Klimaschutz und „Gute Arbeit“

Auch Hessen verfehlt die klimapolitischen Ziele

HLZ: Februar 2023

Die schwarz-grüne Landesregierung hat Ende 2022 erstmals ein Klimaschutzgesetz auf Landesebene beschlossen. Nach dem Gesetz soll Hessen bis 2045 Klimaneutralität erreichen. Die Landesregierung hat im Gesetz klimapolitische Zwischenziele verankert. Die Treibhausgasemissionen sollen demnach bis 2025 um 40 Prozent und bis 2030 um 65 Prozent gegenüber 1990 verringert werden. Um diese Ziele in Zukunft zu erreichen, sind deutlich intensivere Anstrengungen in der Klimaschutzpolitik des Landes notwendig.


Im Unterschied zum Bund und trotz der Corona-Krise hatte Hessen seine klimapolitischen Zwischenziele zuletzt knapp verfehlt. 2020 wurden in Hessen rund 36 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente emittiert. Dies entspricht einer Reduzierung der Treibhausgasemissionen um nur 29,6 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990. (1) Als Ziel waren jedoch 30 Prozent angestrebt worden. Die Landesregierung hat in ihrem Klimaschutzgesetz verankert, dass bis 2030 eine CO2-neutrale Landesverwaltung erreicht werden soll. Großer Handlungsbedarf besteht vor allem im Gebäudebereich. Das Gesetz sieht vor, dass alle gesetzlichen Regelungen, Verordnungen und größeren Förderprogramme auf ihre klimapolitischen Auswirkungen hin überprüft werden. Zur Beratung der Landesregierung in Klimaschutzfragen soll zudem ein wissenschaftlicher Beirat eingerichtet werden.


Das Klimaschutzgesetz bildet auch den Rahmen für die Maßnahmen, die im Klimaplan zur Erreichung der Klimaschutzziele verankert worden sind. Daher hat das Umweltministerium parallel zur Erarbeitung des Klimaschutzgesetzes die Weiterentwicklung des Klimaplanes eingeleitet. (2) Der Klimaplan enthält konkrete Maßnahmen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel für alle relevanten Sektoren. Hierzu zählen Energiewirtschaft, Industrie, Verkehr, Haushalte, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen, Landwirtschaft sowie Abfall- und Abwasserwirtschaft.


Der bisherige „Integrierte Klimaschutzplan 2025“ enthält auch Maßnahmen für den Bildungsbereich. Als prioritäre Maßnahmen werden die Stärkung der Klimabildung und eine klimafreundliche Gestaltung der Hochschulen aufgeführt. Allerdings stehen alle im Klimaschutzplan festgelegten Maßnahmen unter einem Finanzierungsvorbehalt, was die Erreichung der Klimaschutzziele gefährdet.


Zum Klimaschutzgesetz fand 2022 eine Öffentlichkeitsbeteiligung statt, an der sich auch der DGB Hessen-Thüringen und der GEW-Landesverband Hessen beteiligten (3). DGB und GEW fordern, dass die Klimapolitik des Landes mit der Sicherung und Schaffung guter, tarifgebundener und mitbestimmter Beschäftigung verbunden wird. Außerdem kritisieren sie, dass die Klimaschutzpolitik des Landes Verteilungsfragen zu wenig berücksichtige. DGB und GEW setzen sich dafür ein, dass Klimabildung und „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) in allen Bildungseinrichtungen, von der Kita bis zur Hochschule, strukturell verankert werden. Zugleich sollten alle Bildungseinrichtungen klimaneutral ausgerichtet werden. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass in ausreichendem Maße die benötigten finanziellen und personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden. Der Klimawandel bringt neue Fachkräftebedarfe und Qualifikationsanforderungen mit sich. Daher sollten Studium, Aus- und Weiterbildung ausgeweitet und qualitativ verbessert werden.


An allen Schulen braucht es BNE-Beauftragte, die für diese Aufgabe eine angemessene Freistellung erhalten. Außerdem müssen an den Hochschulen die Themen sozial-ökologische Transformation, Nachhaltigkeit und nachhaltige Entwicklung sowie die Ursachen und Auswirkungen des Klimawandels verstärkt in den Blick genommen werden. Dazu sind langfristige landeseigene Projektförderungen eine geeignete Maßnahme, außerdem eine Erhöhung der Grundfinanzierung, um Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eine dauerhafte Perspektive zu bieten.


DGB und GEW schlagen vor, einen Transformationsfonds auf Landesebene einzurichten, aus dem Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und die Dekarbonisierung der Wirtschaft finanziert werden. Die Förderung von Unternehmen aus dem Fonds sollte davon abhängig gemacht werden, dass diese Tarifverträge anwenden, mitbestimmt sind sowie Ausbildung, Weiterbildung und Qualifizierung sichern und fördern. Um die Handlungsfähigkeit des Staates zu stärken, sollte die „Schuldenbremse“ abgeschafft und eine gerechte Finanzierung der Klimapolitik gewährleistet werden.


Darüber hinaus plädieren DGB und GEW für die Einführung von Transformationslotsen auf der Landesebene, die Beschäftigte sowie Betriebs- und Personalräte zu Fragen des Klimaschutzes und der Klimawandelanpassung professionell beraten und bilden. Um die Folgen des Klimawandels für die Beschäftigten in den Fokus zu nehmen, sollten Gewerkschaften, Beschäftigte, Betriebs- und Personalräte zudem stärker an der Klimapolitik des Landes beteiligt werden, etwa in dem von der Landesregierung geplanten wissenschaftlichen Beirat.


 

Liv Dizinger, DGB Hessen-Thüringen

(1) Hessisches Statistisches Landesamt: Treibhausgasbilanz für das Land Hessen Bilanzjahr 2020, S. 8.
(2) Der neue Klimaplan - Integrierter Klimaschutzplan Hessen 2025 (klimaschutzplan-hessen.de).
(3) Die Rolle der Gewerkschaften in der sozialökologischen Transformation beleuchtet eine Buchbesprechung in dieser HLZ (S.36).