Jugendämter am Limit!

Mitarbeiter:innen schlagen Alarm | Pressemitteilung

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) Hessen erreichten in den letzten Wochen besorgniserregende Mitteilungen aus verschiedenen Jugendämtern. So wurde unter anderem aus Frankfurt a. M. und Darmstadt-Dieburg berichtet, dass Mitarbeiter:innen des Allgemeinen Sozialen Dienstes von ihren Teamleitungen angehalten wurden, Kinder und Jugendliche privat und persönlich in Obhut zu nehmen. Diese Leistung wird normalerweise von professionellen Einrichtungen mit entsprechendem Personalschlüssel und räumlicher Ausstattung durchgeführt. Thilo Hartmann, Vorsitzender der GEW Hessen, kritisiert dies scharf:

„Die Aufforderung zur persönlichen Aufnahme von Kindern und Jugendlichen setzt Mitarbeiter:innen unter Druck und führt zu einer absoluten Entgrenzung des Arbeitsverhältnisses. Die Maßgaben des Arbeitszeitgesetzes werden verletzt, „die Arbeit“ soll im wahrsten Sinne des Wortes mit nach Hause genommen werden.“


Um diesen Bedingungen vorzubeugen, sollten die Kommunen vielmehr dafür Sorge tragen, dass eine ausreichende personelle Ausstattung der Allgemeinen Sozialen Dienste sowie genügend Belegplätze in Einrichtungen zur Inobhutnahme bereitgehalten würden. Hartmann weiter:

„Wir fordern die Kommunen auf, den Rechtsanspruch auf Hilfen zur Erziehung zu gewährleisten. Es müssen genügend finanzielle Mittel für Personal und Hilfeleistungen in der Jugendhilfe bereitgestellt werden.“


Die GEW Hessen hatte schon in der Vergangenheit darauf hingewiesen, dass die steigenden Fallzahlen in der Jugendhilfe einen rechtzeitigen Ausbau der Angebotsstruktur und zusätzliches Personal erforderten. Die gesellschaftlichen Verwerfungen, die durch lange Jahre neoliberaler Politik hervorgerufen wurden, seien durch die Belastungen der Corona- Pandemie zusätzlich verschärft worden. „Immer mehr Menschen brauchen Hilfe und Unterstützung. Das darf nicht mit dem schleichendem Entzug des Rechtsanspruches der Betroffenen, sowie weiterer Belastung der Sozialarbeiter:innen verbunden sein“, warnt Hartmann abschließend.

 

Zum Hintergrund:

Die GEW Hessen hat Kenntnis über desolate Zustände im Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD/KJS) der Jugendämter sowie bei den freien Trägern der Hilfen zur Erziehung. Der Bedarf der Kinder, Jugendlichen und ihrer Familien wird häufig nicht mehr ausreichend von den Angeboten der Jugendhilfe gedeckt: Wartezeiten steigen, passende Angebote können nur schwer oder mit Kompromissen gefunden werden. Auf immer mehr hessischen Jugendämtern sind die Allgemeinen Sozialen Dienste überlastet. Dabei sind sie die erste Anlaufstelle von Familien in Not und Auftraggeber für weitere Hilfen. Kontaktzeiten zu Familien und damit der Anteil pädagogischer Arbeit werden gekürzt. Mit Unterstützungsmaßnahmen durch das Jugendamt wird unter anderem die Sicherheit und der Schutz von Kindern vor Verwahrlosung, Gewalt oder sexuellen Missbrauch in akuten Fällen gewährleistet. Auch die Teilhabe von Familien und Förderung von Kindern wird ermöglicht.