Weiterbildung - Mindestlohn in Sicht

Aufruf für Mindestlohn in der Weiterbildung erfolgreich

Mai 2011

Im Oktober 2010 erklärte Ministerin von der Leyen lapidar, dass sie den vorliegenden Mindestlohn-Tarifvertrag der Weiterbildungsbranche nicht für allgemeinverbindlich  erklären  würde: Es läge kein öffentliches Interesse vor.

Die daraus resultierende Empörung bei Betroffenen und Fachleuten führte zum Weimarer Aufruf für Mindestlohn in der Weiterbildung. Weit mehr als 800 Menschen  unterschrieben  innerhalb kürzester Zeit diesen Aufruf, darunter auch die gesamte SPD-Bundestagsfraktion und prominente Vertreterinnen und Vertreter von Grünen und Linken.

Dieses überwältigende Echo führte dazu, dass die Frage des Mindestlohns in der Weiterbildung mit zum Paket der Hartz IV-Verhandlungen gehörte. Ich bin fest davon überzeugt, dass dies ohne den Weimarer Aufruf nicht passiert wäre.

Nun geht es darum, den erreichten Kompromiss in die Praxis umzusetzen. Die GEW erwartet von der Bundesregierung, den bestehenden Branchentarifvertrag umgehend für allgemeinverbindlich zu erklären. Nach allen öffentlichen Erklärungen ist der Mindestlohn in der Weiterbildung ein verbindlicher Bestandteil der Hartz-Kompromisse  im  Vermittlungsausschuss. Für die rund 25.000 Betroffenen im Segment der von der Bundesagentur für Arbeit geförderten Weiterbildung im Rahmen SGB II und III ist nun endlich  ein  Mindestlohn  in  Sicht. Dumpinglöhne von 1.500 Euro brutto bei voller Stundenzahl werden dann endgültig der Vergangenheit angehören.

So weit sind wir aber leider noch nicht. Mit der nun getroffenen Vereinbarung ist zwar die Ablehnung des Bundesministeriums  für  Arbeit  und Soziales vom Tisch. Die Vereinbarung sieht allerdings vor, dass es nun zu einem erneuten – vereinfachten – Verfahren  kommen  wird,  in  dem  die Tarifvertragsparteien  die  Datenbasis erneut darlegen müssen: Wie viele Beschäftigte sind in diesem Segment der Weiterbildung beschäftigt? Wie viele Arbeitgeber sind durch den Tarifvertrag gebunden? Wenn die Tarifpartner dies erledigt haben, wird ein neuer Antrag  auf  Allgemeinverbindlichkeit gestellt. Bis dahin gilt es, weiter Druck zu machen:

  • Beschäftigte und Betriebsräte müssen ihre Arbeitgeber von einem Beitritt in den Arbeitgeberverband überzeugen.
  • Die organisierten Kolleginnen und Kollegen müssen dazu beitragen, dass die Gewerkschaft in den Betrieben eine breitere Basis bekommt.

Wenn der Branchentarifvertrag für allgemeinverbindlich erklärt wird, ist der gewerkschaftliche Kampf um eine Tarifuntergrenze aber nicht beendet. In der Zukunft wird es darum gehen müssen, zunächst die Einhaltung der tariflichen Normen zu kontrollieren, auch weil in der Branche die Anzahl unseriöser Anbieter groß ist. Perspektivisch geht es weiterhin darum, in anderen Bereichen der Weiterbildung tarifliche Untergrenzen einzuziehen. Nicht zuletzt wird man nicht umhin kommen, Mindesthonorare  für  die  weitüberwiegend „unfreiwillig selbstständigen“ Lehrkräfte aushandeln zu müssen. Auch hier ist die Politik wieder mit im Spiel:
So weigert sich zum Beispiel das dem Bundesinnenministerium  zugeordnete Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seit Jahren, die Honorarsätze der Dozentinnen und Dozenten in Integrationskursen auf ein Niveau anzuheben, das sich an den Einkommen vergleichbarer angestellter Lehrkräfte orientiert.