Landeshaushalt

2019: Zum Koalitionsvertrag in Hessen

„Die meisten Vorhaben der Koalition stehen unter Finanzierungsvorbehalt.“

Ziemlich am Ende des Koalitionsvertrags findet man unter der Überschrift „Solide Haushalten“ ein achtseitiges Kapitel zur Finanzpolitik (S.164 ff.). Das insgesamt wenig konkrete Kapitel ist vor allem durch das Bekenntnis zur Schuldenbremse geprägt. Insbesondere fehlen Aussagen zu den Kosten der im Koalitionsvertrag vorgesehenen Maßnahmen und zu den Ausgabenspielräumen, die sich aus der Mittelfristigen Finanzplanung ergeben. Diese Spielräume sind die Grundlage für das von der GEW vor der Wahl geforderte 500 Millionen Euro umfassende Sofortprogramm im Bildungsbereich.

Bemerkenswert – und in der öffentlichen Berichterstattung überhaupt nicht beachtet – ist der im Haushaltskapitel formulierte Finanzierungsvorbehalt. Nur wer den Vertrag bis zum Ende liest, erfährt, dass „mit Ausnahme der (…) geschützten Bereiche alle Vorhaben unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit“ stehen: „Geschützte Bereiche sind der Pakt für den Ganztag, das Hessische Sozialbudget, die Sportförderung sowie der Brand- und Katastrophenschutz“. Eine solche Haushaltspolitik orientiert sich jedoch nicht an einer sachgerechten Aufgabenerfüllung, sondern agiert sozusagen kurzfristig „auf Sicht“ nach Kassenlage. Hier zeigt sich, dass die Warnungen vor den Folgen der Schuldenbremse allzu berechtigt waren. Vollkommen realitätsfremd und ökonomisch unvernünftig ist die vorgesehene Tilgung der Altschulden. Dafür will Koalition „auch künftig eine jährliche Rate in die Finanzplanung aufnehmen und somit bei konjunktureller Normallage zu planmäßiger Rückführung des Kreditbestandes des Landes kommen.“ (S.165).

Tatsächlich wird sich aufgrund der Schuldenbremse die Tragfähigkeit der Staatsverschuldung automatisch aufgrund des stetigen Wirtschaftswachstums laufend verbessern. Sie misst sich nicht am absoluten Schuldenstand, sondern an der Entwicklung der Schuldenstandsquote, am Verhältnis von Schuldenstand zum Bruttoinlandsprodukt. Ein geplanter Abbau der Staatsverschuldung erscheint deshalb vollkommen überambitioniert und kontraproduktiv. Angesichts des großen Investitionsstaus vor allem im Bereich der Bildungsinfrastruktur (HLZ S.XX) sowie hoher Ausgabenbedarfe im Bildungsbereich sollte die Landesregierung gerade aus Gründen der Generationengerechtigkeit auf einen Abbau der Staatsverschuldung verzichten und das Geld in diesen Bereichen ausgeben.

In einem kleinen Unterkapitel äußern sich die Koalitionäre über „Beteiligungen, Privatisierungen und Öffentlich-Private-Partnerschaften (ÖPP)“ (S.170). Eine „weitere Privatisierung öffentlicher Einrichtungen“ werde „nicht angestrebt“, doch werden ÖPP keineswegs ganz ausgeschlossen, wenn der „Wirtschaftlichkeitsvorteil für das Land“ nachgewiesen und überprüft sei. Allein schon angesichts der katastrophalen Erfahrungen des Landkreises Offenbach mit der Sanierung seiner 89 Schulen in Form von ÖPP ist dies unbegreiflich. Laut Rechnungshof fallen die Kosten um 367 Millionen Euro höher aus als ursprünglich prognostiziert.

Kai Eicker-Wolf

Kai Eicker-Wolf ist Referent der GEW Hessen für finanzpolitische Fragen.