Bündnis „Recht auf gute Bildung für alle“ zieht erste Bilanz zum Koalitionsvertrag

Pressekonferenz in Wiesbaden 20. Dezember 2013

Das Bündnis "Recht auf gute Bildung für alle" aus Landesschülervertretung, elternbund hessen e.V. und GEW Hessen kritisierte das von CDU und Bündnis90/Die Grünen erarbeitete Koalitionspapier. Landesschulsprecher Armin Alizadeh, die Vorsitzende des Elternbunds Hessen Hella Lopez und Jochen Nagel, Vorsitzender GEW Hessen, unterzogen die Passagen zur Bildung einer kritischen Bewertung. Ihr Fazit: Politikwechsel sieht anders aus.
 
Schwarz-Grüne Koalitionsvereinbarung wird keinen Schulfrieden bringen

Das Bündnis „Recht auf gute Bildung für alle“ aus Landesschülervertretung Hessen, Elternbund Hessen und GEW Hessen ist sich einig, dass mit dem von CDU und BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN vorgelegten Koalitionsvertrag kein Schulfrieden erreicht werden kann.

Die soziale Spaltung des hessischen Schulwesens wird durch die Fortschreibung von G8 und G9 sogar noch weiter vertieft.
Eine Entwicklung hin zu mehr echten Ganztagsschulen und mehr Gesamtschulen wird erst gar nicht wirklich angegangen.
Mit diesen Vorgaben werden sowohl soziale Benachteiligung als auch soziale Privilegierung durch das Schulwesen zumindest ungebrochen fortgesetzt.
Schulfrieden setzt aber genau die Aufhebung dieser Diskriminierung voraus. 
Zufrieden zeigten sie sich darüber, dass die geplanten Stellenstreichungen im Schulbereich auf "unseren gemeinsamen Druck hin" zurück genommen werden mussten. Noch bei den rot-grün-roten Sondierungsgesprächen habe BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN die Streichung von mehreren tausend Stellen gefordert. Aber selbst hier sei weiter Wachsamkeit geboten, da der Stellenerhalt nicht vom Finanzierungsvorbehalt ausgenommen wurde. 

Für die Landesschülervertretung (LSV) erklärte Landesschulsprecher Armin Alizadeh:

„Der Vertrag zwischen Schwarz/Grün scheint nicht mehr zu sein als eine Absichtserklärung. In vielen Punkten ist er schlichtweg nicht konsequent genug. Statt mehr Mittel für das unterfinanzierte Bildungswesen zu mobilisieren, wird den ohnehin finanziell überlasteten Kommunen nun der Ausbau von Ganztagsschulen vor die Tür gekehrt.“Zur Wahlfreiheit zwischen G8/G9 erklärte Alizadeh: „Durch die kleinen Verbesserungen bei der G8/G9-Wahlfreiheit bleibt das Problem im Kern unangetastet. Notwendig wäre eine Flexibilisierung der Oberstufe, damit jede Schülerin und jeder Schüler individuell entscheiden kann, wie schnell sie oder er das System Oberstufe durchlaufen möchte.“ So wäre auch die Durchlässigkeit von der Realschule auf das Gymnasium im „längst überfälligen“ gegliederten Schulsystem nicht mehr gänzlich blockiert.

„Eines muss die künftige Landesregierung begreifen: Ohne die Beteiligung der Betroffenen, also Lehrern, Eltern und vor allem Schülerinnen und Schülern, wird es keinen Schulfrieden geben, denn wir werden uns den Schulfrieden nicht von oben verordnen lassen.“, so Alizadeh abschließend. 

Auch die Vorsitzende des Elternbunds Hessen Hella Lopez hob hervor:

„Dieser Koalitionsvertrag geht im Bezug auf Schulfrieden nicht den richtigen Weg. Uns als Elternvertretung fehlt u. a. die konsequente Umsetzung der Inklusiven Bildung. Wir lehnen die Schaffung von Modellregionen ab. Es bedeutet eine Ungleichbehandlung der Schülerinnen und Schüler, die nicht das Glück haben in einer dieser Modellregionen zu wohnen. Sie können ihr Recht auf gemeinsame Beschulung immer noch nicht wahrnehmen. Wir fordern die Umsetzung dieses Menschenrechts. Die Beibehaltung dieses selektiven Schulsystems verschlingt eine Unmenge an finanziellen Ressourcen. Ebenso bemängeln wir die zögerliche Umsetzung der Ganztagsschule. Auch eine flächendeckende Rückkehr zu G9 ist für uns unabdingbar, um einer ,Zweiklassenbildung' entgegenzuwirken. Ausdrücklich begrüßen möchten wir die Rückabwicklung des Landesschulamtes.“ 

Der Vorsitzende der GEW Hessen Jochen Nagel teilte die Auffassung von LSV und Elternbund:

„Der Koalitionsvertrag bleibt bildungspolitisch weit hinter den Erfordernissen für ein qualitativ hochwertiges und sozial gerechtes Bildungswesen zurück. Dies gilt ausdrücklich auch für die Aufrechterhaltung des Murks-Gesetzes KiFöG und die unzureichende Ausstattung der Hochschulen.“ Für die Lehrkräfte an den hessischen Schulen macht er darüber hinaus deutlich: „Mit der Aufrechterhaltung der bundesweit höchsten Arbeitszeitregelung und den geplanten Realeinkommenskürzungen will Schwarz-Grün im Laufe der Legislaturperiode über 20.000 Euro pro Lehrkraft abkassieren.Darüber hinaus sollen durch die langfristig wirkende Absenkung der Realeinkommen von – je nach Inflationsrate – weit mehr als 5 Prozent den Beamtinnen und Beamten dauerhaft mehrere tausend Euro jährlich aus der Tasche gezogen werden. Dies ist nicht nur ein massiver Angriff auf den Betriebsfrieden, es stellt einen weiteren Abbau professioneller Standards und damit langfristig auch der Qualität des Bildungsangebots dar.“

Abschließend erklärten LSV, ebh und GEW-Hessen, dass sie auch zukünftig in enger Abstimmung untereinander die hessische Schulpolitik kritisch begleiten werden. 

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