Koalitionsvertrag: Frühkindliche Bildung

Gute Ansätze, Finanzierung fraglich | HLZ Februar 2024

 

 

Aus Sicht der GEW beinhaltet der Koalitionsvertrag in Bezug auf frühkindliche Bildung eine ganze Reihe guter Ansätze. Ob diese aber auch wirkungsvoll, sprich mit ausreichend finanziellen Mitteln unterlegt werden, bleibt abzuwarten, beziehungsweise wird Aufgabe gewerkschaftlicher Interventionen sein. Zu den einzelnen Handlungsfeldern:

•    Kitafinanzierung: Das angedeutete verstärkte Engagement des Landes mit dem Ziel einer Entlastung der Kommunen ist dringend angezeigt und entspricht langjährigen Forderungen der GEW.
•    Fachkräftegewinnung: Die Ankündigung des Ausbaus der Ausbildungskapazitäten (auch Praxisintegrierte vergütete Ausbildung), die Abschaffung des Schulgeldes an privaten Fachschulen und eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse entsprechen GEW-Forderungen.
•    Fachkräftebindung/Qualität der pädagogischen Arbeit: Die in Aussicht gestellte bessere Berücksichtigung mittelbarer pädagogischer Arbeit wird von der GEW schon lange gefordert und ist positiv zu bewerten. Karriere- und Entwicklungsmöglichkeiten in den Kitas zu schaffen ist ebenfalls begrüßenswert, ebenso die Entlastung der Kitaleitungen von administrativen Arbeiten. Der unkritische Bezug auf multiprofessionelle Teams sowie die Ankündigung, diese leichter zuzulassen, ist abzulehnen. Unter dem Stichwort Multiprofessionalität ist die Öffnung des Fachkraftkatalogs vorangetrieben worden. Die damit verbundene Entqualifizierung des Berufs der Erzieherin und des Erziehers ist von der GEW und anderen Verbänden wiederholt kritisiert worden. Es steht zu befürchten, dass viele Beschäftigte angesichts der drohenden fortgesetzten Entwertung des eigenen Berufsfeldes dieses verlassen.


Erstes vorläufiges Resümee: Es gibt Licht und Schatten. Es fehlt im Koalitionsvertrag an belastbaren Angaben zur Finanzierung, es handelt sich erst einmal um Absichtserklärungen. Angesichts der enormen Verwerfungen im Bereich frühkindlicher Bildung steht zu befürchten, dass in Zukunft eben dann doch nicht ausreichend Mittel zur Verfügung gestellt werden, um die dramatische Situation zu entschärfen.
 


Auszug aus dem Koalitionsvertrag:

Neben der Familie stellen Krippen, Kitas und die Tagespflege für uns die ersten Bildungs- und Betreuungseinrichtungen dar. Bereits in den ersten Lebensjahren wollen wir jedem Kind, dessen Eltern dies wünschen, einen angemessenen, wohnortnah erreichbaren und qualitativ guten Betreuungsplatz zur Verfügung stellen. Um dies zu gewährleisten, muss das Bildungs- und Betreuungsangebot in allen Bereichen ausgebaut werden. Um der steigenden Nachfrage zu begegnen, werden wir ein Investitionsprogramm für den Kitaausbau und die Tagespflege aufsetzen. (…) Wir wollen zusammen mit den Kommunen eine langfristige Finanzierungsstrategie für die Betreuungskosten erarbeiten und hierdurch auch eine nachhaltige Entlastung der Kommunen bei den Betriebskosten erreichen. (S. 30)
 

Die Qualität frühkindlicher Bildung in der Kinderbetreuung wird maßgeblich über ausreichend und gut qualifiziertes Personal beeinflusst. Multiprofessionelle Teams sehen wir dabei als wichtigen Baustein. Wir werden daher eine vereinfachte Zulassung multiprofessioneller Teams ohne Einzelfallprüfungen in Kitas und Schulen ermöglichen. Wir schmieden gemeinsam mit den Kommunen einen Pakt für Personalgewinnung und -entwicklung. Deswegen werden wir einen Qualitäts- und Entwicklungsplan zusammen mit den Kommunen bis zur Mitte der Legislatur vorlegen. Hierbei werden die Verbesserungsmöglichkeiten der Rahmenbedingungen für Fachkräfte wie die möglichst weitgehende Freistellung der Kita-Leitung von administrativen Arbeiten, die Entlastung durch zusätzliche Verwaltungs- und Hilfskräfte, die mittelbare pädagogische Arbeit und die Interaktions- und Prozessqualität zwischen Kind und Fachkraft aufgegriffen. Wir wollen auch im Bereich Kita Karriereperspektiven und Aufstiegsmöglichkeiten für alle Beschäftigten schaffen. Um mehr Fachkräfte im Bereich der Erzieherinnen und Erzieher zu gewinnen, wollen wir insbesondere folgende Maßnahmen intensivieren:

•    Die praxisintegrierte vergütete Ausbildung (PIVA) wollen wir durch den Ausbau der bezahlten Ausbildung für Erzieherinnen und Erzieher weiterentwickeln.
•    Wir steigern die Zahl der Ausbildungsplätze an den Erzieherfachschulen bedarfsgerecht.
•    Die Schulgelder an privaten Erzieherfachschulen schaffen wir ab.
•    Die Anwerbung von Erzieherinnen und Erziehern aus dem Ausland wird intensiviert.
•    Ausländische Abschlüsse werden wir schneller und unbürokratischer anerkennen.
•    Die bisher beschlossenen Änderungen des Quereinstiegs werden wir evaluieren und bei Bedarf anpassen. (S. 31)