Abstandsregelungen müssen auch für Schulen gelten!

Hessen braucht ein Konzept für den Unterricht unter Pandemiebedingungen

Pressemitteilung 19. Oktober 2020

Heute beginnt nach den Herbstferien in Hessen die Schule wieder. Leider steigt auch die Zahl der mit dem Sars-CoV-2 Virus infizierten Menschen in Hessen weiterhin stark an. Als Reaktion darauf haben sich schon in der letzten Woche verschiedene Schulträger auf gemeinsame Maßnahmen verständigt und zum Beispiel das Tragen einer Mund-Nasen-bedeckung während des Präsenzunterrichts ab Klasse 5 angeordnet.

Und die hessische Landesregierung? Zum Schulstart nach den Herbstferien belässt es  Hessens Kultusminister Alexander Lorz bei der Bitte an die Eltern, ihre Kinder dann nicht in die Schule zu schicken, wenn sie Symptome einer möglichen Coronavirus-Infektion zeigen. Nochmals an die Verantwortung der Eltern zu erinnern, ist richtig, aber mit Sicherheit keine angemessene Reaktion auf Infektionsraten, die an den Rand eines neuen Lockdowns führen.

Kultusminister Lorz hat schon in den Sommerferien nicht die nötige Aktivität entwickelt und auch in den Herbstferien ist nichts Entscheidendes passiert. Der vom Ministerium selbst vorgelegte Stufenplan wird nicht mehr erwähnt, da die Schulen weiterhin auf den hundertprozentigen Regelbetrieb verpflichtet werden sollen.

Die Stufe 2 mit einem „eingeschränkten Regelbetrieb“ müsste längst ausgerufen sein. Dies würde den Schulen beispielsweise bei den Ganztagsangeboten oder beim Unterrichten im Klassenverband mehr Spielräume schaffen, die Infektionsgefahren zu minimieren. Die Beschäftigten vor Ort können das nicht nachvollziehen und werden wieder allein gelassen.

Aus Sicht der  GEW Hessen weist das aktuelle Statement des Robert-Koch-Instituts vom 12. Oktober 2020 völlig zu Recht darauf hin, dass  bei einer Inzidenz von über 50 die Notwendigkeit zur Verkleinerung der Klassen durch Teilung oder Wechselunterricht bestehe, so dass der Mindestabstand von 1,5 Meter eingehalten werden kann.

Stattdessen sitzen im Unterricht an hessischen Schulen große Gruppen in geschlossenen Räumen ohne Abstand und führen auch aus der Nähe viele Gespräche.

Dass „Lüften“ zur Bekämpfung des Coronavirus in den Schulen wichtig ist, ist schon länger bekannt. Der neue Hygieneplan 6.0 regelt konkret, dass alle 20 Minuten in den Unterrichtsräumen ein Stoßlüften durchgeführt werden muss. Leider hat bisher niemand beachtet, was das für diejenigen bedeutet, die in den Räumen sitzen. Sitzen jetzt alle mit Winterkleidung im Unterricht? Müssen die Schulen jetzt Decken kaufen und sie an die Schülerinnen und Schüler verteilen, um den Unterricht zu ermöglichen? Da hilft dann auch der Hinweis, dass sich durch das Stoßlüften die Temperatur in den Räumen nur um ein paar Grad absenke, nicht viel weiter. Die Wahrnehmung von Wärme und Kälte ist sehr individuell und hängt sicherlich auch davon ab, ob man z.B. im Klassenraum am Fenster sitzt. So sollen wir alle in den Schulen sicher und gesund durch den Herbst und den Winter kommen? Das wird nicht funktionieren.

Die GEW schließt sich der Empfehlung des Umweltbundesamts an, dass mindestens in den Räumen, wo eine ausreichende Lüftung nicht möglich ist, Luftreinigungsgeräte eingesetzt werden, „die mit Hochleistungsschwebstofffiltern ausgerüstet sind, leise arbeiten und einen ausreichenden Volumenstrom garantieren“. Ein Forschungsteam um Joachim Curtius, Professor für experimentelle Atmosphären-Forschung an der Goethe-Universität, testete Luftreiniger „mit großem Erfolg“ an einer Wiesbadener Schule.

Abstand ist und bleibt das Gebot der Stunde! Die GEW Hessen fordert, dass die Einhaltung eines Mindestabstands von mindestens 1,5 m im Unterricht zwingend vorgeschrieben wird. Viele Schulen haben gute Konzepte entwickelt, wie sie dem Bildungsanspruch der Schülerinnen und Schüler im eingeschränkten Regelbetrieb oder Wechselbetrieb nach dem Stufenplan des Kultusministeriums gerecht werden können.

Digitale Konzepte, ein Schulportal, das für alle Schulen zugänglich ist, und ein funktionierendes und datensicheres Videokonferenztool sind dafür wichtige Voraussetzungen. Hier hat das Kultusministerium die Herbstferien einmal mehr ungenutzt verstreichen lassen. Auch die Bereitstellung mobiler Endgeräte für Schülerinnen und Schüler kommt nur schleppend voran.

Wir fordern den Kultusminister auf, sich jetzt mit allen Beteiligten, den Schülerinnen und Schülern, den Eltern, den Gewerkschaften und Verbänden, Kinder- und Jugendmedizinerinnen und -medizinern sowie Virologinnen und Virologen darüber zu beraten, wie alle gemeinsam den Schulbetrieb an den hessischen Schulen in den nächsten Monaten gestalten können.

Eines ist für die GEW Hessen aber klar: Am Unterrichten mit Abstand geht neben vielen weiteren Maßnahmen kein Weg vorbei.