Sechs Bundesländer bezahlen Grundschullehrkräfte nach A13

Nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit

HLZ 9-10/2019: Die Schule beginnt

Die GEW in Hessen legte vor rund zwei Jahren erstmals eine Vergleichsrechnung für die Besoldung von Grundschullehrerinnen und -lehrern in den Bundesländern vor. Mittlerweile haben mehrere Bundesländer beschlossen oder verbindlich angekündigt, dass Lehrkräfte an den Grundschulen nach A 13 bezahlt werden. Dadurch steigen die Unterschiede in der Bezahlung der Lehrkräfte an den Grundschulen zwischen den Bundesländern erheblich an. Hessen schneidet vergleichsweise schlecht ab. Bei ihrer Pressekonferenz zum Beginn des neuen Schuljahrs bekräftigten die GEW-Vorsitzenden Birgit Koch und Maike Wiedwald deshalb die Forderung der GEW Hessen, die Eingangsbesoldung der Lehrkräfte an Grundschulen an die ihrer Kolleginnen und Kollegen in den anderen Lehrämtern anzupassen und sie nach A13 bzw. E13 zu bezahlen. Dies sei nicht zuletzt auch aufgrund des Lehrkräftemangels in den Grundschulen und den zunehmenden Abwerbungen aus anderen Bundesländern „dringend geboten“.
Die gleiche Bezahlung für gleichwertige Arbeit ist auch ein Beitrag zum Abbau des Gender Pay Gap, denn auch in Hessen liegt der Frauenanteil in den Grundschulkollegien bei über 90 Prozent. Da die Arbeit in der Grundschule nicht ernsthaft als ungleichwertig im Vergleich mit Lehrtätigkeiten an anderen Schulformen angesehen werden kann, ist die Bezahlung nach A12 nicht zu rechtfertigen, sondern aufgrund des angesprochenen hohen Frauenanteils in den Grundschulen sogar als mittelbare Diskriminierung des Geschlechts anzusehen.

Mittlerweile haben die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Schleswig-Holstein – zum Teil im Rahmen einer stufenweisen Anpassung – beschlossen, Grundschullehrkräfte grundsätzlich nach A13 (bzw. E13) zu bezahlen. Das Land Niedersachsen konnte sich zwar noch nicht zu einer Höhergruppierung durchringen, allerdings sollen verbeamtete Lehrkräfte der Besoldungsgruppe A12 „als Einstieg in ein neues Besoldungssystem“ eine monatliche Zulage von 94 Euro (brutto) bekommen.

Es ist klar, dass die Höhergruppierung in den sechs Bundesländern die bisher schon bestehenden Unterschiede in der Bezahlung der Lehrkräfte weiter verschärften wird. Ein entsprechender Vergleich der Bundesländer ist allerdings kein einfaches Unterfangen, da die Besoldungsstruktur in allen Bundesländern recht verschieden aussieht. Dies kann z.B. auf der Homepage www.oeffentlicher-dienst.info nachvollzogen werden. Die Bezahlung von Beamtinnen und Beamten erfolgt bekanntlich gemäß einer bestimmten Besoldungsgruppe, die Stufenaufstiege in der jeweiligen Besoldungsgruppe fallen in den Bundesländern allerdings differenziert aus. Dadurch und verschärft durch die unterschiedlichen Arbeitszeiten wird ein Vergleich schwierig.

Im Schulbereich weisen die Bundesländer zudem nicht nur jeweils andere Pflichtstundenzahlen auf, sondern es bestehen auch verschiedene altersabhängige Ermäßigungen bei den zu leistenden Unterrichtsstunden: Die Bundesländer reduzieren die Pflichtstundenzahl mit steigendem Alter. Dies erfolgt in sehr unterschiedlichem Ausmaß und zu anderen Zeitpunkten.
Schon ein Blick auf die Eingangsbesoldung und die Endstufe in Tabelle 1 zeigt, wie ungleich die Bezahlung in den Bundesländern auf Basis der gegenwärtigen Beschlusslage in den Bundesländern in Zukunft ausfallen wird.

