Vertane Chance

Bündnis für Frühe Bildung Hessen kritisiert Änderungen des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches | Pressemitteilung

Das neu gegründete Bündnis für Frühe Bildung Hessen, bestehend aus Gewerkschaften, Kita-Fachkräfte-Verband-Hessen e.V. und mittlerweile auch Parteien, kritisiert die am Donnerstag, den 20. Juli 2023, beschlossenen Änderungen des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches.
 

Wir haben immer wieder darauf hingewiesen, dass die Änderungen nicht den Fachkräftemangel in den Kitas beseitigen, sondern ganz im Gegenteil den Druck im System weiter verschärfen werden, erklärt Jana Beissert, Gewerkschaftssekretärin bei ver.di.


Die Gesetzesänderung sieht eine Öffnung des sogenannten Fachkraftkatalogs vor, also die Regelung, die festlegt, wer in den Einrichtungen als Fachkraft gilt.
 

Mit der jetzigen Änderung wird der Fachkraftmangel einfach schön gerechnet. Auf dem Papier werden aktuell freie Stellen besetzt, allerdings mit fachfremdem oder sogar ungelerntem Personal. Kitaplätze können wieder voll belegt werden, vor Ort sind aber Menschen, die keine staatliche Anerkennung als Erzieher:in oder kein entsprechendes Studium haben. Diese dann als Fachkräfte zu bezeichnen, das ist Etikettenschwindel!", fasst Verena König, 2. Vorsitzende des Kita-Fachkräfte-Verbands Hessen e.V. zusammen.

Die Gesetzesänderung ist eine vertane Chance. Anstatt mittel- und langfristig das Kita-System zu stärken, werden kurzfristige Maßnahmen ergriffen, deren positive Wirkung durchaus bezweifelt werden darf, kritisiert Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen.

In der Öffentlichkeit stellen die Befürworter aus der Politik und Träger die positiv besetzten Beispiele, wie z.B. Logopäden, Ergotherapeuten und Musikpädagogen nach vorne. Diese Gesetzesänderung ermöglicht jedoch auch jeder anderen Berufsgruppe, Studienabbrechern jeglicher Fachrichtung oder gar ungelerntem Personal den Zugang als Fachkraft in Kindertagesstätten. Dass dadurch die pädagogische Qualität rapide sinken wird, liegt somit auf der Hand, betont Tobias Huth, Abteilungsleiter für den Bereich Bildung und berufliche Bildung beim DGB Hessen-Thüringen.

 

Das Bündnis für Frühe Bildung Hessen fordert eine Stärkung der Qualität in den Kindertageseinrichtungen:

  • Stärkung der Fachlichkeit durch Beibehaltung der Definition Fachkraft

  • Keine Vermischung des bereits vorhandenen Quereinstiegs, beispielsweise des
    dualen Ausbildungswegs

  • Ausbildungs- und Weiterbildungsoffensive: durch Abschaffung jeglichen
    Schulgeldes und motivierende Finanzierung der Ausbildung

  • Abbau der Arbeitsbelastung durch kleinere Gruppen, verbesserte Fachkraft-Kind-Relation und Zeiten für mittelbare pädagogische Arbeit Weiterqualifizierung zum:r staatlich anerkannten Erzieher:in für Quereinsteiger

  • Mitarbeitende ohne grundständige Ausbildung oder Studium vorab fachlich schulen und extern begleiten; Ziel: Staatliche Anerkennung
     

Dem Bündnis für Frühe Bildung Hessen gehören an:
 

  • DGB Hessen-Thüringen

  • GEW Hessen

  • Kita-Fachkräfte-Verband Hessen e.V.

  • ver.di Hessen

  • DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag

  • FDP-Fraktion im Hessischen Landtag


 

Zum Hintergrund:

Die hessischen Regierungsfraktionen von CDU und Bündnis 90/DIE GRÜNEN planen eine Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuches. Vorgesehen ist die Möglichkeit, den Mindestfachkraftbedarf in einer Kindertagesstätte statt wie bisher zu 15 Prozent, in Zukunft bis zu 25 Prozent mit fachfremdem Personal abdecken zu können. Sind bisher fachfremde Abschlüsse, die dem Ausbildungsniveau des Deutschen Qualifikationsrahmens (DQR) 6 entsprechen, die Voraussetzung, soll zukünftig ein dem Ausbildungsniveau (DQR) 4 entsprechender Abschluss ausreichen. Außerdem können sogar Personen ohne Ausbildung nur mit Lebens- und Betreuungserfahrung in den Einrichtungen als Fachkraft mitarbeiten.
 

Am 17. Juli 2023 gründete sich das Bündnis für frühkindliche Bildung in Hessen. Es besteht aus Deutschem Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen (DGB), Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen (GEW Hessen), Kita-Fachkräfte-Verband Hessen (KFV) und Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di). Mittlerweise haben sich DIE LINKE. Fraktion im Hessischen Landtag und die FDP-Fraktion im Hessischen Landtag angeschlossen. Anlass der Gründung ist die Änderung des Hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes. Aus der Sicht der Bündnispartner:innen führen sie zu einerEntprofessionalisierung pädagogischer Arbeit.