Mehr unbefristetes Personal zu Weihnachten?

GEW Hessen stellt ihre Forderungen zum Hessischen Hochschulpakt vor | Aktionen angekündigt

Pünktlich zu „Nikolaus“ hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen ihre Forderungen zu den laufenden Verhandlungen über den neuen Hessischen Hochschulpakt vorgestellt und deutliche Verbesserungen gefordert. Der Hochschulpakt legt die Finanzierung der Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften bis 2024 fest und definiert Vorhaben, welche diese umsetzen sollen. „Der bisherige Hochschulpakt hat nicht in ausreichendem Umfang zur Einstellung von unbefristetem Personal geführt. Das Land Hessen muss sich deshalb jetzt festlegen und zukünftig die Hochschulen verpflichten, mehr und vor allem unbefristetes Personal einzustellen“, so Dr. Simone Claar, Leiterin des Referates für Hochschule und Forschung der GEW Hessen und Mitarbeiterin an der Universität Kassel. Nach Angaben des statistischen Landesamtes Hessen arbeiten inzwischen zwar mehr Personen an den Hochschulen, jedoch stagniert der Anteil unbefristeter Beschäftigung seit 2015.

„Falls die Landesregierung ihren Koalitionsvertrag ernst nimmt und die Betreuungsverhältnisse von 2005 wieder herstellen will, bräuchte es eine Entfristungsoffensive sondergleichen. Wir gehen von über 3.000 benötigten zusätzlichen Vollzeitstellen aus, um dieses Ziel zu erreichen. Und 2005 waren die Veranstaltungen auch nicht gerade leer“, so Claar weiter. Das Land Hessen verhandelt voraussichtlich bis Ende Januar 2020 weiter mit den Hochschulen. Das Land Hessen muss außerdem bis zum 15. Januar 2020 eine Verpflichtungserklärung gegenüber dem Bund abgeben, welche Ziele mit den Bundesmitteln des neuen Zukunftspakts erreicht werden sollen. „Frist bedeutet immer noch Frust für die Beschäftigten, daher fordern wir, dass das Land Hessen auch im Zukunftspakt den Ausbau unbefristeter Beschäftigung verankert“, so Maike Wiedwald, Vorsitzende der GEW Hessen. „Gute Lehre, Forschung und Arbeit gibt es nicht umsonst. Wir erwarten, dass Wissenschaftsministerin Angela Dorn das auch gegenüber dem Finanzministerium deutlich macht und die versprochene Erhöhung des Hochschuletats kommt. Um unseren Forderungen Nachdruck zu verleihen, werden wir auch zu Aktio-nen aufrufen. Es kann nicht sein, dass zunächst immer große Ankündigungen gemacht werden und der schwarz-grüne Nikolaus dann wieder nichts mitbringt!“

Der gewerkschaftliche Forderungskatalog umfasst weitere Forderungen, z.B. nach der Einführung des im Koalitionsvertrag angekündigten Kodex für gute Arbeit und einer Reduzierung der Lehrverpflichtung. Auch nachhaltige sowie familienfreundliche Hochschulen werden dort eingefordert.

wissenschaftliches Personal in Forschung und Lehre
ohne Professuren

2015

2018

unbefristet

1.583

1.750

befristet

8.419

9.215

gesamt

10.002

10.965

Anteil befristet Beschäftigter in %

84,09

84,04

Quelle: Statistisches Landesamt Hessen 2019 und eigene Berechnungen

Anhang:

Gutes Forschen, Lehren und Arbeiten an Hessens Hochschulen ermöglichen: Die 11 Punkte der GEW Hessen zum Hessischen Hochschulpakt

