Schon vor den Landtagswahlen 2018 hatte sich das Innenministerium bei Gesprächen mit den DGB-Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes GEW, ver.di, IG BAU und GdP vehement gegen die Rückkehr Hessens in die Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) ausgesprochen. Entsprechend schwer hatten es die Gewerkschaften, dem Land Hessen bei der diesjährigen Abschlussrunde zum Tarifvertrag Hessen (TV-H) eine Einigung abzuringen, die der der anderen Bundesländer weitgehend entspricht (HLZ 6f.).
Erstmals überhaupt wurde in einem Dokument über die Einigung im Tarifstreit für den öffentlichen Dienst des Landes Hessen – mit dem entsprechenden Parlamentsvorbehalt – die zeit- und systemgerechte Übertragung der Besoldung auf die Beamtinnen und Beamten festgehalten. Zeit- und systemgerecht meint hierbei die lineare Erhöhung der Besoldung der Beamtinnen und Beamten um 3,2 Prozent zum 1. März 2019, um 3,2 Prozent zum 1. Februar 2020 und um weitere 1,4 Prozent ab dem 1. Januar 2021. Ein guter Erfolg für die GEW, die immer wieder die zeit- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten forderte!
Der sehr umkämpfte Mindestbetrag, der bis zur Stufe 3 der Entgeltgruppe (EG) 9 wirksam wird, gehört zu den Ergebnissen, die der Arbeitgeberseite besonders schwer abgerungen werden konnten. Der Mindestbetrag kommt allen GEW-Mitgliedern zu Gute, die bis EG 9 eingruppiert sind. Erfolge sind auch die überdurchschnittliche Erhöhung der Eingangsgehälter (Entgeltstufe 1) und die „Entzerrung“ der neuen „EG 9a“, für die sich die GEW lange eingesetzt hatte. Positiv für die GEW schlägt auch die Übernahme der Eingruppierung und der Tabellenwerte des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes für außerunterrichtliche Tätigkeiten zu Buche, zum Beispiel in der Schulsozialarbeit.
Wie es aber oft so ist: Die für einen Gleichklang mit der TdL notwendige lange Laufzeit von über 33 Monaten und die Teilkompensation der Entgelterhöhungen durch das Einfrieren der Jahressonderzahlung bis 2022 gehören zu den schmerzlichen Kompromissen, die die Gewerkschaften hinnehmen mussten. Daran ändert auch die Fortführung des „Landesticket Hessen“ bis zum Jahr 2021 nichts. Sollte es Hessen nicht gelingen, die Bundessteuergesetzgebung zu ändern, erhalten die Beschäftigten ab 2020 das kostenlose Landesticket nur noch dann, wenn sie eine Anrechnung bei der steuerlichen Erstattung von Fahrtkosten zum Arbeitsplatz akzeptieren (HLZ S.33).
Lackmustest für Gespräche zur Rückkehr in die TdL
Die lange Laufzeit mit einer nur 1,4-prozentigen Erhöhung im dritten Jahr ist problematisch. Sie war allerdings wegen der Vorgaben aus Potsdam nicht abzuwenden. Allen Gewerkschaften war es wichtig, ein starkes Signal in Richtung TdL auszusenden und im Rahmen des „Geleitzugs“ der anderen Bundesländer abzuschließen. Alles andere hätte bedeutet, die versprochenen Gespräche mit der TdL über einen Wiedereintritt des Landes unmöglich zu machen. So ist der Tarifabschluss in Hessen 2019 ein Lackmustest für die Ernsthaftigkeit der Koalitionsabsprache von CDU und Grünen, Gespräche darüber aufzunehmen, „ob und wie das Land (…) in die TdL zurückkehren kann“. Politisch haben die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes ihre Absicht, eine Wiederaufnahme in die Tarifgemeinschaft aller Bundesländer zu erreichen, mehr als deutlich unterstrichen. Jetzt ist die Landesregierung im Wort. Die Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes in Hessen werden weiter politischen Druck machen.
Die GEW war während der Tarifrunde in der hessischen Öffentlichkeit gut sichtbar und präsent. Dafür allen Kolleginnen und Kollegen, die sich an den schulischen Aktionen, der Unterschriftensammlung und an den Warnstreiks beteiligt haben, ein herzliches Dankeschön!
Karola Stötzel, stellvertretende Vorsitzende der GEW Hessen