Koalitionsvertrag: Hochschule und Forschung

Anerkennung alleine reicht nicht aus!| HLZ Februar 2024

In Hessen ist der Hochschulpakt der Kern der Finanzierung der Hochschulen. Dazu kommen noch Zielvereinbarungen mit den einzelnen Hochschulen. Der jetzige Hochschulpakt läuft noch bis 2025 und stellt 11,2 Milliarden Euro bereit, die pro Jahr um 4 Prozent erhöht werden. Die Gesamthöhe ist abhängig von der Studierendenzahl, aber insgesamt gedeckelt. Der Koalitionsvertrag erweckt zumindest den Anschein, dass erkannt wurde, dass die Hochschulen mehr Geld brauchen. Die 300 W-Professuren müssen ausfinanziert werden, denn bisher sind je nach Besoldungshöhe nur die Personalkosten gedeckt – die Ausstattung muss hingegen aus der Grundfinanzierung der Hochschulen geschaffen werden.


Allerdings bleibt sehr unkonkret, um welche Summen es gehen könnte. Dabei haben die Hochschulen schon für 2024 einen Mehrbedarf angekündigt, allein wegen der Energiepreise, aber auch wegen der zu erwartenden Tarifsteigerung der Beschäftigten. All das ist bisher nicht ausfinanziert. Es ist zu befürchten, dass die Unterfinanzierung auf dem Rücken von befristeten wissenschaftlichen Beschäftigten – und damit auch auf dem der Studierenden – ausgetragen wird. Nicht zuletzt angesichts der Aussagen zur Konsolidierung des Landeshaushalts könnten beispielsweise Stellensperren drohen. Deswegen sollte die Finanzierung privater Hochschulen nicht wie angekündigt ausgeweitet werden. Die Landesmittel sollten stattdessen ausschließlich den staatlichen Hochschulen zugutekommen.


Auf den ersten Blick scheint der Koalitionsvertrag einen Blick auf die Beschäftigungsbedingungen des sogenannten „Mittelbaus“ zu werfen. Der Kodex für gute Arbeit soll bestehen bleiben. Allerdings stellt dieser weiterhin eine reine Selbstverpflichtung zwischen den Hochschulen und dem Hauptpersonalrat Wissenschaft und Kunst dar. Der Kodex hat bisher kaum die realen Bedingungen der Beschäftigten geändert, er muss daher verbindlich ausgestaltet werden. Es bedarf auch entsprechender gesetzlicher Regelungen, um wirklich deutliche Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in Forschung, Lehre, Wissenschaftsmanagement und Verwaltung zu erreichen.


Unbefristete Beschäftigungsverhältnisse unterhalb der Professur werden im Koalitionsvertrag überraschenderweise benannt. Es bleibt jedoch unklar, was genau das politische Instrument von Seiten des Landes sein wird, um solche zu schaffen. Es reicht aus meiner Sicht nicht aus, dass die Hochschulen im Kontext ihrer Autonomie diverse Einzelstrategien für dauerhafte Beschäftigungsverhältnisse entwickeln. Es bedarf dazu landesweiter politischer Vorgaben. Darüber hinaus ist eine finanzielle Unterstützung für unbefristete Beschäftigungsverhältnisse für Promovierte erforderlich. Das bedeutet nicht nur die Neuschaffung von Stellen, sondern auch die Entfristung von zuvor befristeten Beschäftigten. Leider wurde die Gelegenheit verpasst, die Grundlagen für die Umsetzung gewerkschaftlicher Forderungen – wie die Einbindung der studentischen Hilfskräfte in den TV-H oder eine Befristungsquote – zu formulieren.


Die Zahlen des Statistischen Landesamtes, das von Vollzeitäquivalenten und nicht von Köpfen ausgeht, zeigen, dass Ende 2022 knapp 83 Prozent aller wissenschaftlichen Beschäftigten einen befristeten Arbeitsvertrag hatten. Entfristete Stellen finden sich vor allem bei Lehrkräften für besondere Aufgaben, die an allen Hochschultypen ein sehr hohes Lehrdeputat haben, welches deutlich über die Wochenarbeitszeit von 40 Stunden hinausgeht. An der Stelle bedarf es des Mutes des Landes, neue Wege zu gehen und eine Entfristungsoffensive zu starten, um auch an den Hochschulen die Fachkräfte zu halten. Für Anerkennung alleine bleiben die Kolleginnen und Kollegen nicht mehr im Wissenschaftssystem!
 

Auszug aus dem Koalitionsvertrag:

Wir sorgen weiterhin für eine auskömmliche und verlässliche Finanzierung, damit sich unsere Hochschulen erfolgreich positionieren können. Die Umsetzung und Gestaltung der Digitalisierung in Forschung, Transfer, Lehre und Verwaltung als neue Daueraufgabe der Universitäten braucht eine eigene Abbildung in der Grundfinanzierung. Genauso wollen wir die vollständige Ausfinanzierung des TenureTrack- sowie des 300 W-Programms, Praxissemester sowie die Lehrkräftebildung künftig in die Grundfinanzierung einbeziehen. Darüber hinaus führen hohe Inflationsraten, die Steigerung der Tarifkosten, der Energiepreise sowie die Bau- und Bauunterhaltskosten zu zusätzlichen Belastungen. (S. 23)
 

Wir halten am Kodex für gute Arbeit fest, werden ihn evaluieren und fortentwickeln. Wir wollen noch mehr unbefristete Beschäftigungsverhältnisse im Mittelbau schaffen und darauf hinwirken, dass die Hochschulen im Rahmen ihrer Autonomie den Mittelbau insgesamt noch weiter stärken. Dabei muss die Flexibilität der Hochschulen bei der Personalentwicklung erhalten bleiben. (S. 25)