Ab dem heutigen Tag besuchen weitere Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I, der Sekundarstufe II und der 4. Klassen der Grundschulen die hessischen Schulen, die zuvor nur für die Abschlussklassen geöffnet waren. Die Organisation des Schulbetriebs unter Einhaltung der Hygiene- und Abstandsvorschriften stellt für viele Schulen eine extreme Herausforderung dar. Die Vorbereitung auf die Wiederaufnahme des Unterrichts hat vor Ort einer enormen Kraftanstrengung bedurft.
Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen, mahnte eine weitere Unterstützung der Schulen bei dieser Herkulesaufgabe an: „So sehr wir uns alle wünschen, dass wir bald zu einer Normalität des Schulbetriebes zurückkehren: Wir dürfen hierbei die Hygienevorgaben, die Arbeitsbelastung der Lehrerinnen und Lehrer sowie den Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht aus dem Blick verlieren. Die Schulen benötigen für die Sicherstellung des Schulbetriebs unter diesen erschwerten Bedingungen nach wie vor Unterstützung durch das Kultusministerium, die Gesundheitsämter und die Schulträger.“
Ein Unterrichtsangebot, wie es der Stundenplan vorsieht, wird es nach Einschätzung der GEW auf absehbare Zeit nicht geben können. Auch im kommenden Schuljahr wird der Schulbetrieb sehr wahrscheinlich neben dem Präsenzunterricht weiterhin von unterrichtsunterstützenden Lernsituationen zu Hause geprägt sein. Klassen werden mindestens geteilt werden müssen, so dass weder die benötigten Räume noch das erforderliche Personal vorhanden sind, um einen Vollbetrieb anbieten zu können.
Die konkrete Situation stellt sich an jeder Schule anders dar, so dass unterschiedliche Lösungen gefunden werden müssen: „Die Schulen können nur das Machbare umsetzen. Ausgehend von den räumlichen und personellen Bedingungen vor Ort wird die Gestaltung des Stundenplans sehr unterschiedlich aussehen. Und trotzdem sind viele Lehrkräfte und Pädagoginnen und Pädagogen an der Belastungsgrenze. Sie müssen Präsenzlernen, das ‚Lernen zu Hause‘, die Notbetreuung und Ganztagsangebote stemmen. Hinzu kommt die Vertretung von Kolleginnen und Kollegen, die zur Risikogruppe gehören. Das ist die Quadratur des Kreises und bringt viele Lehrkräfte ans Limit“, skizzierte Maike Wiedwald, Landesvorsitzende der GEW Hessen, die Situation.
Mit der Perspektive auf die kommenden Monate gilt es, einerseits eine dauerhafte Überlastung der Pädagoginnen und Pädagogen zu verhindern, andererseits aber den Schülerinnen und Schülern so viel Schulbesuch wie machbar zu ermöglichen. Maike Wiedwald weiter: „Die derzeitige Corona-Krise verschärft die Bildungsungerechtigkeit weiter. Alle Berichte aus den Schulen zeigen, dass die ohnehin Benachteiligten häufig durch das ‚Lernen zu Hause‘ weiter abgehängt werden. Für viele Schülerinnen und Schüler stellt die Schule eine Konstante dar, die nun fehlte. Viele Kinder haben zudem keinen eigenen Schreibtisch, geschweige denn ein Notebook oder ein Tablet zu Hause.“
Wo bleiben die digitalen Endgeräte?
Armen Familien nützen die angekündigten 150 Euro aus dem bundesweiten 500-Millionen-Euro-Paket nichts, weil sie auch mit diesem Zuschuss keinen Laptop finanzieren können. Birgit Koch forderte daher eine andere Lösungen: „Die Schulträger müssen digitale Endgeräte anschaffen, welche die Schulen dann an die Kinder und Jugendlichen verleihen können. Dabei ist eine ausreichende Leistungsfähigkeit der Geräte wie auch auf die Einhaltung von ökologischen und sozialen Standards sicherzustellen. Die Ausstattung der Lehrkräfte und der Schülerinnen und Schüler mit digitalen Endgeräten sowie die Einrichtung der notwendigen digitalen Bildungsinfrastruktur muss schnell weiter vorangetrieben werden. Das entsprechende Fortbildungsangebot für Lehrkräfte muss ausgebaut und auch qualitativ verbessert werden.“
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