Bildungspolitik

Schulgesetz soll novelliert werden

Gesamtrevision des Schulgesetzes und Einschätzung durch den GEW-Landesvorstand

HLZ 4/2022: Berufsausbildung

Das Hessische Kultusministerium hat den Verbänden einen ersten Entwurf zur Novellierung des Hessischen Schulgesetzes (HSchG) zur Stellungnahme zugeleitet. Insbesondere mit Blick auf zeitlich befristete Regelungen für die Dauer der Pandemie soll das Gesetz „einer Gesamtrevision“ unterzogen werden. Die HLZ informiert über geplante Änderungen und eine erste Meinungsbildung im GEW-Landesvorstand.  Die Stellungnahme der GEW im schriftlichen Anhörungsverfahren lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor.

  • Dass der Gesetzentwurf insgesamt 80 Hauptpunkte umfasst, ist vor allem der Absicht geschuldet, das Wort „Lehrer“ durchgehend durch das Wort „Lehrkräfte“ zu ersetzen. Die GEW weist darauf hin, dass inzwischen auch weitere pädagogische Professionen an den Schulen fest verankert sind und insbesondere die sozialpädagogischen Fachkräfte systematisch an allen relevanten Stellen berücksichtigt werden müssen.
  • In § 3 wird die Verpflichtung der Schule aufgenommen, ein Schutzkonzept gegen Gewalt und sexuellen Missbrauch zu erstellen.
  • Schwer zu vermitteln ist, warum in dem langen Katalog der „besonderen Bildungs- und Erziehungsaufgaben“ in § 6 Abs. 4 ausgerechnet noch die „Finanzbildung“ ergänzt werden soll.
  • In § 10 zur „Zulassung von Schulbüchern und digitalen Lehrwerken“ werden „digitale Lehr- und Lernprogramme“ den Regularien für die Schulbücher gleichgestellt und damit einem Zulassungsverfahren unterworfen. Außerdem muss bei ihrer Anwendung „die Einhaltung datenschutzrechtlicher Regelungen sowie der Grundsätze der Sicherheit in der Informationstechnik gewährleistet“ sein. Die HLZ berichtet auf Seite 33 über ein Forschungsprojekt der Universität Kassel zur Zertifizierung von Lern-Apps.
  • Die „Einbeziehung des Schulträgers und der öffentlichen Träger der Jugendhilfe“ soll nach der geplanten Ergänzung in § 15 auf den „Pakt für den Ganztag“ ausgedehnt werden. Dies lässt die Absicht der Landesregierung erkennen, auch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, der ab dem Schuljahr 2026/2027 sukzessive eingeführt werden soll, primär über freie Träger und prekäre Arbeitsverhältnisse zu erfüllen.
  • Dass Philosophie und Ethik mit Genehmigung der Schulaufsicht als Leistungskurse in der gymnasialen Oberstufe nach § 33 angeboten werden können, entspricht einer Forderung der GEW und des Bündnisses „Ethik für alle“ zur Aufwertung dieser Fächer.
  • Begrüßenswert ist auch die bereits in der Koalitionsvereinbarung angekündigte Regelung in § 34, dass das Fach Politik und Wirtschaft über die gesamte Qualifikationsphase belegt werden muss. Im zweiten Jahr kann die Belegpflicht allerdings ersatzweise durch das Fach Erdkunde erfüllt werden.
  • Bei den Profilen der Beruflichen Gymnasien wird in § 35 die Fachrichtung „Berufliche Informatik“ ergänzt.
  • Im Bereich der sonderpädagogischen Förderung bleiben die Regelungen unverändert, so dass der Anspruch auf inklusive Bildung weiterhin einem Ressourcenvorbehalt unterworfen ist. Die Änderung in § 54 Abs. 3, wonach beim Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule bei einem Einvernehmen über die inklusive Beschulung „auf die Einberufung des Förderausschusses verzichtet werden“ kann, dient der Verfahrensvereinfachung und nimmt kritische Anmerkungen der GEW aus der Vergangenheit auf.
  • In § 75 werden pandemiebedingte Sonderregelungen zur Versetzung aufgehoben, gleichzeitig werden die Unterschiede zwischen einer Wiederholung der Jahrgangsstufe und einem freiwilligen Rücktritt genauer gefasst.
  • Eine Änderung in § 82 stellt klar, dass bei Ordnungsmaßnahmen nicht in jedem Einzelfall nachzuweisen ist, dass sich pädagogische Mittel zuvor „als wirkungslos erwiesen haben“. Sie sind dann zulässig, wenn „pädagogische Maßnahmen nicht ausreichen“.
  • Die ausdrückliche Verpflichtung der Schulen zur Teilnahme an Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung nach § 98 soll auf „Schulleistungsstudien im Rahmen einer Gesamtstrategie zum Bildungsmonitoring“ der KMK ausgeweitet werden.
  • Gespannt ist die GEW auf die Stellungnahme der Schulträger zu der neuen Regelung, dass das Land zwar die Kosten für den Erwerb digitaler Lehr- und Lernprogramme übernehmen muss (§ 153 Abs. 5), die Schulträger diese aber „einzurichten und betriebsbereit zu halten“ haben, soweit sie „auf Geräten des Schulträgers betrieben werden sollen“ (§ 158).
  • Ausdrücklich zu begrüßen ist die Ergänzung in § 161, wonach die Schulträger die Beförderungskosten auch für Kinder übernehmen müssen, die „verpflichtet sind, einen schulischen Sprachkurs zu besuchen“ (§ 161).

Digitalisierung und Datenschutz

Die „Digitalisierung des Schul- und Bildungswesens“ „zeitgemäß“ und „datenschutzkonform“ zu gestalten, ist nach Angaben der Landesregierung das „oberste Ziel der Novelle“. Im Einzelnen sind hierfür folgende Änderungen vorgesehen:

  • Insbesondere für die Sitzungen der Inklusiven Schulbündnisse, der Schul-, Stadt- und Kreiselternbeiräte und der Schulkonferenzen soll die pandemiebedingte Option digitaler Gremiensitzungen auf Dauer bestehen bleiben. Die GEW hat bereits bei der befristeten Einführung dieser Option deutlich gemacht, dass Präsenzsitzungen nach wie vor die Regel sein müssen und digitale Sitzungen die Ausnahme bleiben sollen. Der Druck, Gremiensitzungen nur noch digital abzuhalten, ist unverändert hoch, so dass hier im Gesetz klare Grenzen aufgezeigt werden müssen.
  • Alle Regelungen zum Datenschutz, insbesondere in § 83 zur Erhebung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten, werden neu gefasst, um – so die Begründung – den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) Rechnung zu tragen. Die GEW wird diese geplanten Gesetzesänderungen einer gründlichen Prüfung unterziehen.
  • Auch der während der Pandemie eingefügte § 83a, der die Verarbeitung personenbezogener Daten „auch im Rahmen digitaler Anwendungen“ erlaubt, wird überarbeitet. Wenn eine Schule „selbständig im Rahmen ihrer Aufgabenstellung digitale Anwendungen“ einführt, soll sie „als Verantwortliche die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und die Sicherheit der Datenverarbeitung“ gewährleisten. Diese Formulierung wirft viele Fragen auf, insbesondere wer „die Schule“ ist und damit die konkrete Verantwortung trägt.

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