Koalitionsvertrag: Berufsbildende Schulen

Viele Bekenntnisse, wenig Substanz | HLZ Februar 2024

 

Das Bekenntnis zur „Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und einer erfolgreichen Berufsorientierung“ klingt gut, „passgenaue Unterstützung“ für den Übergang von der Schule in die Ausbildung wird sogar wörtlich zweimal „garantiert“. Offen bleibt jedoch, wie genau dies geschehen soll. Weshalb wird nur Unterstützung, aber keine Ausbildung garantiert? Interesse an einer Ausbildung im Handwerk zu fördern, ist sinnvoll. Fachkräftemangel gibt es aber auch in vielen anderen Bereichen.


Die Fachlehrkräfte für Arbeitstechnik tragen entscheidend zum Praxisbezug von Ausbildung bei. Die GEW setzt sich für die Anerkennung ihrer Kompetenzen und die Abschaffung von Benachteiligungen der Fachlehrkräfte ein. Im Koalitionsvertrag werden sie nicht erwähnt.


Am problematischen Konzept „Zukunftsfähige Berufsschule“ hält die Landesregierung fest, jedoch sollen – hier werden Forderungen der GEW und weiterer Akteure aufgenommen – „Spielräume“ für die Schulen erweitert und die Schließung von Ausbildungsstandorten verhindert werden. Wir werden die Koalitionspartner beim Wort nehmen und die zugesagte „Partizipation und Transparenz“ mit Beteiligung von Gewerkschaften, die wir bisher vermisst haben, aktiv wahrnehmen. Videounterricht ist keine Lösung für eine umfassende Berufsbildung, zu der nicht zuletzt politische Bildung gehört. Der persönliche Kontakt in den Lerngruppen sowie mit den Lehrkräften ist wesentlich. Zur angekündigten Optimierung der Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung sollten Erfahrungen der Lehrkräfte und sozialpädagogischen Kräfte ernst genommen werden.


Der Koalitionsvertrag enthält viele Bekenntnisse: für Produktionsschulen, Jugendwerkstätten und Stärkung der Teilzeitausbildung, von Fachoberschule und Beruflichem Gymnasium. Entscheidend wird sein, wie diese Ziele konkret umgesetzt werden und ob genügend finanzielle Mittel hierfür bereitgestellt werden. „Eigenverantwortung“ von Schulen darf nicht die Verwaltung des Mangels bedeuten.
 

Auszug aus dem Koalitionsvertrag:

Der Schulversuch Berufsfachschule zum Übergang in Ausbildung soll flächendeckend ausgeweitet und optimiert werden. (…) Eine qualifizierte berufliche Erstausbildung befähigt Menschen zu einer kontinuierlichen und existenzsichernden Erwerbsbiografie (…). Wir stärken daher berufliche Bildung und bekennen uns zur Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und einer erfolgreichen Berufsorientierung. (…) Wirtschaft, Wohlstand und Fachkräftesicherung brauchen handwerklich interessierte Schulabgängerinnen und Schulabgänger ebenso wie solche, die eine universitäre Ausbildung anstreben. (S. 20)


Wir wollen die Teilzeitausbildung stärken, insbesondere für den beruflichen Wiedereinstieg und für Menschen mit familiären Verpflichtungen. (…) Jedem jungen Menschen, der eine Ausbildung machen möchte, garantieren wir eine passgenaue Unterstützung. (…) Ein besonderer Stellenwert kommt dem produktionsorientierten Lernen zu. (…). Fachoberschulen und berufliche Gymnasien bieten für Jugendliche, die frühzeitig berufsbezogene Schwerpunkte wählen, eine Alternative zu den gymnasialen Oberstufen; diese werden wir weiterentwickeln. (S. 21)


Wohnortnahe Ausbildungsstandorte mit einem entsprechenden schulischen Angebot sind sowohl im Interesse der Auszubildenden als auch im Interesse der ausbildenden Unternehmen, um weiterhin in der Fläche eine große Bandbreite beruflicher Ausbildungen zu ermöglichen. Wir setzen auf einen Prozess, der auf Partizipation und Transparenz aufbaut. Wir werden gemeinsam mit Schulen, Schulträgern, Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften, Kammern und Hochschulen Wege zu modernen Berufsschulen weiterentwickeln. Gleichzeitig erhalten die Berufsschulen mehr Eigenverantwortung. Wir werden die Sozialpartner auffordern, im Bund-Länder-Koordinierungsausschuss Einfluss auf die Fachrichtungen und Schwerpunkte, die gemeinsam beschult werden können, zu nehmen. Unter anderem zur Vermeidung von unnötigen Fahrwegen werden wir am etablierten digitalgestützten Unterricht festhalten und diesen bei Bedarf ausweiten. (…) Das Ampelsystem im Rahmen des Konzepts „Zukunftsfähige Berufsschule“ bleibt bestehen, aber wir werden das Instrumentarium erweitern und Spielräume für die Schulen gemeinsam mit allen Beteiligten weiterentwickeln, um die Schließung von Ausbildungsstandorten zu verhindern. Wenn die gelbe Ampelphase eintritt, werden wir die beruflichen Schulen darin unterstützen, mit Partnern vor Ort möglichst viele Ausbildungsberufe zu erhalten. Schulträgerübergreifende Organisationsformen in Form von Bezirks- und Landesfachklassen sollen die Ausnahme darstellen. (S. 22)