Lehrkräftemangel an Grundschulen

Es fehlen mehr Lehrkräfte als von der KMK erwartet

HLZ 11/2019

 

Das Statistische Bundesamt hat im Wesentlichen drei Varianten zur Prognose der Zahl der Kinder im Grundschulalter vorgelegt: In Bezug auf die Geburtenrate und die Lebenserwartung liegen allen Varianten dieselben „moderaten“ Annahmen zugrunde, in Bezug auf die Wanderungsbewegungen wird zwischen einem niedrigen, einem moderaten und einem hohen Saldo unterschieden. Bis etwa 2025 unterscheiden sich die Varianten wenig, weil die Kinder der Altersgruppe von 6 bis unter 10 in ihrer großen Mehrheit heute schon geboren sind. Der hier abgedruckten Tabelle 1 liegt die mittlere Variante zugrunde.

Der Vergleich der von der KMK vorgelegten Zahlen mit den Zahlen des Statistischen Bundesamts macht deutlich, dass auch in Hessen von deutlich höheren Schülerzahlen auszugehen ist. Auf dieser Basis lässt sich problemlos der zusätzliche Bedarf an Grundschullehrkräften errechnen. Genau wie bei Klemm und Zorn wird auch in Anlehnung an die KMK die Zahl der Grundschulkinder pro Stelle mit einem Wert von 16,2 angesetzt.

In der Tabelle 2 wird zunächst der bisher von der KMK erhobene zusätzliche Bedarf ausgewiesen. Wird die KMK-Berechnung zur Lehrkräftelücke um die aufgrund der neuen Prognose des Statistischen Bundesamtes zu erwartenden zusätzlich fehlenden Lehrkräfte ergänzt, dann ergibt sich die in der Spalte „Gesamtlücke“ ausgewiesene Entwicklung: In den Schuljahren 2022/23 und 2023/24 ist mit 1.450 bzw. 1.300 fehlenden Lehrkräften zu rechnen. Angesichts des hohen Teilzeitanteils ist der hier von Klemm und Zorn übernommene Wert von 1,095 Personen pro Stelle eher zu niedrig, so dass die Zahl der fehlenden Personen noch höher sein dürfte.

Die hier aufgezeigte Entwicklung verlangt ein entschlossenes Handeln durch die Landesregierung. Wie die GEW wiederholt dargelegt hat, bezahlt das Bundesland Hessen seine Grundschullehrkräfte im Vergleich der Bundesländer vergleichsweise schlecht (2). Unter diesen Bedingungen und angesichts des deutschlandweit großen und steigenden Bedarfs an Grundschullehrkräften wird Hessen immer größere Schwierigkeiten bekommen, Lehrkräfte für den Primarbereich anzuwerben.

 

Tabelle 1:

Prognose der Zahl der Schülerinnen und Schüler im Grundschulalter

 

Schuljahr

KMK

Statistisches

Bundesamt

Differenz

Zusätzlicher Lehrkräftebedarf

in Stellen

in Personen

2018/19

219.832

223.200

+3.368

+208

+220

2019/20

221.116

226.176

+5.060

+312

+331

2020/21

223.921

231.136

+7.215

+445

+472

2021/22

226.911

237.088

+10.177

+628

+665

2022/23

230.169

243.040

+12.871

+795

+841

2023/24

233.590

247.008

+13.418

+828

+877

2024/25

236.380

249.984

+13.604

+840

+889

2025/26

237.857

249.984

+12.127

+749

+793

2026/27

238.647

249.984

+11.337

 

 

2027/28

238.800

248.992

+10.192

 

 

2028/29

238.253

248.000

+9.747

 

 

2029/30

237.056

246.016

+8.960

 

 

2030/31

235.283

246.016

+10.733

 

 

Quelle: Statistisches Bundesamt und KMK, zum Teil eigene Berechnungen

Tabelle 2:

Zahl der zusätzlich benötigten  Lehrkräfte

in den Grundschulen in Hessen

Schuljahr

nach KMK

zusätzlicher Bedarf
 nach Prognose

Gesamtlücke

2018/19

260

220

480

2019/20

170

331

501

2020/21

300

472

772

2021/22

280

665

945

2022/23

610

841

1.451

2023/24

430

877

1.307

2024/25

0

889

889

2025/26

-20

793

773

 

Quelle: Statistisches Bundesamt und KMK, eigene Berechnungen

 

Kai Eicker-Wolf

(1) Klaus Klemm/Dirk Zorn (2019): Steigende Schülerzahlen im Primarbereich: Lehrkräftemangel deutlich stärker als von der KMK erwartet, Gütersloh.
(2) Kai Eicker-Wolf (2019): Nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit, in: HLZ 9-10/2019.