Schulbeginn: Maskenpflicht, Corona-Tests, steigende Infektionszahlen

Unsere Antwort auf Schreiben besorgter Eltern, Schülerinnen, Schüler, Kolleginnen und Kollegen

18. August 2020

Liebe Kollegen und Kollegen,

zum Schuljahresbeginn dürften die Themen Maskenpflicht, Corona-Tests, steigende Infektionszahlen, Sorge um die eigene Gesundheit und die der Schülerinnen und Schüler viele Diskussionen nicht nur an den Schulen bestimmt haben.

Hierzu hat auch die absolute Planlosigkeit des Hessischen Kultusministeriums viel beigetragen: Bis zum Mittwoch der letzten Ferienwoche galt der Hygieneplan 4.0 vom 24.7.2020, der die Anordnung einer Maskenpflicht außerhalb des Unterrichts den Schulleitungen aufhalsen wollte. Am Donnerstag kam dann der Hygieneplan 5.0 mit einer landesweiten Maskenpflicht außerhalb des Unterrichts. Und bereits am ersten Schultag erließ der Kreis Groß-Gerau aufgrund steigender Infektionszahlen eine Allgemeinverfügung, die mindestens für die Schulen des Nordkreises eine Maskenpflicht auch während des Unterrichts und im Ganztagsbetrieb anordnete. Gleichzeitig erläuterte Kultusminister Lorz, dass sich Schulen auf das Tragen von Masken im Unterricht einigen könnten, doch könne eine Weigerung dann nicht sanktioniert werden. Wer soll da noch durchblicken?

Das  Tragen der Masken im Unterricht ist für viele Kolleginnen und Kollegen nur eine letzte  Notmaßnahme, da sie sich in vollen Klassen nicht mehr anders zu schützen wissen. Gleichzeitig wissen sie, dass dies die pädagogische Interaktion massiv behindert und vor allem auch an sechs, acht oder gar zehn Unterrichtsstunden bei hochsommerlichen Temperaturen unzumutbar ist.

Wir haben als Vorsitzende der GEW Hessen in den letzten Tagen sehr viele besorgte Schreiben von Eltern, Schülerinnen und Schülern und Kolleginnen und Kollegen bekommen. In diesen kommen die zwiespältigen Gefühle sehr deutlich zum Ausdruck. Viele Eltern wünschen sich eine Rückkehr zum schulischen Normalbetrieb. Das ist allzu verständlich. Dieser Wunsch wird von allen Lehrerinnen und Lehrern und weiteren pädagogischen Fachkräften geteilt. Und trotzdem überwiegen Verunsicherung und Angst. Angesichts der zuletzt deutlich angestiegenen Infektionszahlen wird das neue  Schuljahr nach wie vor unter dem Vorzeichen der Corona-Pandemie stehen.

Dazu trägt auch das Infektionsrisiko durch Familien bei, die sich im Urlaub  infiziert haben und unwissentlich die Infektion in die Schule, die Kita oder den Sportverein hineintragen. Wir wissen, dass Eltern auf unterschiedlichen Wegen (Anrufe, persönliche Ansprache, Elternbriefe) nochmals aufgefordert wurden, sich an die entsprechenden Regelungen zu halten. Das ist gut und sinnvoll, aber nicht ausreichend.  Wir fordern als GEW Hessen, dass Schülerinnen und Schülern, die als Verdachtsfall, auf Grund einer Reise in ein Risikogebiet oder nach einem positiven Test vom Unterricht ausgeschlossen wurden, vor der Rückkehr in den Unterricht eine Bescheinigung eines Arztes oder des Gesundheitsamts vorlegen müssen. Diese  Regelung im Hygieneplan 4.0 vom 24. Juli 2020 wurde am 13. August 2020 im Hygieneplan 5.0 aufgehoben und durch eine Erklärung der Eltern ersetzt.

Das Kultusministerium hat die Verantwortung die Rahmenbedingungen für die pädagogische Arbeit an den Schulen zu schaffen. Hierzu gehören auch Konzepte, wie in den verschiedenen Szenarien Unterricht ablaufen soll. Ein solcher Stufenplan wird  nicht nur von der GEW Hessen gefordert, sondern auch von den Fraktionen der LINKEN und der SPD im Landtag sowie von  Schülerinnen- und Schülervertretungen und  Elternbeiräten in Hessen.

Kultusminister Lorz wird in der FR mit den Worten zitiert: „Wir können unseren Kindern nicht zumuten abzuwarten, bis sich das Problem Corona erledigt hat.“ Das stimmt. Aber ist den Kindern denn geholfen, wenn aufgrund des Infektionsgeschehens Unterricht überhaupt nicht mehr stattfinden kann? Ist ihnen geholfen, wenn sie keine Förderung bekommen und auch nicht wissen, wie sie überhaupt an bestimmte Aufgaben herangehen sollen?

Und genau deswegen fordern wir als GEW Hessen, dass in den Schulen die Lerngruppen wieder verkleinert werden und so ein Unterrichten mit Abstand wieder möglich ist und längerfristig durchführbar bleibt. Es gibt erprobte Vorschläge, wie so ein Unterrichten aussehen könnte. Einige Schulen haben gezeigt, dass man in A- und B-Wochen jeweils mit der Hälfte der Lerngruppe gut arbeiten kann und für die Woche, in der die Schülerinnen und Schüler zu Hause sind, Arbeitspläne erstellt und auch zusätzliche Videosprechstunden anbietet. Die Arbeitspläne werden im Unterricht vor- und nachbereitet und bei Schwierigkeiten könnte eine zusätzliche Förderung und Unterstützung eingeplant und eingerichtet werden. Aber hierfür brauchen wir mehr Personal an den Schulen. Die im Corona-Sondervermögen eingestellten Mittel in Höhe von 150 Millionen Euro für die Einstellung zusätzlicher TV-H-Kräfte sollten unbedingt für Doppelbesetzungen, Gruppenteilungen und Förderunterricht genutzt werden. Gerade auch unter dem Gesichtspunkt des Gesundheitsschutzes böten kleine Lerngruppen bei hohem Infektionsgeschehen die Möglichkeit, Präsenzunterricht mit Abstand weiterhin durchzuführen.

Jetzt ist der Kultusminister Lorz gefordert! Herr Lorz - lassen Sie die Sozialpädagogischen Fachkräfte, die Lehrkräfte und auch die Schulleitungen nicht allein. Werden Sie aktiv und schaffen Sie die Rahmenbedingungen für eine gute pädagogische Arbeit an den Schulen, die mit dem Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen ist und eine längerfristige Perspektive bietet. Verkleinern Sie wieder die Lerngruppen und ermöglichen Sie ein Unterrichten mit Abstand!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte mischt euch weiterhin ein und macht nur das, was möglich ist. Diskutiert und sprecht innerhalb der Kolleginnen und Kollegen und mit der Schulleitung, aber vergesst die Schülerinnen und Schüler und die Eltern nicht und findet gemeinsam für eure Schule einen guten demokratischen Weg, möglichst viel Präsenzunterricht durchzuführen, ohne den Gesundheitsschutz zu vernachlässigen – mit Abstand und Maske.

Bleibt gesund – euer Vorsitzendenteam der GEW Hessen!

Birgit Koch                       Maike Wiedwald                          Tony Schwarz