Koalitionsvertrag: Studium und Lehre

Vergessene Versprechen und Lippenbekenntnisse | HLZ Februar 2024

Die versprochene bessere Hochschulfinanzierung soll anscheinend vor allem natur- und ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen zu Gute kommen. Warum werden hier geistes-, sozial- und kulturwissenschaftliche Fächer nicht erwähnt? Deren Unterfinanzierung bringt massive negative Folgen für die Betreuungsverhältnisse und damit die Studierenden mit sich. Wir fordern Dauerstellen für Daueraufgaben sowie mehr Studienplätze ohne NC für das Lehramt. Nur so kann die Qualität der Lehre gesichert werden!


Arbeiterkinder studieren nicht nur seltener, sie erreichen auch seltener die nächste Bildungsstufe. Es braucht daher konkrete Maßnahmen, die Informationsdefizite abbauen und finanzielle Mittel bereitstellen. Die geforderte BAföG-Reform haben die Parteien anscheinend ebenso vergessen, wie dass ein Drittel der Studierenden armutsgefährdet ist: Die extrem gestiegenen Lebenshaltungskosten treffen sie überdurchschnittlich hart, es gibt nicht einmal für zehn Prozent einen Wohnheimplatz. Wir fordern zügige Maßnahmen für flächendeckenden und bezahlbaren Wohnraum, eine grundlegende BAföG-Reform und die Streichung der Verwaltungskostenpauschale!


Die Aussagen zur Antidiskriminierung erscheinen als ein reines Lippenbekenntnis. Eine echte Auseinandersetzung mit dieser und mit Antifaschismus fehlt. Übergriffige Handlungen und das Verbreiten von menschenverachtenden, rechten Ideologien sind keine Seltenheit auf dem Campus. Hier wurde auf die Nennung von konkreten Maßnahmen verzichtet. Es hätten sich beispielsweise eine unabhängige Antidiskriminierungsstelle, kostenlose Menstruationsprodukte und die Einrichtung von FLINTA*-Toiletten angeboten. Wir erwarten, dass geflüchteten Hochschulmitgliedern vollumfänglicher Schutz zugesichert und die Unterstützung für internationale Studierende vorangetrieben wird. Bildungsabschlüsse müssen konsequent anerkannt werden. Außerdem kritisieren wir scharf, dass keine spezifischen Rahmenbedingungen oder Maßnahmen für ein klimagerechtes Handeln an Universitäten erwogen werden.


Die aktuelle Studie „Jung, akademisch, prekär“ zeigt, dass die Arbeitsbedingungen für studentische Hilfskräfte miserabel sind: Nur ein Drittel fühlt sich gut über ihre Arbeitsrechte informiert, zwei Drittel nimmt Urlaubsansprüche nicht wahr, ein Drittel arbeitet Krankheitstage nach. Es braucht endlich Sicherheit und einen Tarifvertrag für die ca. 11.000 studentischen Hilfskräfte an den hessischen Hochschulen!


Brandneue Einigung: Das Deutschlandticket kommt zum Preis von 60 Prozent des jeweiligen Abgabepreises an die Hochschulen. Mehrere hessische ASten kritisierten zuletzt das Angebot des RMV: Bisher kann das Deutschlandticket zum Hessenticket vergünstigt dazu gebucht werden. Das soll nun wegfallen. Stattdessen wird das Deutschlandticket, mit weniger Rückerstattungsmöglichkeiten, verpflichtend für alle. So kann es zu einer finanziellen Zusatzbelastung führen. Wir fordern also weiterhin ein soziales 19 Euro-Bildungsticket vom Land!
 

Auszug aus dem Koalitionsvertrag:

Gerade Hochschulen mit vermehrt technischen und ingenieurswissenschaftlichen Studiengängen sollen angemessene Berücksichtigung finden. (S. 23)


Wir werden zu einer Lösung gelangen, wie die Unterstützung der Kinder von Nichtakademikerinnen und Nichtakademikern an der Hochschule noch deutlich verbessert werden kann. (…) Eines unserer Leitbilder ist, dass an Hochschulen alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Hautfarbe, ihrer sozialen Herkunft und ihrer sexuellen Identität gleiche Chancen haben. Wir gehen konsequent gegen jede Art von Diskriminierung, insbesondere rassistische Diskriminierungen, vor. (S. 25)


Angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels liegt es im Interesse unserer Gesellschaft, mehr internationale Studierende und Promovierende nach Hessen zu holen und erfolgreich zum Abschluss zu führen. (…) Wir werden die Beschäftigungs- und Arbeitssituation an Hessens Hochschulen evaluieren und gegebenenfalls Konsequenzen ableiten. Dies betrifft die studentischen Hilfskräfte, (...) (S. 26)
 
Unser Ziel ist es, dass allen Studierendenschaften in Hessen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung die Möglichkeit offensteht, einen rechtssicheren Semesterticketvertrag abzuschließen, der ein deutschlandweit gültiges und vergünstigtes Ticket beinhaltet. (…) Wir werden deshalb die Studierendenwerke als bedeutende Säulen der Hochschulgemeinden und wichtige Partner des Landes stärken. Das bundesweit gelobte und erfolgreiche Programm „Studentisches Wohnen“ werden wir ausbauen. (S. 27)