Wirklich aussagekräftig für einen Bundesländervergleich wäre allerdings das Lebenseinkommen. Zumindest modellhaft kann eine solche Berechnung vorgenommen werden. Dabei gehen wir vom einfachen Fall einer unverheirateten Person aus, die 40 Jahre ununterbrochen berufstätig ist. Grundlage der Vergleichsberechnung ist die jeweils aktuell gültige Besoldung unter Berücksichtigung einer Besoldungsanpassung im Jahr 2019. Natürlich werden sich in Zukunft die Besoldungstabellen im Laufe der Zeit durch die mehr oder weniger starke Übertragung der Tarifergebnisse auf die Besoldung verändern. Zukünftige Besoldungsentwicklungen sind aber nicht bekannt, und sie können deshalb auch nicht berücksichtigt werden.

Tabelle 2 zeigt die enorme Differenz der Lebenseinkommen zwischen den Bundesländern. Die sechs A13-Länder liegen mit deutlichem Abstand an der Spitze, ganz hinten befinden sich das Saarland und Rheinland-Pfalz. Das Lebenseinkommen fällt in Sachsen um 400.000 Euro (!) höher aus als im Saarland. Nur Bayern liegt als A12-Land noch über dem Mittelwert, aber der Abstand zu dem davor platzierten Bundesland Mecklenburg-Vorpommern beträgt immerhin schon fast 90.000 Euro. Hessen rangiert unter den Bundesländern im hinteren Drittel: Der Abstand zum Durchschnittswert beträgt fast 100.000 Euro und zum führenden Bundesland Sachsen sogar rund 320.000 Euro.

Noch schlechter schneidet Hessen ab, wenn man die Pflichtstundenzahl berücksichtigt, die mit 28,5 Unterrichtsstunden über dem Durchschnitt liegt. Auf dieser Grundlage  liegt Hessen um fast sieben Prozent unter dem Länderdurchschnitt und nur zwei Länder schneiden noch schlechter ab. Die A13-Länder setzen sich insgesamt weiterhin deutlich von den anderen Bundesländern ab. Am schlechtesten schneidet nach wie vor das Saarland ab, zusammen mit Rheinland-Pfalz. Am besten ist das Ergebnis von Sachsen, auch unter Berücksichtigung der Arbeitszeit.

Das Schaubild zeigt den unmittelbaren Vergleich der Besoldung nach A12 und A13 in Hessen mit dem Stufenaufstieg im Lauf einer 40-jährigen, ununterbrochenen Berufstätigkeit. Interessant ist auch hier wieder ein Vergleich der Gesamtsumme für die Lebensarbeitszeit. Dabei wird die aktuelle Tabelle als Grundlage für den Stufenaufstieg herangezogen: Die Differenz beträgt für das Bruttogehalt gut 267.000 Euro, für das Nettogehalt immerhin noch etwa 153.000 Euro. Dabei muss bedacht werden, dass sich die Gehaltsdifferenz auch in den Pensionen fortschreibt, was hier nicht berücksichtigt ist.

Damit ist zusammenfassend festzuhalten: Die Differenzen in der Bezahlung der Grundschullehrkräfte werden durch die längst überfällige Eingruppierung in die Besoldungsgruppe A13 in sechs Bundesländern massiv ansteigen. Das Bundesland Hessen belegt im Bundesländervergleich einen schwachen 12. Platz. Werden die unterschiedlichen Arbeitszeiten der Lehrkräfte berücksichtigt, verliert Hessen weiter an Boden und landet auf dem drittletzten Platz. Nur das Saarland und Rheinland-Pfalz schneiden noch schlechter ab.

Unter diesen Bedingungen wird Hessen immer größere Schwierigkeiten bekommen, Lehrkräfte für den Grundschulbereich anzuwerben. Eine Höhergruppierung von Lehrerinnen und Lehrern an Grundschulen in die Besoldungsgruppe A13 ist dringend geboten.

