Mehr Geld für Bildung – eine Utopie?

Steigerung der Bildungsinvestitionen erforderlich

AG Bildungsfinanzierung Hessen

Die Erfahrungen im Umgang mit der Pandemie haben erneut deutlich gezeigt, dass unser Bildungssystem chronisch unterfinanziert ist: zu große Klassen, zu hohe Pflichtstunden und eine sehr oft desolate Infrastruktur.

Zu geringe Bildungsausgaben tragen entscheidend dazu bei, dass der Bildungserfolg in Deutschland – im Gegensatz zu vielen andern Ländern – besonders stark von der sozialen Herkunft abhängt. Hierdurch ist es nicht möglich, mit guten Personalschlüsseln zu arbeiten. Mehr Lehrkräfte für Doppelbesetzungen oder Unterricht in kleineren Gruppen, eine echte Ganztagsschule und nicht vielfach überlastete Lehrkräfte wären zentrale Elemente um der herkunftsbedingten Bildungsbenachteiligung in den Schulen entgegenzuwirken. Mehr Personal wäre zudem auch in Kitas und Hochschulen dringend erforderlich. Eine entsprechende Personalgewinnung setzt allerdings voraus, dass in einigen Bereichen die Entlohnung auf ein angemessenes Niveau angehoben wird – zum Beispiel für die Erzieherinnen und Erzieher oder für die Grundschullehrkräfte.

Neben fehlendem Personal besteht in Deutschland ein massiver Investitionsstau bei der öffentlichen Bildungsinfrastruktur. Zahlreiche Schulen sind in einem maroden Zustand, und auch zahlreiche Kindertageseinrichtungen und Hochschulen weisen einen großen Investitionsbedarf auf. Zudem besteht ein erheblicher Rückstand bei der digitalen Ausstattung.

Die skizzierten Mängel spiegeln sich auch in den im internationalen Vergleich relativ geringen deutschen Bildungsausgaben wider. So gibt Deutschland – gemessen an der Wirtschaftsleistung, dem Bruttoinlandsprodukt – mit 5,2 Prozent ein halbes Prozent weniger aus als der Durchschnitt der OECD-Länder. In zahlreichen Ländern wie Frankreich, Großbritannien, Finnland, Dänemark oder Norwegen liegen die Bildungsausgaben in Prozent des BIP um etwa zwei bis gut drei Prozent höher. Wollte Deutschland zu diesen Staaten und damit zur Spitzengruppe aufschließen, dann müssten die Bildungsausgaben pro Jahr um 60 bis 100 Milliarden Euro steigen. Dadurch könnte das deutsche Bildungssystem wesentlich verbessert werden.

Perspektiven und Alternativen – Politikwechsel erforderlich

Unter den gegenwärtigen finanzpolitischen Bedingungen ist mit einer Steigerung der Bildungsausgaben nicht zu rechnen. Für gute Bildung benötigen wir dringend einen finanzpolitischen Politikwechsel mit einer neuen Regierungsmehrheit.

Mit Überwindung der Corona-Krise droht sogar die Rückkehr zur schwarzen Null. Darüber hinaus haben FDP und Union in ihren Regierungsprogrammen sogar Steuersenkungen in Aussicht gestellt, die den Ausgabenspielraum zusätzlich einschränken würden. Für bessere Bedingungen im Bildungsbereich müssen wir solchen Politikansätzen die rote Karte zeigen.

Auch weil auf der Ausgabenseite höhere Bildungsausgaben in Konkurrenz mit anderen, gesellschaftlich ebenfalls wichtigen Vorhaben stehen. An erster Stelle ist die sozial-ökologische Transformation zu nennen, in deren Rahmen die Energie- und Verkehrswende finanziert werden muss.

Aus all dem ergibt sich, dass die chronische Unterfinanzierung des Bildungssystems nur durch deutlich höhere Einnahmen beseitigt werden kann. Erforderlich hierfür wäre zum einen eine Reform der Schuldenbremse, die kreditfinanzierte Ausgaben für die öffentliche Infrastruktur wieder ermöglicht. Durch solche Ausgaben wird ein staatliches Vermögen geschaffen, das den aufgenommenen Krediten auf der Habenseite gegenübersteht. Gerade eine deutlich erhöhte Finanzierung der Bildungsinfrastruktur verspricht ein zukünftig höheres Bildungsniveau, das perspektivisch über höhere Einkommen auch zu deutlich mehr staatlichen Einnahmen führen wird.

Mehr Einnahmen können auch durch sozial ausgewogene steuerpolitische Maßnahmen erzielt werden. Insbesondere eine höhere Besteuerung von großen Einkommen, Vermögen und Erbschaften wäre sinnvoll. Denn während in Folge der Pandemie vielen armen Haushalten die private Überschuldung droht, verfügen andere über ein enorm hohes Vermögen: Auf die reichsten zehn Prozent der privaten Haushalte entfällt mehr als 60 Prozent des gesamten Nettovermögens.

Eine moderate höhere Besteuerung des Vermögensbestandes durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer (Freibetrag: eine Millionen Euro) und durch eine angemessene Besteuerung von großen Unternehmenserbschaften würde die im internationalen Vergleich sehr ungleiche Verteilung des Reichtums in Deutschland zumindest im Ansatz korrigieren. Insgesamt könnten so pro Jahr gut 30 Milliarden Euro an zusätzlichem Steueraufkommen generiert werden. Das Aufkommen aus beiden Steuern steht den Bundesländern zu. Eine solidarische Aufteilung dieser Mittel nach dem Anteil der Bevölkerung würde dem hessischen Landeshaushalt rund 2,2 Milliarden Euro an zusätzlichen Einnahmen zur Verfügung stellen – Geld, dass die Bildungsausgaben in Hessen substanziell erhöhen und die Bedingungen für Bildung deutlich verbessern würde!

AG Bildungsfinanzierung Hessen

Quelle: Stefan Bach, Vermögensabgabe DIE LINKE. Aufkommen und Verteilungswirkungen, Berlin 2020.


Der Vorschlag des DGB zur Vermögensteuer

Der Steuertarif soll progressiv wirken, beginnend mit einer Steuerbelastung von einem Prozent ab einem Freibetrag von einer Million Euro. In Fällen der Zusammenveranlagung von Ehegatten und Lebenspartnern verdoppelt sich der Freibetrag. Der Steuersatz steigt dann linear-progressiv bis zu einem Nettogesamtvermögen von zwanzig Millionen Euro auf 1,5 Prozent an. Ab einem Vermögen von mehr als 100 Millionen Euro erhöht sich der Steuersatz auf 1,75 Prozent. In einer weiteren Stufe wird ab einem Vermögen von mehr als einer Milliarde Euro der Höchststeuersatz von 2 Prozent erreicht.