„Die Schule ist kein Wirtschaftsbetrieb: Bildung in der Effizienzfalle?“

Presseerklärung anlässlich der Veröffentlichung der Publikation 

20. Juli 2016

Redaktionsteam: Dr. Gabriele Frenzel, Maria Heydari, Ernst Olbrich, Thomas Sachs, René Scheppler, Klaus Schermelleh, Herbert Storn, Eva Maria Wehrheim

Die hier verschriftlichte Vortragsreihe steht in einer nun mittlerweile längeren Tradition von Initiativen gegen die „Ökonomisierung des Bildungswesens“, die von unterschiedlichen Gruppierungen innerhalb der hessischen GEW angestoßen und organisiert worden sind. So fand bereits im Wintersemester 2012/13 an der Universität in Marburg eine Vortragsreihe unter dem Titel „Ökonomisierung oder Demokratisierung?“ statt. Der „Marburger Bildungsaufruf“ forderte eine Umorientierung des Bildungswesens, weg von der gegenwärtigen ökonomischen Dominanz, hin zum Wohl aller an Bildung beteiligten Menschen.

Unsere Frankfurter Initiative hatte anschließend in den Jahren 2013/14 die Strategien und Maßnahmen zur „Ökonomisierung & Entdemokratisierung des Bildungswesens“ aufgezeigt und angeprangert sowie die dabei hauptsächlich angewandten Methoden, die Durchsetzung von Bildungsstandards

und Kompetenzorientierung beispielsweise, kritisch analysiert. Da diese fatale Bildungspolitik ungebremst fortgesetzt wird, haben wir im Wintersemester 2015/16 mit einer weiteren Veranstaltungsreihe die behandelten Themen wieder aufgegriffen, erweitert und vertieft.

Die in unserer Veranstaltungsreihe besprochenen Themen haben die Ziele der OECD in Richtung „Ökonomisierung der Bildung“ transparent gemacht und die Absichten und Strategien der Bildungsmacher enthüllt. Die Bandbreite der Fragen in den sich anschließenden Diskussionsrunden zeigte deutlich den Wunsch nach weiterer Aufklärung und Information sowie das Interesse Möglichkeiten politischen Handelns zu diskutieren. Viele Kolleginnen und Kollegen engagieren sich in Steuergruppen oder in der Arbeit an Schulprogrammen und geben ihr Bestes, um den Ansprüchen von gutem und modernem Unterricht sowie gelungener Inklusion gerecht zu werden, oftmals jedoch ohne das befriedigende Gefühl, dabei erfolgreich sein und allen Beteiligten gerecht werden zu können. Dieser ständigen inszenierten Überforderung liegen taktisch ausgeklügelte Strategien zu Grunde,

die von oben nach unten systematisch und Schritt für Schritt umgesetzt werden. Der Verunsicherung durch den „PISA-Schock“ folgte eine verordnete Entwurzelung, indem pädagogische Beziehungen beispielsweise durch Methodentraining verhindert werden sollen, um Menschen im weitesten Sinne manipulierbar zu machen. Auch die vorsätzliche Abkehr von bisherigen Bildungszielen, wie der intensiven Beschäftigung mit Fachthemen zu Gunsten inhaltsleerer und outputorientierter Kompetenzen, dient wohl diesem Zweck.

Die Mechanismen der indirekten Steuerung, die in der Wirtschaft schon seit Jahrzehnten üblich sind, werden ganz bewusst eingesetzt, um den Abbau von echter Mitbestimmung und Solidarität zu verstärken. Durch die unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse (Beamte, Angestellte, pädagogische

Hilfskräfte) sowie die veränderte Interpretation des Berufsbildes wird die Lehrerschaft gespalten. Mittels eines neuen Projekts zur Qualifizierung sollen Schulleitungen darüber hinaus zukünftig verstärkt dazu angehalten werden, von oben nach unten die verordneten Maßnahmen durchzusetzen und für deren Einhaltung zu sorgen.

Auf diese Weise werden Kolleginnen und Kollegen ebenso wie die ihnen anvertraute Schülerschaft mehr und mehr dem neuen Erziehungsideal unterworfen, nämlich der Anpassung an das immer autoritärere System. Die Ökonomisierung und Entdemokratisierung des Bildungswesens und damit die der gesamten Gesellschaft schreitet weiter voran, ungeachtet aller berechtigten Proteste. Daraus ergeben sich für unsere Arbeitsgruppe neue Themen und Arbeitsaufträge, denen wir uns auch in Zukunft stellen wollen.

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