Erhebliche Sorgen, so der hessische DGB-Vorsitzende Michael Rudolph, mache den Gewerkschaften der Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst: „In vielen Bereichen bestehen erhebliche Personalprobleme, oder diese zeichnen sich ab. Der Mangel geht zu Lasten der öffentlichen Leistungen und zu Lasten der vorhandenen Beschäftigten. Dramatisch ist die Lage bereits an den Schulen und bei der Polizei. Es fehlt überall Personal, das gerade in Krisen dafür sorgt, dass das Gemeinwesen funktioniert. Das gilt auch für die Bekämpfung der Klimakrise: Die Energie- und Verkehrswende muss organisiert werden, der klimaresiliente Waldumbau macht sich nicht von allein. Um die notwendigen Beschäftigten heute und in Zukunft zu gewinnen, müssen die Einkommens- und Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst umfassend verbessert werden. Im Moment ist der öffentliche Dienst in Hessen nicht attraktiv.“
Der DGB unterbreite konkrete Vorschläge, um besser zu werden. Beispiele seien die Besoldung der Grundschullehrkräfte nach A 13 und die Anhebung sowie Ruhegehaltsfähigkeit der Polizeizulage.
Es brauche endlich eine verfassungskonforme Neuregelung der hessischen Besoldung. Das sei seit zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts im Mai 2020 bekannt. Ebenso habe dies auch der Hessische Verwaltungsgerichtshof im November 2021 klar festgestellt. Leider warte der DGB immer noch auf die mehrfach angekündigte Gesprächseinladung zu diesem Thema.
Die Gewerkschaften, so Rudolph, erteilten dem neoliberalen Leitbild des ‚schlanken Staates‘ eine deutliche Absage: „Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass unsere modernen Gesellschaften einen gut ausgebauten und funktionsfähigen Wohlfahrtsstaat brauchen – das ist eine zentrale Lehre der Corona-Krise. Und dieser muss natürlich auch finanziert werden. Deshalb halten wir angesichts der hohen sozialen Ungleichheit in Deutschland auch an der Wiedererhebung der Vermögensteuer und einer stärkeren Besteuerung großer Erbschaften fest. Gescheitert ist aus unserer Sicht im Übrigen auch die Schuldenbremse, die für den nach wie vor hohen Investitionsstau verantwortlich ist. Die Schuldenbremse muss abgeschafft werden! Wir brauchen eine staatliche Investitionsoffensive – nicht zuletzt, um die erneuerbaren Energien voranzubringen. Die aktuell noch amtierende und auch die nächste hessische Landesregierung ist aufgefordert, in den aufgeworfenen Punkten auch bundespolitisch aktiv zu werden.“
Angesichts der aktuell sehr unsicheren, wirtschaftlichen Lage müsse die Landesregierung von Boris Rhein alles unternehmen, um das Konjunkturgeschehen zu stabilisieren: „Eine restriktive Ausgabenpolitik des Landes ist unbedingt zu vermeiden, um die Konjunktur nicht negativ zu beeinflussen. Auch 2023 sollte die Landesregierung das Kreditfinanzierungsverbot der Schuldenbremse aussetzen. Dies ist sowohl durch die Folgen der Pandemie als auch durch die Auswirkungen des Angriffskrieges auf die Ukraine gut zu begründen. Solange die Schuldenbremse noch Verfassungsrang hat, sollte die ja rechtlich verankerte Rückzahlung der Corona-Schulden auf 100 Jahre gestreckt werden. So wird der Ausgabenspielraum des Landes nicht unnötig eingeschränkt.“
Beunruhigend sei die zunehmende Belastung von kleinen und mittleren Einkommen durch die steigenden Preise.
Rudolph: „Um dieser Entwicklung im Bereich der Energie entgegenzuwirken, ist die Einführung eines Gaspreisdeckels sinnvoll. Auf dieser Basis kann der Grundbedarf gedeckt werden. Zudem soll zügig eine Übergewinnsteuer eingeführt werden. Unternehmen, die aufgrund der Corona-Krise und des Krieges in der Ukraine profitiert und übermäßig hohe Gewinne eingefahren haben, sollen nun auch an der Finanzierung der Krisenkosten beteiligt werden.“