Aus dem Hauptpersonalrat Schule... und aus dem Gespräch des HPRS mit Kultusminister Lorz

HLZ 12/2022 - 1/2023: Arbeitsplatz Hochschule

Fehlzeiten von Lehrkräften

Das Hessische Kultusministerium (HKM) hat den Erlass zur Erfassung der Fehlzeiten von Lehrkräften in Schulen (FLiS) mit den vom Hauptpersonalrat Schule (HPRS) geforderten Änderungen und Klarstellungen in Kraft gesetzt. Insbesondere werden dienstliche Abwesenheiten durch Fortbildungen oder Klassenfahrten nicht mehr mit Krankheitszeiten vermischt. Alle Beschäftigten werden über Zweck, Rechtsgrundlagen und Empfänger der Daten informiert und auf ihre Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung verwiesen. Der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HBDI) hat keine grundsätzlichen Bedenken mehr erhoben.
 

Schulische Vertretungskonzepte

Das HKM plant eine Novellierung seines Leitfadens zur Entwicklung und Umsetzung schulischer Vertretungskonzepte aus dem Jahr 2011 und will diesen auf seiner Homepage veröffentlichen. Das HKM versicherte dem HPRS, dass der Leitfaden lediglich Empfehlungs- und Hinweischarakter hat und somit keine Rechtsvorschrift ist. Der HPRS wies darauf hin, dass die Novellierung in eine Zeit fällt, in der die Schulen mit Corona und der Beschulung von Geflüchteten am Limit arbeiten. Viele der keineswegs neuen „Vorschläge“ sind aus Sicht des HPRS nicht praktikabel. Scharfe Kritik formuliert der HPRS an den Ausführungen zur Bilanzierung von entfallenen Unterrichtsstunden: Hier soll nach Auffassung des HKM über einen Zeitraum von einem Kalendermonat bilanziert werden. Der HPRS verweist auf die Pflichtstundenverordnung, die eine wöchentliche Unterrichtsverpflichtung begründet. Diese Praxis muss weiter Bestand haben.
 

Mentorinnen und Mentoren

Wie berichtet sieht die neue Durchführungsverordnung zum Hessischen Lehrkräftebildungsgesetz (HLbGDV) vor, dass der eigenverantwortete Unterricht der Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst (LiV) nicht mehr in „bis zu vier Stunden“, sondern in „zwei bis vier Unterrichtsstunden“ durch eine Mentorin oder einen Mentor betreut werden muss. Der HPRS betont, dass die Anrechnung und die damit verbundene Entlastung sowohl auf der Seite der LiV als auch auf der der Mentorinnen und Mentoren zu erfolgen haben.
 

Pflichtstundenverordnung

Wie berichtet arbeitet das HKM an einer redaktionellen Änderung der Pflichtstundenverordnung (HLZ 7-8/2022), die  substanzielle Forderungen zur Entlastung der Lehrkräfte genauso ignoriert wie das jüngste Urteil des Bundesarbeitsgerichts zur Erfassung von Arbeitszeiten. Bezüglich der von der GEW kritisierten Streichung der Deputate für die Berufs- und Studienorientierung versicherte das HKM, diese sei „rein technischer Natur“ und werde durch eine zweckgebundene Sonderzuweisung kompensiert.
 

Videokonferenzsystem

Das landesweit implementierte einheitliche Videokonferenzsystem, das einige Schulen seit Oktober nutzen können, soll zum Beginn des zweiten Schulhalbjahres allen Schulen zur Verfügung stehen. Damit endet die Duldung von nicht datenschutzkonformen Systemen durch den HBDI. Unbedenkliche Systeme wie BigBlueButton können in Verantwortung der Schulträger weiter betrieben werden. Microsoft Teams ist weiterhin nicht datenschutzkonform nutzbar, woran aus Sicht des HBDI auch Gutachten einzelner Schulträger nichts ändern.
 

