Frist ist Frust – Zukunftsvertrag für Dauerstellen nutzen!

Bildungsgewerkschaft fordert die hessische Landesregierung zu wirksamen Maßnahmen auf

Pressemitteilung 6. Juni 2019

Der Landesverband Hessen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hat Bund und Länder zur Nachbesserung des im Mai ausgehandelten „Zukunftsvertrags Studium und Lehre stärken“ aufgefordert, der ab 2021 den Hochschulpakt ablösen soll. „Gut, dass der Zukunftsvertrag entfristet wird und auf unbestimmte Zeit laufen soll. Das gibt den Hochschulen Planungssicherheit. Absolut unverständlich ist aber, dass die aus dem Programm finanzierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weiterhin semesterweise angeheuert und gefeuert werden können. Wir brauchen eine verbindliche Verpflichtung, dass mit den Bund-Länder-Mitteln in Zukunft ausschließlich unbefristete Beschäftigungsverhältnisse finanziert werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungschefinnen und -chefs der Länder sollten den Zukunftsvertrag daher überarbeiten“, sagte Maike Wiedwald, Vorsitzende der GEW Hessen, mit Blick auf die heutige Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder.

„Bundesweit werden neun von zehn wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit einem Zeitvertrag abgespeist, die Hälfte der Verträge hat eine Laufzeit von weniger als einem Jahr. Eine Fortsetzung des aus dem Ruder gelaufenen Befristungsunwesens ist nicht nur ein Schlag ins Gesicht der hoch qualifizierten und motivierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, auch die Kontinuität und Qualität von Lehre und Studium werden unterminiert – Frist ist Frust. Bund und Länder müssen den Zukunftsvertrag nutzen, um die Beschäftigung an den Hochschulen zu stabilisieren“, betonte Simone Claar, Sprecherin des Referats Hochschule und Forschung der GEW Hessen.

Immerhin sehe der vorliegende Entwurf der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz für den Zukunftsvertrag vor, dass die Länder bei der Verwendung der Mittel Schwerpunkte beim Ausbau von dauerhaften Beschäftigungsverhältnissen setzen, erklärte Claar: „Ein Erfolg der bundesweiten Kampagne ‚Frist ist Frust‘ von GEW, ver.di und dem Mittelbaunetzwerk NGAWiss sowie auch lokaler Initiativen wie unseres hessenweiten Mittelbaunetzwerkes für gute Arbeitsbedingungen an Hessens Hochschulen, die eine weitgehende Entfristungsoffensive vehement einfordern.“ Sollten die Regierungschefinnen und -chefs den Zukunftsvertrag in der vorliegenden Fassung unterschreiben, sei das Land Hessen in der Pflicht, die abstrakten Vorgaben konkret umzusetzen. Die GEW Hessen und ver.di sahen sich im Oktober 2018 gezwungen, die im Rahmen der Tarifpflege stattfindenden Befristungsgespräche mit dem Land Hessen abzubrechen, da die Arbeitgeberseite alle Vorschläge der Gewerkschaften kategorisch ablehnte, ohne selbst einen Vorschlag zu unterbreiten. „Wir erwarten von Angela Dorn, Ministerin für Wissenschaft und Kunst, sich bundesweit dafür einzusetzen, dass in dem Zukunftsvertrag konkrete Zielzahlen für die Erhöhung des Anteils der Dauerstellen am Hochschulpersonal benannt und Maßnahmen zur Zielerreichung im Einzelnen beschrieben werden. Dafür haben wir viele gute Ideen! Die GEW ist gerne zu Gesprächen über die Ausgestaltung der Verpflichtungserklärungen bereit“, machte Maike Wiedwald deutlich.

Info: Die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz von Bund und Ländern hat sich am 3. Mai auf die künftige Ausgestaltung des Zukunftsvertrags „Studium und Lehre stärken“ (bisher Hochschulpakt) verständigt. Ziel des Zukunftsvertrags sind der Erhalt der mit Hilfe des Hochschulpakts ausgebauten Studienkapazitäten sowie die Sicherung guter Studienbedingungen und einer hohen Qualität der Lehre. Dafür stellt der Bund jährlich 1,88 Milliarden Euro, ab 2024 jährlich 2,05 Milliarden Euro bereit. Die Länder müssen Mittel in gleicher Höhe beisteuern.

Die abschließende Entscheidung über den Zukunftsvertrag trifft heute die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs des Bundes und der Länder.

Im Zuge der Kampagne „Frist ist Frust“ hat sich die GEW gemeinsam mit ver.di und dem Netzwerk für Gute Arbeit in der Wissenschaft für die Weiterentwicklung des Hochschulpakts zu einem „Entfristungspakt 2019“ eingesetzt (www.frististfrust.net). Eine entsprechende Online-Petition haben in kurzer Zeit über 15.000 Menschen unterzeichnet.

In Hessen hat die GEW seit der Tarifrunde 2013 immer wieder die ausufernde Befristungspraxis in den Hochschulen zum Thema der Tarifverhandlungen mit dem Land Hessen gemacht und auf langfristige Beschäftigungsperspektiven in der Wissenschaft gedrängt. Zuletzt hatten Delegierte der  gemeinsamen ‚Initiative für gute Arbeitsbedingungen an Hessens Hochschulen‘ von der GEW Hessen, ver.di und  NGAWiss am 13. Mai 2019 3.260 Unterschriften aus den hessischen Hochschulen für eine „Entfristungsoffensive“ an die Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen in Wiesbaden übergeben. An der Universität Kassel und an der TU Darmstadt haben sich von der GEW unterstützt die lokalen Initiativen UniKasselUnbefristet und DarmstadtUnbefristet gegründet, um aktiv an den jeweiligen Hochschulen gegen das Befristungsunwesen vorzugehen. In Kassel wird es auch im Rahmen einer außerordentlichen Personalversammlung am 26. Juni 2019 wieder um das Thema Befristung gehen. unikasselunbefristet.com/entfristungsentscheid/