Lebensarbeitszeitkonto für Lehrkräfte

Inforamtionen für hessische Lehrerinnen und Lehrer | HLZ Juni 2023

Immer wenn die Kolleginnen und Kollegen die regelmäßigen Auszüge über die auf dem individuellen Lebensarbeitszeitkonto (LAK) angesammelten Pflichtstunden erhalten, stellen sich den Lehrkräften und dem Personalrat viele Fragen. Auf diese möchten wir hier in Kürze eingehen.


Arbeitszeitverkürzung vorenthalten


Das LAK eine prima Sache? Lehrkräfte erhalten eine Zeitgutschrift, ohne dass sie dafür Mehrarbeit oder Überstunden leisten müssen? Das Land Hessen sorgt dafür, dass alle Lehrkräfte vor dem Ruhestand oder vor dem Rentenbeginn etwas weniger arbeiten müssen?
Nicht ganz. Wir erinnern uns: Das LAK wurde im Jahr 2010 rückwirkend zum 1. Januar 2007 eingeführt. Zuvor jedoch, nämlich im Jahr 2005, wurde die regelmäßige Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten in Hessen unter 50 Jahren von 40 Zeitstunden auf 42 Zeitstunden pro Woche angehoben. Für verbeamtete und tarifbeschäftigte Lehrkräfte erfolgte eine Erhöhung um eine Pflichtstunde, für Beschäftigte zwischen 50 und 60 Jahren um eine halbe Pflichtstunde.
Möglicherweise haben die zahlreichen Proteste bis hin zum Streik dazu geführt, dass sich bei der Landesregierung die Erkenntnis durchgesetzt hat, dass eine solche Arbeitszeit kontraproduktiv ist. Statt jedoch die Arbeitszeiterhöhung zurückzunehmen, wurde ein Gutschriftensystem eingeführt - wohl in der Hoffnung, dass zu einem späteren Zeitpunkt weniger Bedarf an Arbeitskräften im öffentlichen Dienst einschließlich des Schuldienstes besteht. Heute wissen wir, dass dies eine krasse Fehleinschätzung war.


Zunächst erfolgte eine Gutschrift nur für Lehrkräfte bis zum Ende des Schulhalbjahrs nach dem 50. Geburtstag. Zum 1. August 2017 gab es zwei Änderungen. Zum einen wurde die regelmäßige Arbeitszeit für Beschäftigte unter 50 um eine Zeitstunde bzw. eine halbe Pflichtstunde abgesenkt. Zum anderen erfolgt die Gutschrift nun bis zum 60. Lebensjahr, bei Lehrkräften bis zum Ende des Schulhalbjahres.


Warum diese historischen Ausführungen? Nur so kann man verstehen, dass das LAK letztlich aus der Vorenthaltung einer immer noch ausstehenden vollständigen Rücknahme der Arbeitszeiterhöhung im Jahr 2005 resultiert. Darüber hinaus folgt aus dem „Gutschriftensystem“, dass das Land Hessen einen großen Gestaltungsspielraum bei den Fragen hat, wann bzw. wann nicht ein Aufbau und ein Abbau der Zeitgutschrift erfolgt. Verbesserungen wurden ignoriert, insbesondere hinsichtlich der Möglichkeiten der vorzeitigen Inanspruchnahme und bei den Folgen einer Versetzung in ein anderes Bundesland.
In einzelnen Fällen hoffen wir weiterhin, über gerichtliche Verfahren etwas zu erreichen.


Der Aufbau des Zeitguthabens


Lehrkräften und unterrichtenden Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen wird bis zur Vollendung des 60. Lebensjahrs je Unterrichtswoche eine halbe Pflichtstunde gutgeschrieben. Dies ergibt pro Kalenderjahr rund 26 Pflichtstunden. Da die Schulämter nach Kalenderwochen rechnen, kann die Zahl auch etwas krummer sein. Bei Teilzeitbeschäftigung erfolgt die Gutschrift entsprechend anteilig. Der Aufbau wird bei „Fehlzeiten“ wie einer Beurlaubung oder einer Arbeitsunfähigkeit oder Wiedereingliederungsmaßnahme ab der 7. Woche unterbrochen.
 

