Übersehene Arbeitsbelastungen

Schulleitungstagung fordert Lösungen von der Landesregierung | HLZ 4-5

In Hessen sind viele Schulleitungsstellen nicht besetzt. Zentrale Ursache hierfür sind die Arbeitsbedingungen, unter denen Schulleitungen arbeiten. Schulleitungen sind in der Regel hochgradig belastet. Sie arbeiten häufig mit hohem Tempo, viele halten selten oder nie ihre Pausenzeiten ein. 40 Prozent der Schulleitungen in Deutschland überschreiten oft und regelmäßig ihre Arbeitszeit und arbeiten mehr als 50 Stunden in der Woche. Über zwei Drittel der Schulleitungen geben in Umfragen an, dass sie oft, immer, oder zumindest manchmal krank ihrer Arbeit nachgehen.

Die meisten Schulleitungen arbeiten hoch motiviert. Aber jede fünfte Schulleitung denkt darüber nach, die eigene Schule zu verlassen, wenn sich eine bessere Arbeitsgelegenheit bietet. Schulleitungen haben zahlreiche und neue schulische Aufgaben, die ihnen von der Bildungspolitik zugewiesen werden, vor Ort umzusetzen. Sie beklagen, dass ihre Arbeit keine ausreichende Unterstützung und Wertschätzung durch die Landesregierung erfährt. Das wohl größte Pro- blem ist der Lehrkräftemangel. Auch im nicht-pädagogischen Bereich herrscht ein Mangel an Fachpersonal – Beispiele sind IT-Fachkräfte, Bürofachkräfte, Reinigungskräfte, Schulpsycholog:innen und Schulsozialarbeiter:innen.

Die Entscheidung, Grundschullehrkräfte in Zukunft nach A 13 zu besolden, war ein richtiger Schritt. Da eine entsprechende Besoldungsanpassung für viele Grundschulleitungen ausblieb, hat diese anspruchsvolle und zeitaufwändige Funktion an Attraktivität verloren. Eine erhebliche zusätzliche Belastung ist durch die Koordination des Ganztags entstanden. Es ist nicht überraschend, dass an Grundschulen die Anzahl zu besetzender Funktionsstellen besonders hoch ist. Schwierigkeiten bereiten auch die Umsetzung der Digitalisierung und komplizierte bürokratische Abläufe. Hinzu kommen bauliche Themen. In Hessen sind viele Schulen marode. Allein in der Stadt Frankfurt beläuft sich der Investitionsstau auf 2,5 Milliarden Euro, in ganz Hessen summiert dieser sich auf mindestens 5 Milliarden Euro. Insbesondere an den Grundschulen ist die Einführung und Ausgestaltung von ganztägigen Angeboten ein Thema. Wie die Umsetzung des Rechtsanspruchs für Kinder im Grundschulalter ab dem Schuljahr 2026/27 gelingen soll, ist nach wie vor unklar.

Als Expertinnen und Experten für gelingende schulische Bildung in Hessen stellt die Marburger Schulleitungskonferenz die folgenden Forderungen an die hessische Landesregierung:

  • Die Arbeitszeiterfassung muss schnellstmöglich eingeführt werden.
  • kein Verschleiern von Missständen und keine Schönfärberei, wie dies jahrelang mit Blick auf den allgemeinen Lehrkräftemangel seitens des Hessischen Kultusministeriums geschehen ist
  • regelmäßige Belastungsstudien und verpflichtende Präventionsmaßnahmen durch den Arbeitgeber
  • Aufgaben müssen mit angemessenen Ressourcen hinterlegt werden.
  • schnelle Besetzung der Funktionsstellen mit der Möglichkeit der Einarbeitung und Übergabe
  • Beförderungsstellen im Rahmen der erweiterten Schulleitungen an allen Schulformen ermöglichen
  • Aufgrund des anfallenden Arbeitsvolumens sind zusätzliche Entlastungsstunden für die Schul(leitungs)deputate erforderlich. Außerdem müssen vor allem die Grundschulleitungen angemessen entlohnt werden.
  • Die Ausstattung der Schulen ist ein wichtiger Faktor, um Belastungsfaktoren für Schulleitungen zu verringern. Die bauliche, energetische und pädagogische Sanierung der Schulen muss umgehend angegangen werden. Hier ist das Land gefordert, für gleichwertige Bedingungen an allen Schulen in Hessen zu sorgen.
  • Angesichts der zunehmenden Delegation von Aufgaben an die Einzelschule muss die Ausstattung mit Verwaltungsstellen, IT-Administrator:innen sowie Sozialpädagogischen Fachkräften und Förderpädagog:innen verbessert werden.
  • Verbessert werden müssen auch die allgemeinen Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte, um angesichts eines sich abzeichnenden massiven Fachkräftemangels im Wettbewerb mit anderen Bundesländern bestehen zu können.
  • zeitnahe und regelmäßige Evaluation neuer Aufgaben, Etablierung einer Feedback-Kultur mit der Bildungsverwaltung
  • Das Land und die Schulträger sind aufgefordert, die Umsetzung des Ganztags – insbesondere den kommenden Rechtsanspruch an den Grundschulen – unter qualitativen und quantitativen Aspekten aktiv zu steuern (unter Berücksichtigung des Referenzrahmens Schulqualität). Das Ganztagspersonal sollte direkt beim Land beschäftigt werden.