GEW-Herbstakademie 2019

Zur Veranstaltung vom 24. und 25. Oktober in Frankfurt

HLZ 12/2019: Erwachsenenbildung

Durch die Umbrüche in den Unternehmen im Zusammenhang mit der Digitalisierung – Stichwort Industrie 4.0 – werden bis 2025 1,3 Millionen Arbeitsplätze wegfallen. Gleichzeitig werden 2,1 Millionen neue Arbeitsplätze erwartet, die aber keineswegs in den gleichen Branchen und in den entsprechenden Berufen entstehen werden. Dies ist ein wichtiger Befund aus dem Fachkräftemonitoring des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, den Fabian Langenbruch als Leiter der Unterabteilung „Digitalisierung und Arbeitswelt“ in diesem Ministerium im Rahmen der Herbstakademie vorstellte. Damit die damit verbundenen Herausforderungen im Sinne der Beschäftigten bewältigt werden können, kommt der beruflichen Weiterbildung eine maßgebliche Bedeutung zu. Aus gewerkschaftlicher Perspektive muss es aber auch darum gehen, diese Prozesse im Rahmen der betrieblichen Mitbestimmung und der gewerkschaftlichen Interessenvertretung zu begleiten und zu steuern.

Die Bedeutung der Weiterbildung im Zusammenhang mit der Digitalisierung zog sich als inhaltlicher roter Faden durch die Herbstakademie, die am 24. und 25. Oktober in Frankfurt stattgefunden hat (HLZ S.18-19). Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden von Isabell Diehm, Dekanin des Fachbereichs Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität, als Gastgeberin begrüßt. Sie wies bei dieser Gelegenheit auch auf die schwierige Situation hin, in der sich der Fachbereich aufgrund einer „fehlgeleiteten Hochschulentwicklung“ und einer „unverantwortlichen Unterfinanzierung der Hochschulbildung“ befinde. Marlis Tepe, Bundesvorsitzende der GEW, erinnerte an die Tradition der kritischen Erziehungswissenschaften an der Goethe-Universität, an die die Veranstaltung anknüpfe.

Birgit Koch zeigte als Vorsitzende der GEW Hessen im Rahmen ihrer Begrüßung auf, dass die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Weiterbildung, die oft als hochprekär zu charakterisieren sind, für die Bildungsgewerkschaft GEW ein wichtiges Thema darstellen. Ansgar Klinger, der im GEW-Hauptvorstand den Organisationsbereich Berufliche Bildung und Weiterbildung leitet, verwies auf eine Studie der GEW zur Finanzausstattung der Weiterbildung in den Bundesländern. Das Land Hessen gebe nur 0,16 Prozent seines Bildungsbudgets inklusive der Schul- und der Hochschulbildung für die Erwachsenenbildung aus. Um eine angemessene Finanzausstattung im Umfang von einem Prozent des Bildungsbudgets sicherzustellen, seien allein in Hessen 65 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich erforderlich.

In den ersten beiden Vorträgen stand die in diesem Jahr vorgelegte Nationale Weiterbildungsstrategie im Mittelpunkt (HLZ, Seite 18-19). Über deren Entstehen, die wichtigsten Inhalte sowie das geplante weitere Vorgehen informierte Fabian Langenbruch. Die Weiterbildungsstrategie spiegele sich bereits in dem von Arbeitsminister Hubertus Heil vorgelegten Entwurf für ein „Arbeit-von-morgen-Gesetz“, das beispielsweise das neue Instrument einer „Perspektivqualifizierung“ über Branchen hinweg ermöglichen soll. Kritische Anmerkungen zur Weiterbildungsstrategie machte hingegen Bernd Käpplinger, der an der Universität Gießen die Professur für Weiterbildung innehat. Er kritisierte unter anderem die zentralistische Anlage der Strategie, die dem Föderalismus und den Regionen nicht gerecht werde. Auch bemängelte er den Fokus auf die berufliche Weiterbildung, während die kulturelle und die politische Bildung außen vor blieben. In der Diskussion gestand Fabian Langenbruch ein, dass die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Weiterbildung wie auch die Sprachförderung in dem vorgelegten Strategiepapier nicht ausreichend verankert seien. Er sicherte aber zu, dass diese Themen im weiteren Umsetzungsprozess aufgegriffen werden sollen.

Auch die gewerkschaftliche Organisation der Beschäftigten in der Weiterbildung spielte im weiteren Verlauf der Herbstakademie eine wichtige Rolle. Diese wird durch die dezentrale Struktur des Weiterbildungssektors und durch die finanzielle Unterausstattung der Träger erheblich erschwert. Viele Träger setzen vor diesem Hintergrund anstelle von Festangestellten auf Honorarkräfte. Zwar konnte die GEW für Integrationskurse eine deutliche Erhöhung der vorgesehenen Honorare durchsetzen, von dieser profitieren aber nur die unmittelbar in diesen Kursen tätigen Pädagoginnen und Pädagogen. Hinter einer angemessenen, tarifvertraglichen Vergütung für diese Tätigkeit bleiben auch die erhöhten Sätze nach wie vor deutlich zurück. Zudem entstehen neue Ungerechtigkeiten, beispielsweise gegenüber Honorarkräften in anderen Kursen beim gleichen Träger. Diesen Gegensätzen eine auf Solidarität basierende gewerkschaftliche Strategie entgegenzusetzen, bleibt absehbar eine wichtige Aufgabe für die GEW.

Roman George