Digitale Klassenbücher

Der HPRS, einzelne Schulämter und das HKM vertreten weiterhin unterschiedliche Auffassungen zur Rechtmäßigkeit digitaler Klassenbücher. Eine juristische Prüfung durch das HKM, welche Teile des „Klassenbuches“ zwingend in ausgedruckter Form vorliegen müssen, ist nicht abgeschlossen. Unstrittig sind die datenschutzrechtliche Verantwortung der Schulleitung gemäß DSGVO und die Beteiligung des Schulpersonalrats bei der Einführung. Das HKM geht von einem Mitwirkungsrecht nach § 81 Abs.1 HPVG aus, der HPRS reklamiert ein Mitbestimmungsrecht nach § 74 Absatz 1 Punkt 17 HPVG.
 

Energieeinsparung an Schulen

Die „Kurzfristenergieversorgungssiche­rungsmaßnahmenverordnung“ (EnSikuMaV) der Bundesregierung vom 26. 8. 2022 - so heißt die wirklich - sieht keine spezifischen Regelungen zur Heizung in Schulen und Kitas vor. Dass diese von den Sparmaßnahmen ausgenommen werden, hat die Kultusministerkonferenz in ihrem Beschluss zum „Umgang mit den Herausforderungen der Energiekrise an Schulen“ vom 1. 9.2022 begrüßt. Die Empfehlungen des Hessischen Städtetages vom 31. 8. 2022 sehen allerdings eine Absenkung der Temperaturen in weiterführenden Schulen auf 19 Grad vor. Das HKM verweist auf die zuständigen kommunalen Gremien. Der Landkreistag habe bewusst auf eine solche Empfehlung verzichtet.
 


Gespräch des HPRS mit Kultusminister Lorz

Bei den regelmäßigen gemeinsamen Sitzungen des Hauptpersonalrats Schule (HPRS) mit dem Hessischen Kultusministerium (HKM) nach § 60 Abs.4 HPVG lässt sich Kultusminister Professor Ralph Alexander Lorz wie die meisten seiner Vorgängerinnen und Vorgänger vertreten. Einmal im Jahr kommt der Minister jedoch persönlich in die höchste Interessenvertretung der hessischen Lehrerinnen und Lehrer und sozialpädagogischen Fachkräfte. „Rot angestrichen“ war in diesem Jahr der 10. November, auch wenn die Aussagen von Professor Lorz in den Vorjahren eher weniger als mehr  konkret waren.
 

Auch dieses Jahr blieben die Aussagen insgesamt eher vage. Immerhin soll die zuletzt 2020 thematisierte Problematik, dass befristet beschäftigten Lehrkräften oft die Bezahlung der Somerferien verweigert wird, nochmals angegangen werden. Die Problematik sei „wohl pandemiebedingt in Vergessenheit geraten“. Die HLZ veröffentlicht den Bericht aus dem HPRS in Kurzform.
 

Arbeitsbedingungen

Der HPRS wiederholt seine Forderungen nach Senkung der Pflichtstunden und Erhöhung der Schuldeputate, um die enormen Belastungen der Lehrkräfte zu vermindern und den Beruf insgesamt wieder attraktiver zu machen. Zur Frage der Umsetzung des BAG-Urteils vom 13.9.2022 zur Arbeitszeiterfassung kündigt Minister Lorz eine „sorgfältige Prüfung“ an. Für die Belastungssituation äußert er zwar Verständnis, verweist aber auf fehlende Fachkräfte, um Pflichtstunden senken zu können. Gleiches gelte für die Forderung, die Klassengrößen zu reduzieren. Die Erhöhung der Maximalgröße bei Intensiv-Klassen von 16 auf 19 solle wieder rückgängig gemacht werden, wenn die vor allem kriegsbedingte Rekordzahl von 32.000 Seiteneinsteigern wieder zurückgehe.
 

Zur Forderung des HPRS, multiprofessionelle Teams in Schulen zum Standard zu machen, erklärt der Kultusminister, dass im kommenden Jahr zusätzlich 150 Stellen für sozialpädagogische Fachkräfte vorgesehen seien. Das Programm „Schulgesundheitsfachkräfte“ solle lediglich mittelfristig weiter ausgebaut werden, da in diesem Bereich aktuell ebenfalls Fachkräfte fehlen würden.
 

Bei vielen TV-H-Kräften erfolgte auch in diesem Jahr die Vergütung und die Zustellung des Landestickets etliche Monate verspätet. In einigen Fällen konnten Verträge erst nach wochenlanger Verzögerung vorgelegt werden. Der Kultusminister begründet die Probleme mit einem hohen Krankenstand in den Schulämtern und will diesen mit einem „Frühwarnsystem“ begegnen.
 

