Schulkampf auch noch 1994

25 Jahre IGS Jakob-Mankel-Schule in Weilburg

HLZ 11/2019: 50 Jahre IGS in Hessen

Wer denkt, dass sich der „Schulkampf“ über das gemeinsame Lernen in Integrierten Gesamtschulen und die „Zwangsförderstufe“ auf die 60er, 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts beschränkte, wird durch die folgenden Notizen von Jürgen Weil eines Besseres belehrt. Jürgen Weil, der sich auch als Seniorenvertreter im GEW-Kreisverband Oberlahn engagiert, erinnert sich an die Widerstände, mit denen die IGS auch noch im Jahr 1994 zu kämpfen hatte. Jürgen Weil war bis zu seinem Ruhestand Pädagogischer Leiter an der Jakob-Mankel-Schule (JMS) in Weilburg an der Lahn, die in diesem Jahr ihr 25-jähriges Schuljubiläum feierte. Da die Funktion des Pädagogischen Leiters zwischenzeitlich abgeschafft wurde, war Jürgen Weil einer der letzten Kollegen in dieser Funktion.

1994 wollen Eltern, Lehrer und Schüler, dass nach zwei Jahren freiwilliger Förderstufe an der alten Haupt- und Realschule auf der Westerwaldseite Weilburgs das „gemeinsame Lernen“ in einer Integrierten Gesamtschule weitergehen kann, die Klassengemeinschaften erhalten bleiben. Wird der Kreistag zustimmen? Die politische Mehrheit ist eigentlich gegen eine IGS. Zahlreiche Eltern wehren sich gegen die öffentliche Polemik des Verbandes der Lehrer (VdL), der von „Rattenfängern“ und „drittklassigen Abschlüssen“ spricht. Doch die Eltern kämpfen mit allen Mitteln für „ihre IGS“: Sie schreiben Leserbriefe im Weilburger Tageblatt und fahren mit Plakaten zur Kreistagssitzung nach Camberg. Das wirkt. Auch bei der CDU. Die SPD spricht von einer „einmaligen Chance und Strukturverbesserung“. Eine knappe Mehrheit sagt dann tatsächlich „Ja“ zur ersten IGS im Kreis Limburg-Weilburg. In Hessen gab es eine rot-grüne Regierung unter Ministerpräsident Hans Eichel (1991-1999). Kultusminister Hartmut Holzapfel und Staatssekretärin Christiane Schmerbach sind Befürworter der Gesamtschule, besonders in ihrer integrierten Form. Sie genehmigen das Konzept.

Am 17. September 1994 findet die große Einweihungsparty der neuen Jakob-Mankel-Schule statt. Kein Schüler, keine Schülerin wechselt auf eine andere Schule. Das pädagogische Konzept des JMS spiegelt sich in ihrem Schullied, das spontan auf einem Kollegiumsausflug entstand. Danach ist die JMS „eine Schule für alle“, die „neue Wege in Weilburg an der Lahn“ geht. Sie integriert alle Bildungsgänge, steht für den behutsamen Übergang aus der Grundschule und das Lernen mit- und voneinander. Es gibt so viel wie möglich gemeinsamen Unterricht im Klassenverband mit der Klassenlehrkraft, äußere Differenzierung nur so weit wie notwendig, Abschlüsse sollen so lange wie möglich offen gehalten werden. Die Kinder und Jugendlichen lernen „mit Herz, Hand, Kopf und Bauch“ und „mit Spiel, Spaß und Freude“. Die JMS will alle Fähigkeiten, Sinne und Neigungen ansprechen, nicht nur im Wahlpflicht- und Wahlbereich, und fördert Musik, Kunst, Theater, Bewegung und den Praxisbezug. Kurz: „Das Kind steht in der Mitte“.

Jürgen Weil

Eine kleine Broschüre zur Umwandlung der Schule in eine IGS, zu ihrer Entwicklung und ihrem heutigen Selbstverständnis findet man auf der Homepage der Schule: www.jakob-mankel-schule.de/books/25_jahre_jms/mobile/index.html