„Bessere Bildung nur mit mehr qualifiziertem Personal und guter Bildungsinfrastruktur zu erreichen!“

GEW Hessen sieht wenig Licht und viel Schatten im Koalitionsvertrag | Pressemitteilung

Nach Einschätzung der GEW Hessen werden im heute vorgestellten Koalitionsvertrag von CDU und SPD zwar viele wichtige Probleme benannt und Lösungen skizziert. Abzuwarten bleibt aber, wie die konkrete Politik in den kommenden Jahren im Bildungsbereich ausfällt. Zudem sind im Koalitionsvertrag auch Dinge vereinbart worden, die bildungs- und gesellschaftspolitisch Rückschritte darstellen.


Der GEW-Vorsitzende Thilo Hartmann bewertet einige Vorschläge zur Beseitigung des Lehrkräftemangels als positiv. Dazu zählten die im Koalitionsvertrag angekündigten Entfristungen von Vertretungskräften, der vorgesehene Ausbau des Quereinstiegs und der bedarfsgerechte Ausbau von Studienplätzen:

„Dabei handelt es sich um Maßnahmen, die wir in der Vergangenheit immer wieder gefordert haben. Der Lehrkräftemangel wird aber nur zu beseitigen sein, wenn der Beruf der Lehrkraft auch wieder attraktiver wird. Hier könnte die von CDU und SPD verabredete Anpassung der Arbeitszeitregelungen auf Basis der Arbeitszeiterfassung der Lehrkräfte hilfreich sein. Es ist auch lobenswert, dass an die häufig überlasteten Schulleitungen gedacht wird, denn diese sollen durch zusätzliche Verwaltungskräfte unterstützt werden. Aber für all diese Maßnahmen gilt: Die wenig präzisen Ankündigungen lesen sich gut, es kommt aber letztlich auf die konkrete Umsetzung an. Denn bessere Bildung ist nur mit mehr qualifiziertem Personal und guter Bildungsinfrastruktur zu erreichen.“

Der Koalitionsvertrag habe allerdings auch negative Seiten, so Hartmann: „Es ist vollkommen widersprüchlich, sich auf die UN-Behindertenrechtskonvention zu beziehen, und im gleichen Atemzug von Grenzen der Inklusion zu reden. Menschenrechte kennen keine Grenzen – an dieser Erkenntnis sollte auch die künftige Landesregierung ihre Politik ausrichten!“


Auf Ablehnung stößt bei der GEW auch der im Koalitionsvertrag festgeschriebene Zwang, auf eine gendergerechte Sprache zu verzichten. Dieses Verbot sei nicht einmal formal begründbar, da das Verwenden von Genderzeichen kein Verstoß gegen gültige Rechtsschreibregeln darstelle. Außerdem habe mit der SPD ein Koalitionspartner in seinem Wahlprogramm konsequent das Gendersternchen verwendet.

 

Sinnvoll ist nach Einschätzung von Heike Ackermann, eine der beiden stellvertretenden Vorsitzenden der GEW Hessen, das angekündigte Investitionsprogramm für die Schulträger:

In Hessen gibt es nach wie vor viele marode Schulen. Wenn die Landesregierung hier tätig werden sollte, ist das zu begrüßen. Aber wir brauchen endlich auch eine genaue Erhebung des Investitionsstaus im Schulbereich, um zu wissen, wohin die Mittel in welcher Höhe fließen müssen – nur so ist eine rationale Politik möglich.“

Erfreulich seien auch die in Aussicht gestellten zusätzlichen Mittel für die individuelle Förderung von Schüler:innen – hier sei das Land aufgefordert, nicht einfach die Mittel aus dem Bundesprogramm „Startchancen“ weiterzuleiten, sondern eigene zusätzliche Gelder einzusetzen.


Die GEW nehme zur Kenntnis, dass die Koalition aus CDU und SPD Kindertageseinrichtungen ganz deutlich als Orte frühkindlicher Bildung versteht – dazu Heike Ackermann: „Im Koalitionsvertrag werden wichtige Schlagworte genannt, deren Umsetzung wir als Bildungsgewerkschaft konstruktiv kritisch begleiten werden – im Sinne der Beschäftigten und der Kinder.“

 

Genau wie für die Schulen macht Simone Claar, die zweite stellvertretende Vorsitzende der hessischen GEW, für den Hochschulbereich ebenfalls wenig Licht und viel Schatten aus:

An den Hochschulen die Betreuungsverhältnisse verbessern, die Beschäftigungs- und Arbeitssituation evaluieren und mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse im Mittelbau zu schaffen – das alles sind zunächst einmal Vorhaben, die mit konkreten Maßnahmen und Finanzmitteln hinterlegt werden müssen. Aber auch hier kommt es darauf an, was konkret umgesetzt wird und wie angemessen die Maßnahmen ausfallen. Außerdem gibt es auch im Hochschulbereich Vorhaben, die zu hinterfragen sind. Es ist nicht nachvollziehbar, warum eine Landesförderung für private Hochschulen eingerichtet werden soll. Es fehlen nachweislich Mittel an den öffentlichen Hochschulen, für die ist das Land zuständig, und auf diesen sollte der alleinige Fokus bei der Hochschulfinanzierung liegen!“