Der Abbau des Zeitguthabens


Die Rückgabe des Guthabens erfolgt in der Regel im letzten Schuljahr vor der Pensionierung oder vor dem Renteneintritt. Darüber hinaus möchten wir drei Teilaspekte in Erinnerung rufen:


1. Vorzeitige Inanspruchnahme:


Die Inanspruchnahme des Zeitkontos erfolgt in der Regel im letzten Schuljahr vor Beginn des Ruhestands in Form einer wöchentlichen Pflichtstundenreduzierung. Auf Antrag kann der Abbau auch auf das letzte Schulhalbjahr begrenzt werden. Bei einer vorzeitigen Pensionierung (Antragsaltersgrenze nach § 35 HBG bzw. vorzeitige Altersrente) muss der Ausgleich des LAK mindestens neun Monate vor dem gewünschten Beginn des Ruhestands beantragt werden. Die Ermäßigung erfolgt dann automatisch im letzten Schulhalbjahr.


Allerdings kann das LAK auch vorzeitig in Anspruch genommen werden, wenn die Mindestansparzeit von drei Schuljahren erfüllt ist. Bei einer Inanspruchnahme aus familiären Gründen entfällt diese Wartezeit. Die Ermäßigung muss sich über ein ganzes Schuljahr bzw. Schulhalbjahr erstrecken. Der Antrag kann formlos auf dem Dienstweg sechs Monate vor dem Beginn der Ermäßigung gestellt werden. Dabei sollen die persönlichen oder familiären Gründe angegeben werden.


2. Befristete Arbeitsverhältnisse


Das LAK gilt in vollem Umfang auch für Lehrkräfte im Angestelltenverhältnis mit einem TVH-Vertrag. Bei befristeten Verträgen ist aber der reguläre Ausgleich vor Beginn des Ruhestands nicht möglich. Deshalb ist die Zeitgutschrift von 26 Wochenstunden (52 Wochen à 0,5 Stunden) unmittelbar auszugleichen:


Bei befristeten Verträgen, die weniger als ein Schuljahr umfassen, erfolgt der Ausgleich am Ende des Arbeitsvertrags in Geld.
Bei befristeten Verträgen, die ein ganzes Schuljahr oder mehr umfassen, muss der Ausgleich durch die Schule erfolgen. Die GEW empfiehlt, dass dieser Ausgleich von Anfang an mit einer Reduzierung um 0,5 Stunden pro Woche (bei einer vollen Stelle) im Stundenplan berücksichtigt wird oder dass die im Vertrag festgelegte Stundenzahl um 0,5 höher ist als tatsächlich unterrichtet wird. Andernfalls müsste der Ausgleich am Ende des Schuljahres mit einer Freistellung vom Unterricht bei einer vollen Stelle für etwa eine ganze Unterrichtswoche erfolgen.


3. Versetzung in andere Bundesländer


Bei einer absehbaren Versetzung in ein anderes Bundesland ist das LAK spätestens im letzten Schulhalbjahr auszugleichen. Allerdings kann der Abbau verweigert werden, wenn dienstliche Gründe entgegenstehen. Versetzungswillige sollten also überlegen, ob sie – sobald möglich - die Stunden frühzeitig abbauen. Ein finanzieller Ausgleich ist nicht vorgesehen. In den Fällen, in denen spätestens nach der Versetzungsmitteilung der Abbau der Stunden beantragt und dieser aus dienstlichen Gründen verweigert wird, würde die GEW Hessen den Klageweg beschreiten.


Einzelheiten sind geregelt in § 2 PflStdVO und in den LAK-Richtlinien vom 1.6.2018 (Amtsblatt 06/18, S. 392 ff.). Hier findet man alle wesentlichen Informationen.
Ein ausführliches Info der Landesrechtsstelle der GEW findet man im Mitgliederbereich der Homepage www.gew-hessen.de > Recht > Mitgliederbereich > Arbeitszeit.


Harald Freiling und Annette Loycke