Warten auf die Mittel aus dem DigitalPakt Schule

Danke für nichts!

HLZ 3/2021: Mitbestimmung

„Die Digitalisierung unserer Schulen gelingt nur, wenn eine gute technische Ausstattung der Unterrichtsräume und geeignete pädagogische Konzepte mit gut ausgebildeten Lehrkräften ineinandergreifen.“ (Prof. Dr. R. Alexander Lorz, Hessischer Kultusminister)

Vor zwei Jahren, im März 2019, wurde der Digitalpakt beschlossen. Nina Weck, seit elf Jahren Lehrerin und IT-Beauftragte der Grundschule Oberes Ohmtal in Hessen, erklärt, warum sie jetzt anfängt, zur besseren digitalen Ausstattung ihrer Schule bei ortsansässigen Sponsoren auf Betteltour zu gehen:

Im März 2019 trat der DigitalPakt Schule in Kraft, mit dem der Bund den Ländern fünf Milliarden Euro  zur Verfügung stellt, um die Digitalisierung voranzutreiben. Die Länder selbst legen noch einmal 500 Millionen Euro oben drauf. Wegen der Corona-Krise ist noch eine weitere Milliarde hinzugekommen: 500 Millionen Euro davon für mobile Endgeräte für das Homeschooling und 500 Millionen Euro für die Administration von schulischen Computersystemen. Dem Land Hessen wurden hier 372 Millionen zugesprochen, die vom Land auf insgesamt 500 Millionen aufgestockt wurden. An Geld mangelt es also nicht.

Aber bis heute ist an unserer Schule kein Cent aus dem DigitalPakt angekommen. Dabei ist ein reflektierter, sicherer und konstruktiver Umgang mit digitalen Medien für Kinder und Jugendliche genauso bedeutsam wie Lesen, Schreiben und Rechnen. Das betrifft die Nutzung digitaler Medien im Unterricht genauso wie außerhalb der Schule.

Der Vogelsbergkreis hat sich bereits vor vielen Jahren auf den Weg gemacht, die Schulen digitaler auszustatten. Zu meinem Dienstantritt vor elf Jahren war bereits jedes Klassenzimmer mit einer Digitalen Tafel ausgestattet und wir sind seitdem per Kabel mit dem Internet verbunden. Das war damals sehr fortschrittlich! 

Dabei ist es jedoch geblieben. Bis heute hat sich an unserer Ausstattung nur wenig verändert. Der Computerraum wurde von 16 Arbeitsplätzen auf 22 aufgestockt und im Lehrerzimmer wurde ein WLAN-Accesspoint eingerichtet.

Warum geht alles so schleppend? Die Verantwortlichen beschreiben auf Nachfrage eine paradoxe Situation: Wegen der notwendigen Sofortmaßnahmen im Gefolge der Corona-Pandemie müssten „Planungsprozesse für die Maßnahmen aus dem DigitalPakt Schule zurückgestellt werden“. Dabei zeigen sich die Defizite und die Dringlichkeit der Digitalisierung an den Schulen in der Pandemie mehr denn je. 

Wir haben schon im Juni 2019 das für die Bewilligung von Mitteln aus dem DigitalPakt geforderte „Medienbildungskonzept" unserer Schule vorgelegt, in dem wir dargelegt haben, was wir benötigen und mit dem Geld vorhaben. Eine legitime Anforderung: Denn es ergibt wenig Sinn, Schulen einfach mit Geräteparks auszustatten, für deren Nutzung es keine pädagogischen Konzepte gibt und für die womöglich noch nicht einmal die Wartung gesichert ist. Wir haben ausführlich beschrieben, wie wichtig für unsere weitere Arbeit sowohl ein WLAN-Anschluss in jedem Klassenzimmer ist als auch die Ausstattung mit einem Klassensatz mit 25 mobilen Endgeräte. Seitdem warten wir!

Im März 2020, als wir von heute auf morgen vom analogen Unterricht auf (digitalen) Fernunterricht umschalten mussten, haben wir gemerkt, wie wichtig es gewesen wäre, die Kinder bereits vorher darauf vorzubereiten. Hätten wir bereits zu diesem Zeitpunkt Tab­lets im Unterricht einsetzen können, wären viele Kinder zu Hause selbständiger und sicherer gewesen und hätten nicht auf die Unterstützung ihrer Eltern hoffen müssen. Da dies aber nicht der Fall war, mussten wir auf die altbewährte „Zettelwirtschaft“ zurückgreifen - zum Unmut vieler Eltern, Kinder und Drucker! 

Seitdem ist wieder ein Dreivierteljahr vergangen. Die Coronakrise ist noch lange nicht zu Ende und es wird bis zu den nächsten Sommerferien immer wieder Phasen des Distanzunterrichts geben. 

Anfang Dezember schrieben wir einen Brandbrief an unser Medienzentrum. Wir haben berichtet, dass wir uns intensiv „über das Mauszentrum und andere Anbieter wie die Hopp Foundation“ fortbilden und dass der leihweise zur Verfügung gestellte iPad-Koffer des Mauszentrums „sehr, sehr stark genutzt“ wird. Wir haben deshalb gefragt, „ob und wenn ja wann wir mit einem oder zwei iPad-Koffern“ und der Bereitstellung von WLan in allen Klassenräumen rechnen dürfen. Denn, so fügten wir ironisch hinzu, der Empfang gehe „leider nicht durch die Wände“. In der Antwort wurden wir trotz einer fast zweijährigen Wartezeit mit dem Hinweis vertröstet, dass sich diese Situation angesichts der vielen Anfragen „nicht von hier auf gleich“ lösen lasse. WLAN werde im Rahmen des Glasfaserausbaus installiert, der jedoch an unserer Schule „nicht stattfindet“, weil der Raum Homberg/Mücke erst „nach dem Alsfelderraum geplant“ sei. Deswegen sei auch „bezüglich beantragter iPad-Koffer leider noch nichts in die Wege geleitet worden“. Immerhin seien „seitdem 8 von 42 Schulen mit WLAN“ ausgestattet worden.

Wohlgemerkt, der DigitalPakt wurde vor fast zwei Jahren beschlossen!

Nina Weck