So wird die Lehrkräftebildung in Hessen nicht zukunftsfähig aufgestellt!

Gesetzentwurf der Landesregierung enttäuscht

8. Februar 2022 Pressemitteilung

Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf in den Hessischen Landtag eingebracht, mit dem die Lehrkräftebildung neu geregelt werden soll. „Eine grundlegende Novellierung der Lehrkräftebildung ist aus Sicht der GEW überfällig“, konstatierte vor diesem Hintergrund der Vorsitzende der GEW Hessen, Thilo Hartmann. „Wir müssen jedoch enttäuscht feststellen, dass der vorliegende Entwurf nicht geeignet ist, die Lehrkräfteaus- und -fortbildung strukturell gut aufzustellen. Es handelt sich um keinen kohärenten Gesetzentwurf. Er wird sogar zu einer Verschlechterung der Ausbildungsbedingungen für Lehrkräfte führen.“

Ein Grundfehler des Entwurfs stellt nach Auffassung der GEW dar, dass einerseits wichtige zusätzliche Themen in der Ausbildung verankert werden sollen, etwa Inklusion und Bildung für Nachhaltige Entwicklung, dass aber andererseits die Studiendauer nicht verlängert wird. Henning Tauche, der an der Universität Gießen Lehramt studiert und Co-Sprecher des Landesausschusses der Studentinnen und Studenten der GEW Hessen ist, stellte fest: „Das Studium für das Lehramt an Grundschulen ist, ebenso sowie das Studium für das Lehramt an Haupt- und Realschulen, mit sieben Semestern deutlich kürzer als die anderen Lehramtsstudiengänge. Ein Semester davon ist für die Prüfungen vorgesehen, ein weiteres soll nun flächendeckend als Praxissemester verwendet werden. Niemand kann ernsthaft glauben, dass in nicht mehr als fünf Semestern echter Studienzeit alle fachwissenschaftlichen, didaktischen und gesellschaftswissenschaftlichen Grundlagen vermittelt werden können, welche die Lehrkräfte von morgen eigentlich bräuchten. Wir fordern daher die Anpassung der Studienzeit von allen Lehrämtern bei einheitlich zehn Semestern.“

„Auch was den Vorbereitungsdienst als zweite Phase anbelangt, gibt es leider keine substantiellen Verbesserungen“, so die Einschätzung von Andrea Gergen. Sie ist als pädagogische Mitarbeiterin an der Universität Marburg tätig und ist Co-Leiterin des Referats Aus- und Fortbildung der GEW Hessen. „Die Koalition will bedauerlicherweise an dem Irrweg einer kleinteiligen Zersplitterung und Fragmentierung in Module festhalten. Wir fordern stattdessen die durchgehende und ganzheitliche Begleitung der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst in vier Strängen.“ Darüber hinaus verwies Andrea Gergen auf neue Probleme, die der Gesetzentwurf mit sich zu bringen droht. So mangele es beispielsweise dem neuen § 40 HLbG an einer verbindlichen Aufgabendefinition für die Begleitung im Praxissemester. Diese gehöre nicht – wie vorgesehen – in die Praktikumsordnungen der Universitäten, sondern in eine landesweit gültige Rechtsverordnung: „Andernfalls bedeutet dies, dass hessenweit Lehrkräfte, die Studierende im Praxissemester begleiten, nach unterschiedlichen Vorgaben unterschiedlicher Universitäten beraten müssen – mitunter sogar an ein und derselben Schule.“

Abschließend erinnerte Thilo Hartmann an die Bedeutung der Fortbildung: „Wer eine Pflicht zur Fortbildung ins Gesetz schreibt, muss auch Fortbildungen anbieten. Das ehemals in Hessen bestehende sehr gute Angebot wurde leider zerschlagen und kaputtgespart. Es ist daher dringend notwendig, wieder dezentrale Fortbildungszentren einzurichten und das Fortbildungsangebot stark auszuweiten.“

Zum Hintergrund: Der Hessische Landtag hat im Dezember 2021 das von der Landesregierung eingebrachte Gesetz zur Änderung des Hessischen Lehrerbildungsgesetzes und anderer schulrechtlicher Vorschriften in erster Lesung beraten. Dieses soll in den kommenden Wochen verabschiedet werden und im Verlauf des Jahres in Kraft treten. Für Mittwoch, den 9. Februar hat der zuständige Kulturpolitische Ausschuss zahlreiche Verbände und an der Lehrkräftebildung beteiligte Organisationen zu einer mündlichen Anhörung in den Landtag eingeladen. Die GEW Hessen hat eine umfassende schriftliche Stellungnahme eingereicht und beteiligen sich an der mündlichen Anhörung. Nähere Informationen zu dieser sowie alle schriftlichen Stellungnahmen sind auf der Homepage des Landtags einsehbar:

https://hessischer-landtag.de/termine/kulturpolitischer-ausschuss-anhörung-zum-lehrerbildungsgesetz