Griechenland: Das Recht auf ein NEIN

Beschluss Landesvorstand | 2. Juli 2015

Für das Recht der griechischen Bevölkerung und ihrer gewählten Regierung, NEIN zum Spardiktat von EU, IWF und EZB zu sagen! 

Wir unterstützen die griechische Bevölkerung in ihrem Kampf für Arbeit, angemessene Löhne, Renten, öffentliche Daseinsvorsorge (Energie, Schulen, Kindergärten, medizinische Versorgung ...) und gegen die Austeritätspolitik der Troika aus EU, IWF und EZB, die einseitig einem rigiden Kürzungsprogramm folgt. 

Wir begrüßen es ausdrücklich, dass die Regierung in Griechenland die Bevölkerung aufgerufen hat, selbst über die Forderungen dieser Troika zu entscheiden und wir unterstützen das Nein der griechischen Regierung gegenüber der Troika. Wir schließen uns der Forderung der griechischen Regierung nach einem Schuldenschnitt und einem Investitionsprogramm an. So kann die Krise und die soziale Katastrophe, die durch die Sparmaßnahmen der Troika und der europäischen Regierungschefs immer weiter verschärft wurde, beendet werden. 

Wir weisen die Äußerungen des SPD-Vizekanzlers Gabriel zurück, der behauptet, dass "die überzogenen Wahlversprechen einer (griechischen) Regierung durch die deutschen Arbeitnehmer und ihre Familien bezahlt werden". Auch die ständige Hetze von CDU-Finanzminister Schäuble gegenüber der griechischen Regierung ruft unsere Empörung hervor. 

Die griechische Regierung spricht auch in unserem Namen, wenn sie ein Ende der Austeritätspolitik und damit ein soziales Europa fordert. Wir fordern die Große Koalition auf, die unsoziale Spar- und Deregulierungspolitik umgehend zu beenden!

 Wir wenden uns als Staatsbürger und als Pädagog_innen gegen die Desinformationspolitik und gegen die Doppelmoral der Medien und des Finanzkapitals. 

Die Troika verlangte zuletzt (Ende Juni 2015) von der griechischen Regierung, im Staatshaushalt einen jährlich ansteigenden Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben zu erwirtschaften, und zwar prozentual zum Bruttoinlandsprodukt, das 2014 182 Mrd. Euro betrug.

So soll die griechische Regierung im laufenden Jahr einen Überschuss von 1 Prozent des BIP, nächstes Jahr von 2 Prozent, 2017 3 Prozent und 2018 3,5 Prozent des BIP liefern. 

Ein Vergleich mit Deutschland zeigt, mit welcher Verlogenheit hier gearbeitet wird:

Würde Deutschland das, was von der griechischen Regierung erwartet wird, selbst erfüllen müssen, so ginge es nicht nur um eine „schwarze Null“ von Herrn Schäuble, sondern um 30 Mrd. Euro Überschuss, in 2018 um mehr als 100 Mrd. Euro Überschuss. So viel machten nämlich mindestens die 3,5  Prozent des BIP aus (2014: 2.900 Mrd. Euro).

Man stelle sich einmal die Zustände in Deutschland vor, was das an Auseinandersetzungen und Konflikten bedeuten würde. Massive Kürzungen in fast allen Bereichen, Mehrwertsteuererhöhungen, Abwürgen der Konjunktur, massive Verteuerung der Lebenshaltung, noch massivere Unterfinanzierung in allen Zweigen der staatlichen Daseinsvorsorge usw. 

Ein zugespitzter öffentlicher Streit über die „richtige“ Wirtschaftspolitik wäre das Mindeste, was in Deutschland und Europa auf den Tisch käme. 

Von der griechischen Regierung wird es unverfroren verlangt, wohlwissend, dass es den weiteren Niedergang der Wirtschaft und den Ausverkauf des Landes bedeutet.

Aber genau das ist gewollt. Es hat Mitte der 70er Jahre unter Pinochet mit intensiver Begleitung der „Chicago-Boys“ von Milton Friedman in Chile angefangen und ist von Naomi Klein, die auf der letzten Blockupy-Kundgebung in Frankfurt gesprochen hat, als „Schockstrategie“ beschrieben worden. Einer Strategie, die schockartig den Sozialstaat abbauen und eine flächendeckende Privatisierung von Gemeineigentum für Finanzunternehmen und international operierende Konzerne durchsetzen soll. Sie findet weltweit statt und soll über „Freihandelsabkommen“ - wie zur Zeit TTIP - beschleunigt und unumkehrbar gemacht werden. 

Die Medien begleiten dies mit einer Desinformationskampagne ohnegleichen, um jede Alternative von vorherein zu diskreditieren. Fakten werden entweder ignoriert oder manipuliert. Auch kritische Medien tun sich schwer, notwendige Informationen in leicht lesbarer Form für eine breite Bevölkerung bereitzustellen.

Dies macht es insbesondere für Pädagog_innen schwer, einem kritischen Bildungs- und Erziehungsauftrag nachzukommen. 

Die GEW fordert die Medien, insbesondere die öffentlich-rechtlichen, deshalb auf, ihrer umfassenden Informationsverpflichtung nachzukommen.

  • Dazu würde im Fall Griechenland zum Beispiel gehören, darauf aufmerksam zu machen, dass die Troika zwar Medikamente von der Mehrwertsteuererhöhung ausnehmen wollte, nicht aber, wie von der griechischen Regierung gefordert, die gesamten medizinischen Unterstützungsleistungen.
  • Zur Informationspflicht würde gehören, darüber zu berichten, dass die griechische Regierung die Militärausgaben um 2,4 Mrd. Euro kürzen wollte, die Troika aber nur eine Kürzung um 400 Mio. Euro zulassen wollte,
  • dass die Troika eine niedrige Unternehmensbesteuerung wollte als die griechische Regierung.
  • Dazu gehörte auch die Auseinandersetzung mit der Doppelmoral, dass Steuererhöhungen von Herrn Schäuble und seiner Partei permanent als „Gift für die Wirtschaft“ und als „Gift für die Konjunktur“ bezeichnet werden, in Griechenland aber mit der Mehrwertsteuererhöhung  einen wirtschaftlichen Aufschwung bewirken soll usw. 

Die GEW als Vertretung von Erzieher_innen, Lehrkräften und Wissenschaftlern fordert die Bundesregierung und die europäischen Institutionen auf, den Weg in die bisherige Sackgasse aufzugeben und für ein Klima der Aufklärung statt der Verdunkelung zu sorgen. 

Pressemitteilung | 6. Juli