Lehrkräftemangel

Der HPRS schildert den dramatischen Unterrichtsausfall an den Grundschulen durch Lehrkräftemangel, der vor allem im Rhein-Main-Gebiet zum massiven Einsatz von Personal ohne pädagogische Ausbildung, zur Kürzung der Stundentafel und zur Überschreitung der maximalen Klassengröße führt. Anträge auf Teilzeit, Versetzung oder Sabbatjahr werden kaum mehr genehmigt. Der HPRS bekräftigt seine Forderung nach Einstellung aller auf der Rangliste stehenden Personen, insbesondere aus dem gymnasialen Bereich. Der Kultusminister verweist auf das bereits existierende Programm „Gym nach G“ zur Einstellung im Bereich der Grundschulen. Nach Berechnungen des Ministeriums werde der Mangel an Grundschulen 2025 durch dann mögliche Neueinstellungen beseitigt sein, der Mangel im Förderschulbereich etwas später. Versorgungsprobleme würden sich perspektivisch vor allem im Bereich der Sekundarstufe I ergeben.
 

Novellierung des HPVG

Der HPRS trägt seine Kritik am Entwurf der Landesregierung zur Novellierung des Hessischen Personalvertretungsgesetzes (HPVG) vor, die sich wesentlich auf die mangelhaften Beteiligungsrechte und die gänzlich unzureichenden Freistellungsregelungen insbesondere für Schulpersonalräte bezieht. Insbesondere sei eine Novellierung der Verordnung zu den Freistellungen im Schulbereich zwingend geboten. Der Minister erklärt, dass das Gesetzgebungsverfahren nun erst anlaufe und entsprechende Forderungen dort eingebracht werden sollten. Schließlich verlasse kein Gesetz das parlamentarische Verfahren so, wie es eingebracht worden sei. An der Verordnung zu Entlastungsstunden für Schul- und Gesamtpersonalräte werde erst nach Abschluss der HPVG-Novelle gearbeitet.
 

Digitalisierung

Über die Schul-ID Hessen ist die dienstliche E-Mail-Adresse seit einigen Wochen erreichbar, allerdings nach wie vor nicht über ein einfaches „Single-sign-on-Verfahren“. Sollte die Nutzung der Schul-ID verbindlich werden, hat „der Dienstherr“ das technische Equipment auch für eine zweite Authentifizierung bereitzustellen. Kultusminister Lorz bestätigte, dass die Frage der Authentifizierung vor der Verbindlichkeit der Nutzung zu klären sei; angestrebt werde eine automatische Authentifizierung über das Dienstgerät selbst.
 

Bezüglich der gerichtlichen Auseinandersetzung um Live-Streams aus dem Unterricht will der Kultusminister zunächst das noch in diesem Jahr zu erwartende Urteil des EuGH abwarten, um im Anschluss mit dem HPRS weitere Maßnahmen zu erörtern, wie Persönlichkeitsrechte von Beschäftigten bei der Übertragung personenbezogener Daten zu schützen sind.
 

Noch immer sind sozialpädagogische Fachkräfte unzureichend mit dienstlichen Leihgeräten versorgt. Der Kultusminister betont, dass es in dieser Frage keinen „Zielkonflikt“ gebe. Im hessischen Langfristkonzept seien die sozialpädagogischen Fachkräfte grundsätzlich einbezogen. Zur Überbrückung der nächsten zwei Jahre soll erneut das Gespräch mit Schul­trägern und Schulämtern geführt werden, um eine Versorgung über die „Gerätepools“ sicherzustellen. Vermutlich handele es sich lediglich um ein „Matching-Problem“.
 

Zu den unzureichenden Ressourcen und Deputaten beim IT-Support und bei den schulischen Datenschutzbeauftragten erklärt der Kultusminister, dass diese Bereiche perspektivisch nicht durch Lehrkräfte bearbeitet werden sollten. Durch den Mangel an Fachkräften würden die Gelder für den IT-Support noch immer sehr schleppend abgerufen. Beim Datenschutz könnten externe Fachkräfte in den jeweiligen Schulamtsbereichen tätig werden und für mehrere Schulen verantwortlich sein.