Am Mittwoch startete in Wiesbaden die erste Tarifverhandlungsrunde für mehr als 45.000 Tarifbeschäftigten des Landes Hessen. GEW-Verhandlungsführer Daniel Merbitz bekräftigte dabei die Forderung nach Einkommensverbesserungen in Höhe von fünf Prozent, mindestens 175 Euro monatlich.
„Der öffentliche Dienst hat während der vergangenen eineinhalb Jahre seine Leistungsfähigkeit in der Gesundheitskrise sehr deutlich unter Beweis gestellt. Nicht nur viele Bedienstete in Schulen und Hochschulen haben mit hohem persönlichem Engagement dazu beigetragen, dass die staatliche Daseinsvorsorge in qualitativ hochwertiger Weise aufrechterhalten blieb. Die Landesbediensteten verdienen daher Anerkennung für ihre Arbeit und für ihren Einsatz. Eine Anerkennung, die sich auch in einer spürbaren Einkommensentwicklung niederschlagen muss. In Sonntagsreden das Personal loben und am Mittwoch beim Verhandlungsauftakt das Portemonnaie geschlossen halten – dies passt nicht zusammen“, so Daniel Merbitz, der den Arbeitsbereich Tarif- und Beamtenpolitik beim Hauptvorstand der GEW leitet. „Der Mangel an Lehrkräften an den Grund- und Förderschulen sowie an beruflichen Schulen in Hessen ist nach wie vor dramatisch“, so Merbitz weiter, „zumal, wenn berücksichtigt wird, dass der Lehrkräftemangel kaschiert wird, indem in Schulen viele Beschäftigte unterrichten, die keine vollständige Ausbildung als Lehrkraft besitzen. Das hat sich während der Corona-Pandemie noch verschärft. Attraktive Einkommen und attraktive Arbeitsbedingungen sind unter anderem der Schlüssel dafür, gut qualifizierte Lehrkräfte und sozialpädagogische Fachkräfte in ausreichender Zahl in den Schuldienst zu bekommen. Darüber hinaus wäre es ein politischer Totalschaden, wenn das Land Hessen versucht, mit einem niedrigen Tarifabschluss der Corona-Krise hinterher zu sparen.“
Hessen ist als einziges Bundesland nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes „Tarifgemeinschaft deutscher Länder“ (TdL). Die Tarifverhandlungen für die hessischen Landesbeschäftigten werden daher eigenständig geführt und starten in der Tarifrunde 2021 vor den Verhandlungen bei der TdL.
Bei den Tarifverhandlungen sind auch die Arbeitsbedingungen an den hessischen Hochschulen Thema. Die GEW und die anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes fordern in der startenden Tarifauseinandersetzung die Einbeziehung der nach Tausenden zählenden studentischen Hilfskräfte, deren Arbeits- und Einkommensbedingungen der Arbeitgeber bis heute einseitig festsetzt, in den Tarifvertrag-Hessen.
Die GEW erwartet außerdem ernsthafte Verhandlungen über die Schaffung von mehr unbefristeten Stellen an hessischen Hochschulen. „Entgegen vergangener Selbstverpflichtungen und Ankündigungen ist es dem Land Hessen nicht gelungen, den Anteil befristeter Arbeitsverträge zu reduzieren, daher bedarf es nun einer tariflichen Vereinbarung, die verlässlich für mehr unbefristete Beschäftigung sorgt“, so Daniel Merbitz heute in Wiesbaden.
Flankierend zum Auftakt der Tarifrunde in Wiesbaden machten am Mittwoch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an vier Hochschulstandorten in Kassel, Marburg, Frankfurt und Darmstadt unter dem oft unfreiwilligen Motto „Wir sitzen auf gepackten Koffern“ auf die negativen Folgen und Probleme mit befristeten Arbeitsverträgen aufmerksam.
Die Tarifrunde Hessen ist auch für die Beamtinnen und Beamten sowie die Pensionärinnen und Pensionäre des Landes von Bedeutung. Die Gewerkschaften fordern, ein mögliches Tarifergebnis bei den Einkommen auf diese Gruppe zeit- und wirkungsgleich zu übertragen.
Die zweite und unter Umständen entscheidende Verhandlungsrunde ist für den 14. und 15. Oktober 2021 im südhessischen Dietzenbach terminiert worden.