  1. Das Land Hessen und die Hochschulen müssen sich auf die Einstellung von mehr Personal in Lehre und Verwaltung verbindlich festlegen. Der Koalitionsvertrag der Regierung benennt das Ziel „Wiederherstellung der Betreuungsverhältnisse von 2005“. Nach Berechnungen der GEW Hessen fehlen mehr als 3.000 Vollzeitstellen zur substantiellen Verbesserung der Betreuungsrelationen. In einem ersten Schritt soll sich das Land auf die Finanzierung von 2.000 zusätzlichen Stellen hessenweit bis 2024 verpflichten.
  2. Der jetzt endende Hochschulpakt wurde nicht eingehalten, dort heißt es unter anderem: „Die Hochschulen werden den Anteil kurzfristiger wissenschaftlicher Beschäftigungsverhältnisse reduzieren und den Anteil attraktiver unbefristeter wissenschaftlicher Beschäftigungsverhältnisse in geeignetem Umfang erhöhen.“ (HSP 2016: S. 4f.) Tatsächlich stagniert aber der Anteil unbefristeter Arbeitsverhältnisse seit 2015 nahezu. Daraus folgt, dass konkrete Maßnahmen getroffen werden müssen, den Anteil des unbefristeten Personals zu erhöhen. Ein erster Schritt sollte die Entfristung aller Lehrkräfte für besondere Aufgaben sein. Die Stellen, die über den bisherigen bundesweiten Hochschulpakts (jetzt neu Zukunftsvertrag) finanziert wurden, sind zu entfristen. Sachgrundlose Befristungen müssen ausgeschlossen werden.
  3. Die Einigung zum Hochschulpakt muss die im Koalitionsvertrag vorgesehene Einführung des Kodex für gute Arbeit an Hochschulen in Hessen einhalten und festlegen, dass dieser in einem Prozess mit Gewerkschaften, Personalräten und Hochschulleitungen erarbeitet wird.
  4. Das Land Hessen muss den Koalitionsvertrag einhalten und den Hochschulen ab dem Jahr 2021 ein um vier Prozent pro Jahr erhöhtes „Grundbudget Plus“ (vergrößerte Berechnungsgrundlage inkl. QSL, Landesanteil Zukunftsvertrag sowie Innovations- und Strukturentwicklungsbudget) garantieren. Die studentische Mitbestimmung bei der Mittelvergabe zur Qualitätssteigerung in der Lehre (QSL), entsprechend dem Gesetz zur Wiederherstellung der Chancengleichheit an hessischen Hochschulen, soll beibehalten werden.
  5. Das Land Hessen muss eine Reduzierung der Lehrverpflichtung analog zur Reduzierung der Pflichtstunden an Schulen entsprechend berücksichtigen.
  6. Nachhaltige Hochschule: Die Hochschulen müssen auf das Ziel verpflichtet werden, bis 2030 nahezu treibhausgasneutral zu wirtschaften. Dies beinhaltet nicht nur die bauliche Infrastruktur, sondern auch Dienstreisen, Forschung und Lehre. Einzelne Projekthochschulen, aus deren Bemühungen bis 2024 Schlussfolgerungen für alle Hochschulen gezogen werden können, sollen definiert werden.
  7. Die bisherigen Maßnahmen zur Umsetzung einer „familienfreundlichen Hochschule“ reichen bei weitem nicht aus. Die Studienangebote während Zeiten der Kinderbetreuung sind zu wenige und eine Flexibilisierung mit der Möglichkeit real in Teilzeit zu studieren, ist nicht gegeben. Für Beschäftigte, insbesondere Frauen, ist die Geburt eines Kinders nach wie vor ein erheblicher Karrierenachteil. Hier müssen Land und Arbeitgeber deutlich nachbessern.
  8. Das Land Hessen und die Hochschulen legen im Hochschulpakt die Einführung eines „Übergangsfonds“ aus nicht verplanten und zurückgehaltenen Mitteln fest, mit dem Beschäftigte für kurze Zeiträume weiterbeschäftigt werden können, falls bei diesen „Lücken“ zwischen dem Ende eines und dem Beginn eines anderen Arbeitsvertrages liegen (bis zu 3 Monate). Dieser Übergangsfonds soll die Hochschulen darüber hinaus in die Lage versetzen, auch bei Drittmittelprojekten Verlängerungszeiten für den Mutterschutz und die Elternzeit sowie für die familienpolitische Komponente zu gewähren.
  9. Das Land Hessen muss das LOEWE-Programm beenden und die Mittel ins Grundbudget überführen. Die Erfahrungen mit der wettbewerblichen Vergabe dieser Mittel zeigen negative Auswirkungen auf die Hochschulentwicklung in Hessen. Einige wenige Universitäten sind aufgrund besserer Startvoraussetzungen in der Lage, den Großteil der Gelder auf sich zu vereinen.
  10. Die Kürzung der Bundesmittel aus dem ehemaligen Qualitätspakt Lehre (QPL), dem neuen Programm „Innovation der Hochschullehre“, darf nicht dazu führen, dass wichtige Projekte zur Verbesserung der Lehr- und Studiensituation ersatzlos entfallen. Die bisher in diesen Projekten befristet Beschäftigten brauchen eine berufliche Perspektive.
  11. Das Land Hessen und die Hochschulen verpflichten sich auf eine Evaluation der im Hochschulpakt vereinbarten Zielsetzungen und eine nachhaltige Erfolgskontrolle.
 

Studierende ohne Humanmedizin und Gesundheit

„Zielbetreuungsrelation“ entsprechend 2005 gemäß
Koalitionsvertrag

gerundeter Stellenbedarf in Vollzeitäquivalenten

Stellen in Vollzeit-äquivalenten 2018

zusätzlicher Bedarf

Universitäten

153.946

18,2

8458,6

6954,5

1504,1

HAWen

99.754

25,6

3896,6

2385,4

1511,2

Gesamt

253.700

-

12.355,2

9339,9

3015,3

Quelle: Statistisches Bundesamt: Hochschulen auf einen Blick 2018, Statistisches Landesamt Hessen 2019 und eigene Berechnungen

Koalitionsvertrag Hessen Bündnis 90/Die Grünen und CDU, Seite 184f.: „Nur gekoppelt an einen Stellenzuwachs vermag eine erhöhte Finanzausstattung allerdings die Betreuungssituation tatsächlich zu verbessern. […] Um die Betreuungsrelation des Jahres 2005, also vor Beginn des enormen Studierendenaufwuchses der letzten Jahre, angesichts der prognostizierten  Studierendenzahlen im Jahr 2025 wiederherzustellen, erhalten die hessischen Hochschulen 300 weitere W-Stellen.“