Reichtum sozial gerecht verteilen

Jochen Nagel zum bundesweiten Aktionstag "umFAIRteilen"

Zum bundesweiten Aktionstag "umFAIRteilen" am 29. September sprach auch der Vorsitzende der GEW Hessen Jochen Nagel. Mehr als 300 Organisationen, darunter die GEW und andere Gewerkschaften, unterstützten die Aktion, an der sich in vierzig Städten rund vierzigtausend Menschen beteiligten.
 
"Auf diesem Platz stehen heute diejenigen, die dafür eintreten und kämpfen, dass die Bundesrepublik Deutschland entsprechend § 20 Grundgesetz wirklich ein demokratischer und sozialer Staat ist und denen § 14 Grundgesetz - ‚Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.’-  keine hohle Phrase ist", erinnerte Jochen Nagel an die demokratischen Grundpfeiler, die durch Gier und Skrupellosigkeit ausgehöhlt würden. Die Menschen in Portugal, Spanien, Italien, Griechenland "erheben sich gegen die radikale Umverteilungspolitik nach oben, die große Teile der Bevölkerung in schiere Not und Elend stürzt."

"In Griechenland testen sie, wie weit sie mit dem Abbau erreichter sozialer Standards in Europa gehen können", warnte Nagel. "Ihre Politik heißt fortgesetzte Verhätschelung der Gierigen bei gleichzeitigem Ausrauben der Mehrheit der Bevölkerung: 6-Tage-Woche, 13-Stunden-Arbeitstag, Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst, weitere Kürzungen der Renten und bei der Krankenversorgung, weitere Verschlechterung des Bildungsangebots für die Schülerinnen und Schüler."

Der hessische GEW-Vorsitzende rief dazu auf, die falsche Schuldenbremsenpolitik ebenso wenig in Deutschland zu akzeptieren wie die "Diktate zum Schuldenabbau in anderen Ländern, die mit Stellenabbau, Entlassungen, Lohn- und Pensionskürzungen, Verlängerungen der Arbeitszeit, Verkauf von öffentlichem Eigentum und Senkung des Lebensstandards der breiten Mehrheit der Bevölkerung verbunden sind."

Nagel nannte es einen Skandal, "wenn der gemeinsam erwirtschaftete Reichtum unseres Landes so verteilt wird, dass die ärmere Hälfte der Bevölkerung per Saldo kein Vermögen besitzt und das reichste Zehntel sich problemlos rund 55 Prozent einverleiben konnte. Ihr Vermögensanteil hat in den letzten Jahren zwischen 1998 und 2008 – massiv unterstützt durch die Politik der damaligen Bundesregierung – sogar noch um etwa 1/5 zugenommen."

Ebenso sei es ein Skandal, "dass die oberen Einkommen gestiegen sind, während die unteren 40 Prozent der Einkommen von Vollzeitbeschäftigten auch noch real sanken und immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht leben können."

Weitere Skandale seien, "dass 1/6 der Menschen in unserem reichen Land in Armut lebt und massenhafte Altersarmut durch drastische Kürzungen bei der Altersversorgung politisch längst beschlossen wurde" und "dass nicht zuletzt im Kontext von Privatisierung öffentliches Staatsvermögen um 800 Milliarden Euro gesunken ist, während das Privatvermögen gleichzeitig um 6,4 Billionen Euro wuchs."

Nagel folgerte: "All dies ist nicht vom Himmel gefallen. Es ist ganz wesentlich das Ergebnis der Politik aller Regierungskoalitionen der vergangenen Jahre."

Beispiele:

  • die Aussetzung der Vermögenssteuer seit 1997,
  • die Senkung des Spitzensteuersatzes von 53 auf 42 Prozent zwischen 1998 und 2005,
  • weitere Steuersenkungen bei Erbschaftssteuer, Körperschaftssteuer etc.
    sowie nicht zu vergessen
  • die Hartz-Gesetzgebung, die schon immer auch dazu diente die Kampfkraft der Gewerkschaften zu schwächen."

Seit Jahren kämpften die Gewerkschaft gemeinsam gegen die systematische Umverteilung des von allen erwirtschafteten Reichtums von unten nach oben.
Seit Jahren kämpften sie gemeinsam gegen die systematische Untergrabung der Handlungsfähigkeit des Staates durch den Entzug einer gesunden Einnahmebasis für die Finanzierung seiner sozialen Aufgaben.

Mit Blick auf die "anhaltend chronische Unterfinanzierung des Bildungswesens", listete Nagel auf:

  • Nach wie vor führe die Erhebung von Kindergartengebühren dazu, dass Kinder aus benachteiligten Familien dieses Angebot nicht wahrnehmen könnten.
  • Nach wie vor seien die Arbeitsbedingungen in den Schulen schlecht: Zu große Klassen und Gruppen, zu hohe Arbeitszeiten, zu wenig echte Ganztagsschulen, völlig unzureichende Verwirklichung von Inklusion usw.
  • Nach wie vor sei das Grundrecht auf Ausbildung nicht verwirklicht und nach wie vor werde viel zu vielen jungen Menschen eine qualifizierte Berufsausbildung vorenthalten.
  • Nach wie vor seien die Hörsäle an den Hochschulen überfüllt, werde das wissenschaftliche Personal in miserable Arbeitsverhältnisse gezwungen und stehe die soziale Öffnung der Hochschulen ganz weit hinten an. Nach wie vor würden mit Studiengebühren die sozialen Zugangshürden weiter angehoben.

Jochen Nagel forderte deshalb, "eine Wirtschaftsordnung, bei der der gemeinsam erarbeitete Reichtum konsequent sozial gerecht verteilt wird, und einen Stopp der Dauerangriffe auf die soziale Handlungsfähigkeit des Staates."

Dazu, schlussfolgerte Nagel, "müssen unter anderem Vermögen, Erbschaften und zu hohe Einkommen ebenso wie Finanztransaktionen angemessen besteuert werden."

www.umfairteilen.de