. Persönlichkeitsentwicklung und soziales Lernen, Werte wie Solidarität und Kritikfähigkeit dürfen bei der Schul- und Unterrichtsentwicklung nicht aus dem Blickfeld geraten“, fasste Susanne Hoeth zusammen.
Ausgehend von einer Fachtagung der GEW Hessen wurde die KMK-Empfehlung deshalb zum Anlass genommen, an den Schulen die Vergleichsarbeiten auf Konferenzen mit Lehrkräften und Eltern zu diskutieren.
In der Folge haben viele Grundschulen in Hessen in den letzten Wochen einen Antrag an das Kultusministerium gestellt, in dem sie die Gründe für die Freistellung ihrer Schule von den Vergleichsarbeiten darlegten. Das Landesschulamt versendete daraufhin den Beschluss der KMK an die Leiterinnen und Leiter der Staatlichen Schulämter und bat „mit den Schulleiterinnen und Schulleitern derjenigen Schulen, die einen solchen Antrag gestellt haben, Kontakt aufzunehmen und die Thematik in geeigneter Weise zu besprechen. Da eine grundsätzliche Teilnahmeverpflichtung besteht, können Befreiungen nur im Ausnahmefall aufgrund einer auf den Einzelfall zugeschnittenen Begründung erfolgen.“

„In den uns bekannt gewordenen rund hundert Anträgen wurde die Freistellung überwiegend schul- oder gruppenbezogen begründet. Leider wurde die Thematik von der überwiegenden Zahl der Schulämter nicht besprochen und keine Freistellung im Ausnahmefall erteilt. Warum der Beschluss der KMK, deren Mitglied Hessen ist, nicht umgesetzt wird, ist unverständlich und nicht nachvollziehbar“, sagte Karola Stötzel, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen. 
Im Gegenteil wurden der GEW Einzelfälle bekannt, in denen Schulleitungen ins Schulamt einbestellt und zur Rücknahme ihres Freistellungsantrages aufgefordert wurden. „Druck wird die kritischen Diskussionen um die für den Unterricht nutzlosen und unsinnigen Tests nicht beenden. Wir fordern das Kultusministerium auf, die verpflichtende Teilnahme an VERA 3 aufzuheben und die Beschlüsse der KMK umzusetzen. Anderenfalls wird die GEW gemeinsam mit den Grundschulkolleginnen und -kollegen weitere Maßnahmen beraten“, so Karola Stötzel abschließend.