Bundeswehr endlich raus aus den Schulen!

Für eine aktive Friedensbildung – Gegen die fortschreitende Militarisierung der Schulen in Hessen

 

Antrag zur Landesdelegiertenversammlung Nov. 2017

Die LDV möge beschließen: 

Die GEW Hessen setzt sich aktiv dafür ein, dass die Kooperationsvereinbarung Bundeswehr-HKM aufgekündigt wird und dass Bundeswehr-„Karriereberater“ wie auch Jugendoffiziere nicht mehr an hessischen Schulen tätig werden können. Bildung und Ausbildung gehört in die Hände der Bildungsprofis und nicht in die von Soldatinnen und Soldaten.

Die Kampagne „Bundeswehr raus aus den Schulen!“ wird neu aufgelegt.

In Zusammenarbeit mit der lea wird eine Fachtagung zum Thema durchgeführt.

Auf der Homepage der GEW Hessen wird ein eigener Themenbereich zu „Bundeswehr und Schule, Friedensbildung“ eingerichtet.

Der Landesvorstand prüft eine Mitgliedschaft und tritt gegenbenenfalls in das „Netzwerk Friedensbildung Hessen“ ein.

Die GEW Hessen positioniert sich klar als Teil der Friedensbewegung und vernetzt sich weiter mit deren progressiven Akteuren (z.B. „Stopp Airbase Ramstein – Keine Drohnenkriege“; „Informationsstelle Militarisierung“)

Begründung:

Mit der Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 hat sich das Nachwuchsproblem der Bundeswehr verschärft. Um dieses ‚Problem‘ zu lösen, ist die Bundeswehr auf Werbe- und Rekrutierungstour. Dabei setzt sie vor allem bei Jugendlichen an, die nicht nur von der Sinnhaftigkeit einer militarisierten Außenpolitik überzeugt, sondern auch als Soldaten und Soldatinnen für diese Kriege gewonnen werden sollen. Aus diesem Grund

  • kommen Jugendoffiziere und sog. „Karriereberater“ an Schulen und Universitäten,
  • sind in allen größeren Städten „Karrierecenter“ eröffnet worden,
  • veranstaltet die Bundeswehr „Events“ für Jugendliche,
  • finden Gelöbnisse wieder im öffentlichen Raum statt,
  • wirbt die Bundeswehr im Internet (die BW-eigene 90teilige Serie „Die Rekruten“ auf youtube.de hat knapp 250.000 Abonnenten) , Zeitungen, Kino, Fernsehen und auf Plakatwänden für den Soldaten“beruf“,
  • ist die BW auf Messen präsent (u.a. seit Jahren der größte Stand auf der Bildungsmesse „didacta“, auf der „GamesCon“ etc.) wie auch stets auf dem „Hessentag“,
  • arbeiten Karriereberater eng mit den Arbeitsagenturen zusammen usw.

Im Jahr 2015 z.B. hat die Bundeswehr durch verschiedene Instrumente wie Vorträge, Truppenbesuche und Seminare rund 300 000 Jugendliche bzw. Schülerinnen und Schüler, überwiegend im Unterricht, direkt erreicht, außerdem über 11.000 Lehrerinnen und Lehrer, die als „Multiplikatoren“ angesehen werden (vgl. Bundestagsdrucksache 18/8597).

Ermöglicht wird dies vor allem durch Kooperationsvereinbarungen, wie sie seit dem 04.11.2010 bereits auch zwischen dem HKM und der Bundeswehr besteht. Auch die Regierungsbeteiligung der sich einst auch aus Reihen der Friedensbewegung gegründet habenden Partei „Die Grünen“ hat daran nichts geändert. Seitdem wird umgesetzt:

  • die Möglichkeit der Einbeziehung von Jugendoffizieren in den Unterricht (Vorträge, mehrstündige Unterrichtssequenzen, Klassenausflüge und –fahrten…),
  • die Bereitstellung des Informationsangebots der Bundeswehr für die Hessische Lehrkräfteakademie und die staatlichen Schulämter
  • die Einbindung der Jugendoffiziere in die Aus- und Fortbildung von Referendarinnen und Referendaren sowie von Lehrkräften,
  • die Veröffentlichung von Bildungsangeboten der Jugendoffiziere, wie bisher im Amtsblatt des hessischen Kultusministeriums sowie auch über einen Newsletter des hessischen Kultusministeriums für Schulleiterinnen und Schulleiter,
  • eine jährliche, schriftliche Berichterstattung der Jugendoffiziere an das hessische Kultusministerium über deren Wirken in Hessen,
  • mindestens halbjährliche Gespräche der Jugendoffiziere mit Vertretern des hessischen Kultusministeriums,
  • die Möglichkeit für Jugendoffiziere, sich und ihr Angebot persönlich und in Abstimmung mit verantwortlichen Vertretern einem Forum auf Leitungsebene des hessischen Kultusministeriums und seiner nachgeordneten Dienststellen zu präsentieren.

Schon 2010 kommt Dr. Rainer Eckertz bei seinen Überlegungen zur BW an Schulen aus verfassungsrechtlicher Sicht zu dem Schluss, dass „eine Regelung dieser Fragen durch Kooperationsvereinbarungen der Schulverwaltung mit der Bundeswehr (…) mit dem Demokratieprinzip nicht vereinbar (ist).“

Die Schule ist dabei sicherlich einer der „besten“ Orte für die Bundeswehr, auf Jugendliche einzuwirken. Wenn der Jugendoffizier in den Unterricht kommt, wird die Teilnahme als verpflichtend empfunden. Hinzu kommt, dass Offiziere in der Schule für eine Zeit die Rolle des Lehrers einnehmen und zusätzlich zu ihrer Uniform auch durch diese Position Autorität bekommen.

In der Schule ist es für Jugendliche am schwersten, sich dem Einfluss der Jugendoffiziere und Karriereberater zu entziehen.

Eines der häufigsten Argumente, mit denen die Anwesenheit von Karriereberatern der Bundeswehr auf dem Schulhof, z.B. im Rahmen von Orientierungs- oder Arbeitgebertagen gerechtfertigt wird, ist, dass die Bundeswehr ein normaler Arbeitgeber wie jeder andere sein soll. Der „Dienst an der Waffe“, oder aber auch in den Bereichen der Bundeswehr, die die Einsätze unterstützen, ist allerdings keine „normale“ Tätigkeit – bei ihnen geht es um das Töten anderer Menschen. 

Überdies verzichten Angehörige der Bundeswehr bei Dienstantritt auf wesentliche Grundrechte, wie auf das Recht auf körperliche und geistige Unversehrtheit und Leben. Die freie Meinungs- und Willensbildung wird beschränkt, Gehorsamsverweigerung wird bestraft. Wer sich derzeit in Deutschland bei der Bundeswehr verpflichtet, verpflichtet sich für den Auslandseinsatz und wird sehr wahrscheinlich auch in diesen geschickt, mögliche Traumatisierung inbegriffen.

Seit der Wehrpflichtaussetzung nimmt die deutsche Armee zudem jährlich über 1.500 junge Menschen im Alter von 17-Jahren auf (im aktuellen Jahr sind es 1907 Jugendliche) und bildet sie an der Waffe aus. Das von Deutschland ratifizierte Fakultativprotokoll zur UN-Kinderrechtskonvention verbietet zwar die Rekrutierung und den Einsatz von Kindern unter 18 Jahren als Soldaten. Als eines von ganz wenigen Ländern macht jedoch Deutschland von der Ausnahmeregelung Gebrauch, wonach bereits 16-Jährige angeworben werden können.