Kai Eicker-Wolf

Kai Eicker-Wolf ist finanzpolitischer Referent der GEW Hessen. Die vollständige Expertise findet man auf der Homepage der GEW Hessen.

Tabelle 1: Besoldung von Grundschullehrkräften | Eingangsbesoldung und höchste Besoldungsstufe

Bundesland

Besoldungsgruppe

Einstiegsbesoldung in Euro

höchste Besoldungsstufe

in

Euro

nach ... Jahren

Baden-Württemberg

A 12

44.928

58.453

26

Bayern

A 12

45.960

59.747

26

Berlin

A 13

47.966

62.100

23

Brandenburg

A 13

48.721

62.700

26

Bremen

A 13

50.326

61.995

24

Hamburg

A 12

44.705

56.272

28

Hessen

A 12

42.503

56.762

23

Mecklenburg-Vorp.

A 13

46.472

62.860

28

Niedersachsen

A 12

44.407

57.609

26

Nordrhein-Westfalen

A 12

43.852

56.801

26

Rheinland-Pfalz

A 12

41.263

56.242

29

Saarland

A 12

40.757

55.430

28

Sachsen

A 13

48.593

66.128

28

Sachsen-Anhalt

A 12

41.956

57.019

23

Schleswig-Holstein

A 13

48.153

62.076

26

Thüringen

A 12

41.608

56.896

28

Besoldung zum Teil Prognose; die Eingruppierung nach A13 ist bereits vollzogen oder beruht auf den Ankündigungen der jeweiligen Landesregierung. Quelle: www.oeffentlicher-dienst.info

Tabelle 2: Hypothetisches Lebenseinkommen  einer Grundschullehrkraft (ledig, keine Kinder)  in 40 Jahren im Bundesländervergleich*

Bundesland

40-Jahres-Verdienst

in Euro

Abweichung vom Durchschnitt

in Euro

in %

Sachsen

2.417.621 €

215.591 €

8,9 %

Bremen

2.341.955 €

139.925 €

6,0 %

Brandenburg

2.340.974 €

138.944 €

5,9 %

Berlin

2.335.107 €

133.077 €

5,7 %

Schleswig-Holstein

2.315.966 €

113.936 €

4,9 %

Mecklenburg-Vorp.

2.312.095 €

110.065 €

4,8 %

Bayern

2.224.366 €

22.336 €

1,0 %

Baden-Württemberg

2.175.886 €

-26.144 €

-1,2 %

Niedersachsen

2.146.626 €

-55.404 €

-2,6 %

Sachsen-Anhalt

2.116.700 €

-85.330 €

-4,0 %

Nordrhein-Westfalen

2.116.538 €

-85.492 €

-4,0 %

Hessen

2.106.613 €

-95.417 €

-4,5 %

Hamburg

2.096.819 €

-105.211 €

-5,0 %

Thüringen

2.087.209 €

-114.821 €

-5,5 %

Rheinland-Pfalz

2.062.073 €

-139.957 €

-6,8 %

Saarland

2.035.936 €

-166.094 €

-8,2 %

Durchschnitt

2.202.030 €

-

-

*Unterstellt werden ein Berufseinstieg mit 27 Jahren und eine 40-jährige, ununterbrochene Berufstätigkeit. Die Eingruppierungen in die Besoldungsstufe A13 sind bereits vollzogen oder beruhen auf den Ankündigungen der jeweiligen Landesregierungen. Es wird mit einem Stufenaufstieg gemäß der jeweiligen Aufstiegsintervalle gerechnet. Bei Niedersachsen ist die monatliche Zulage von 94 Euro berücksichtigt.

Quelle: www.oeffentlicher-dienst.info, eigene Berechnungen

Text mit Diagramm "Die Entwicklung der Besoldungsgruppen A12 und A13 nach Berufsjahren"