Berufseinstiegsbegleitung am Ende?

Landesregierung verweigert Zuschuss zu Bereb-Maßnahmen

HLZ 7-8/2019

Die Berufseinstiegsbegleitung (Bereb) wird bisher zur Hälfte von der Bundesagentur für Arbeit finanziert, die andere Hälfte bezahlt der Bund aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds. Doch diese Förderung läuft in diesem Jahr aus. Die hessische Landesregierung ist nicht bereit, diese Hälfte der Finanzierung zu übernehmen. Für viele Schülerinnen und Schüler aus Förderschulen und Schulen mit inklusiver Beschulung bzw. im Bildungsgang Hauptschule hat sich die Berufseinstiegsbegleitung als wichtige Unterstützung im Übergang von der Schule in den Beruf erwiesen. Die Grundidee, die Jugendlichen bereits in der Schule „abzuholen“, ihnen einen „Coach“ im Prozess der Berufsfindung und im ersten Abschnitt ihrer Berufsausbildung zur Seite zu stellen, hat sich bewährt.

Die Vorsitzende der GEW Maike Wiedwald führte dazu in einem Brief vom 10. April 2019 an die zuständigen Landesminister Klose (Sozialministerium), Lorz (Kultusministerium) und Al-Wazir (Wirtschaftsministerium) aus: „Die Bundesanstalt für Arbeit ist bereit, ihren Anteil an der Finanzierung auch weiterhin zur Verfügung zu stellen. Wir fordern Sie als zuständige Minister des Landes Hessen auf, den erforderlichen Anteil zur Finanzierung des Programms wie andere Bundesländer auch aus Landesmitteln zur Verfügung zu stellen und hierzu eine Vereinbarung mit der Bundesagentur anzustreben.“

Bis zum Redaktionsschluss dieser HLZ Mitte Juni lag keine Reaktion seitens der Ministerien vor. In einer Debatte zur Fortsetzung von Bereb im Unterausschuss „Bündnis für Ausbildung“ des Berufsbildungsausschusses, die von den Gewerkschaftsvertretern angestoßen wurde, begründeten Vertreterinnen und Vertreter der Ministerien die Ablehnung der Landesregierung: Die wissenschaftliche Evaluation des Projekts habe ergeben, dass die Arbeitsbedingungen für den überwiegenden Teil der Berater schlecht seien, was sich auf den Erfolg (oder Nichterfolg) der Maßnahme auswirke. Sie wiesen auf die häufig unzureichende sächliche Ausstattung und auf Qualifikationsprobleme hin. Insgesamt 14 Bundesländer hätten – genau wie Hessen – eine Landesfinanzierung zur Fortführung des Programms abgelehnt. Bemängelt wurde weiterhin, dass die Agentur für Arbeit dem Land Hessen keine ausreichenden Mitspracherechte bezüglich der vom Land gewünschten Veränderungen des Programms einräume: „Wir setzen Qualität über Kosten.“ Die vom Land finanzierten bzw. in Hessen angebotenen Maßnahmen wie OloV (1) oder QuABB (2) seien als Unterstützungsangebote für diese Jugendlichen ausreichend.

Kommunalvertreter unterstützten diese Positionen des Landes und schilderten am Beispiel der Stadt Wiesbaden, dass die miserablen Arbeitsbedingungen der Berater zu einer suboptimalen Beratung der Jugendlichen führten, die oft nicht in Ausbildung, sondern in Maßnahmen wie das Berufsvorbereitungsjahr weitergeleitet würden, statt für eine Ausbildung zu sorgen. Es fehle zudem an Büroräumen und es gebe Probleme bei der Fahrtkostenerstattung. Zu viele Mittel flössen an die Träger, nicht in die Arbeit mit den Jugendlichen. Eingeräumt wurde, dass die Idee des Projekts, problematische Jugendliche durch feste Bezugspersonen aus der Schule heraus in eine Ausbildung zu begleiten, grundsätzlich gut sei. Aber die Umsetzung sei katastrophal, weswegen man froh über das Ende sei.

Am Rande der Sitzung wurde berichtet, dass der Finanzminister sein Veto bezüglich einer Finanzierungsbeteiligung des Landes eingelegt habe, da der Gesamtrahmen von 36 Millionen, davon die Hälfte vom Land, für 1.400 von Bereb betreute Jugendliche zu hoch sei und in keinem Verhältnis zum Erfolg der Maßnahme stehe.

Die Vertreterin der Agentur für Arbeit führte aus, dass sie weiterhin zu dem Projekt stünden. Die Projektgelder seien noch da, die Agentur für Arbeit sei weiterhin bereit, zu verhandeln, auch über die Bedingungen der Umsetzung. So bleibt noch ein Hoffnungsschimmer, dass es im Nachtragshaushalt zu einer Finanzbeteiligung des Landes kommt. Zumindest hat die Linke im Landtag angekündigt, dies einzubringen. Sie führte dazu am 27. Mai eine Anhörung mit betroffenen Berufseinstiegsbegleiterinnen und -begleitern durch, die über eine positive Umsetzung der Maßnahme in ihren Regionen berichteten. Die Landesregierung in Thüringen sagte inzwischen eine Kostenübernahme zu (HLZ S. 6).

Auch die GEW setzt sich für eine Fortsetzung ein, lässt aber keinen Zweifel an der Notwendigkeit für Verbesserungen. Sie fordert in dem Schreiben der GEW-Vorsitzenden, „dass abschlussgefährdete Schülerinnen und Schüler an allen Schulen, an denen inklusive Beschulung stattfindet oder die Abschlüsse im Bildungsgang Hauptschule vergeben, die Möglichkeit einer Berufseinstiegsbegleitung erhalten“.

Die Maßnahme nur an den Schulen fortzusetzen, die seit Jahren über die Maßnahme verfügen, trage den Veränderungen gerade in den Ballungsgebieten nicht Rechnung. So seien beispielsweise in Frankfurt die Hauptschulen aufgelöst und flächendeckend durch neue Gesamtschulen ersetzt worden. Damit seien auch die Bereb-Maßnahmen weggefallen, ohne dass sich an den Problemen der Schülerinnen und Schüler etwas geändert habe.

Außerdem setzt sich die GEW für eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Berufseinstiegsbegleiterinnen und Berufseinstiegsbegleiter ein: „Befristete Arbeitsverhältnisse mit relativ schlechter Bezahlung führen bei manchen Trägern dazu, dass kaum noch qualifizierte Sozialarbeiter*innen oder Sozialpädagog*innen mit Erfahrungen in diesem Feld gefunden werden. Eine Orientierung an den Qualifikationseinstufungen und Entgeltsätzen des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst muss Grundlage der Ausschreibung und Vergabe an die Träger sein.“

Christoph Baumann, Referat Schule und Bildung im GEW-Landesvorstand

(1) Optimierung der lokalen Vermittlungsarbeit im Übergang Schule – Beruf www.olov-hessen.de
(2) Qualifizierte Ausbildungsbegleitung www.quabb-hessen.de