Heute vor fünfzig Jahren trat der von Bundeskanzler Willy Brandt und den Ministerpräsidenten der Länder beschlossene „Radikalenerlass“ in Kraft. „Er bildete die Grundlage für die massenhafte Durchleuchtung von Bewerberinnen und Bewerbern für den Öffentlichen Dienst, Disziplinarverfahren und für Berufsverbote gegen Lehrerinnen und Lehrer und zahlreiche andere Beschäftigte im Öffentlichen Dienst. Betroffene waren zumeist junge Menschen, ausnahmslos engagierte Linke, denen Berufs- und Lebensperspektiven genommen wurden. Das Vertrauen in die Demokratie und den Rechtsstaat wurde massiv beschädigt. Wir erwarten von der Hessischen Landesregierung die Opfer des sogenannten Radikalenerlasses endlich zu rehabilitieren und zu entschädigen“ sagte Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen, anlässlich des Jahrestages.
Aktuelle Debatten zeigten, dass die Auseinandersetzung mit diesem Teil verdrängter Geschichte und Gegenwart für politische Bildung, zivilgesellschaftliches Engagement und Demokratieentwicklung eine sehr wichtige Rolle spielt. Deshalb warnte Hartmann ausdrücklich davor, Fehler aus der Vergangenheit zu wiederholen und Einstellungen im öffentlichen Dienst von politischen Gesinnungsprüfungen durch Sicherheitsbehörden erneut abhängig zu machen. „Engagierte Menschen in Vereinen, in Schulen und zivilgesellschaftlichen Organisationen und Einrichtungen der politischen Bildung, können so sehr schnell unter einen Generalverdacht geraten, obwohl sie nichts anderes machen, als Haltung gegenüber menschen- und demokratiefeindlichen Ideologien sowie Angriffen aus dem rechtsextremen Spektrum zu zeigen. Das darf nicht erneut geschehen“, sagte Thilo Hartmann abschließend.
Hinweis: Die GEW Hessen wird anlässlich der Plenardebatte im Hessischen Landtag, am 3. Februar 2022, ab 13 Uhr, mit Betroffenen eine Mahnwache auf dem Dern`schen Gelände (Rückseite Rathaus) in Wiesbaden abhalten.