Tarifeinigung mit dem Land Hessen erzielt

Tarif- und Besoldungsrunde 2015

Tarifinfo 3 | 23. April 2015

Erst in den frühen Morgenstunden des 15. April konnten die Tarifkommissionen der GEW und der anderen Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes einem Vorschlag zur Lösung des Tarifkonfliktes mit dem Land Hessen zustimmen. Vorausgegangen waren zähe Verhandlungen, in denen der Innenminister zunächst ein völlig unzureichendes Angebot zur Einkommensentwicklung vorlegte. Dieses sah eine Erhöhung mit gestaffelten Festbeträgen vor, wodurch insbesondere die höheren Entgeltgruppen benachteiligt worden wären. Schließlich verständigten sich aber die Tarifparteien auf einen Abschluss, der dem Ergebnis mit der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), auf das man sich gut zwei Wochen vorher in Potsdam geeinigt hatte, weitgehend entspricht.

Der Versuch des Landes Hessen, die Einkommensentwicklung für die eigenen Tarifbeschäftigten von der Gehaltsentwicklung in den anderen Bundesländern abzukoppeln, konnte also in der Nacht erfolgreich verhindert werden. Wie sehen nun die wichtigsten Punkte der Tarifeinigung aus?

Einkommensentwicklung

Zum 1. März 2015 steigen die Einkommen in Hessen um 2,0 Prozent, am 1. April 2016 um weitere 2,4 Prozent, mindestens aber um 80 Euro in den Entgeltgruppen bis EG 9. Die lineare Erhöhung entspricht damit am Ende der Laufzeit (31. Dezember 2016) dem, was auch mit den anderen Bundesländern vereinbart wurde. Der Mindestbetrag der Erhöhung 2016 ist in Hessen geringfügig höher als bei den Kolleginnen und Kollegen jenseits der Landesgrenzen, dafür kommt der Einkommensschritt 2016 erst einen Monat später zur Wirkung.
Für Lehrkräfte, die nach der sogenannten „Lehrertabelle“ (nach § 20 TVÜ-H) bezahlt werden, steigen die Einkommen etwas stärker an, da der Unterschied zur allgemeinen Tabelle bei jedem Erhöhungsschritt reduziert wird. Die durchschnittliche Erhöhung liegt für diese Gruppe zwischen 2,2 (EG 13) und knapp 2,3 Prozent (EG 5 bis 8) im Jahr 2015 sowie für 2016 zwischen 2,4 (EG 13), über 2,9 (EG 8) bis zu 3,3 Prozent in der EG 5 (in diesen beiden EG wirkt zusätzlich der Mindestbetrag von 80 Euro).

Praktikantinnen und Praktikanten erhalten am 1. März 2015 und am 1. April 2016 jeweils 30 Euro mehr im Monat. Auch das entspricht dem TdL-Ergebnis.

Beschäftigte, die zwischen dem 1. März 2015 und dem 15. April 2015 aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Land ausgeschieden sind, müssen die Auszahlung der Einkommenserhöhung bis 31. Oktober 2015 beantragen.

Zusatzversorgung/VBL

Ein heftig umstrittenes Thema der diesjährigen Länder-Tarifrunde war die Zusatzversorgung bei der VBL. Die TdL pochte hierbei auf Verschlechterungen auf der Leistungsebene. Derartige Einschnitte konnten in Potsdam verhindert werden. Allerdings wachsen die Finanzierungsbeiträge der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im TdL-Bereich.

Zum 1. Juli 2015 steigt die Arbeitnehmerumlage in den westlichen Ländern um 0,2 Prozentpunkte von derzeit 1,41 auf 1,61 Prozent; zum 1. Juli 2016 und zum 1. Juli 2017 um jeweils weitere 0,1 Prozentpunkte, so dass dann 2017 die Umlage 1,81 Prozent beträgt. Diese Änderungen bei der Finanzierung des Solidarsystems VBL wurden nun für die hessischen Beschäftigten übernommen. 

Befristete Verträge

In diesem Kontext wurde lediglich für den Bildungssektor ein Übereinkommen erzielt. Für den Schulbereich verständigten sich beide Seiten darauf, bis zum Ende des Jahres eine Vereinbarung treffen zu wollen, die die Zahl der befristeten Arbeitsverhältnis reduziert und die Entfristung von befristeten Arbeitsverhältnissen nach einer bestimmten Anzahl von Jahren festlegt.

Die Gespräche zur Befristungspraxis an den Hochschulen werden im 4. Quartal 2015 fortgesetzt.

Sonstiges Tarifrecht

Der Innenminister wollte zudem speziell hessische Duftmarken im Tarifvertragsrecht setzen, nicht zuletzt, um den tarifpolitischen Sonderweg Hessens in der Öffentlichkeit in einem vermeintlich helleren Licht erscheinen zu lassen. So kennt denn nun die „hessische Tariflandschaft“ einen zusätzlichen Tag Freizeitausgleich für ehrenamtlich engagierte Beschäftigte (u.a. Ehrenamts-Card-InhaberInnen) sowie verbesserte Stufenlaufzeiten für diejenigen, die aufgrund verschiedener Regelungen des Pflegezeitgesetzes freigestellt werden müssen bzw. die aufgrund eines Krankengeldbezuges bei Erkrankung des Kindes zeitweise nicht arbeiten.

Zu verschiedenen anderen Gegenständen (u.a. verbesserte Eingruppierung bei der Wachpolizei) werden die Tarifverhandlungen zu einem späteren Zeitpunkt fortgesetzt.

Beamtenübertragung

Die Gewerkschaften haben das Land in den Tarifverhandlungen aufgefordert, die vollständige Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten und Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger zuzusagen.

Die Antwort des Innenministers war zu erwarten. Dies sei „mit unseren Vorstellungen der Einhaltung der Schuldenbremse und der Generationengerechtigkeit nicht vereinbar“.

Deshalb werden wir in den nächsten Wochen deutlich machen, dass wir andere Vorstellungen von einer verantwortlichen Haushaltspolitik, von Generationengerechtigkeit und von einer wertschätzenden Haltung eines Arbeitgebers gegenüber seinen Beschäftigten haben.

„Wir lassen uns nicht abhängen!“ heißt ab jetzt: Wir fordern wir die inhalts- und wirkungsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten!

Mitgliederbefragung

Die tarifbetroffenen Mitglieder der GEW Hessen sind nun aufgefordert, in einer Befragung bis zum 20. Mai 2015 ihr Votum zum Tarifergebnis abzugeben.

Tarifinfo mit Entgelttabellen