„Über den Tellerrand schauen"

Ein Gespräch über die Arbeit in Schul- und Gesamtpersonalrat | HLZ 4-5

Katja Pohl: Welche Themen sind in eurer Personalratsarbeit derzeit besonders wichtig?

Cornelia Barby: In der letzten Zeit beschäftigt uns im Gesamtpersonalrat sehr stark die voraussetzungslose Teilzeit. Anders als früher muss die Teilzeit jedes Jahr neu beantragt werden. Mit Hinweis auf den Lehrkräftemangel werden die Anträge im Grundschulbereich meistens abgelehnt. Das gleiche gilt für Sabbatjahre. In dem Zusammenhang kommt dann von den Kolleginnen und Kollegen die Feststellung, dass sie sehr belastet sind und mit einer vollen Stelle gar nicht mehr arbeiten können. Wir unterstützen sie bei ihren Widersprüchen gegen die Ablehnungen. Ein anderes Thema war das Lebensarbeitszeitkonto. Wir wollen den Ausgleich für die befristet Angestellten so organisieren, dass sie wirklich etwas davon haben. Weitere Themen waren der Frauenförderplan, der Ganztag und Vertragsverlängerungen oder Entfristungen der befristet TV-H-Beschäftigten.

Bernd Ruppel: Jedes Jahr im Frühling kommt die Entlastung für die Abiturkorrekturen zur Sprache. Da erwarten wir eine Regelung vom Land und wir wollen natürlich auch auf unserer Ebene das Bewusstsein dafür wachhalten, dass das eine enorme Belastung ist, die vernünftig ausgeglichen werden muss, was bisher allerdings nicht ausreichend passiert.

Nathalie Thoumas: In meiner Tätigkeit als Schulpersonalratsvorsitzende habe ich derzeit viel mit rechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Wiedereingliederung von Kolleg­innen und Kollegen nach längeren Erkrankungen zu tun. Teilzeitanträge wurden bei uns bisher nicht abgelehnt. Wir befassen uns aber mit der Stundenplangestaltung. Wer in Teilzeit arbeitet, soll einen freien Tag bekommen. Bei uns gibt es wegen des Lehrkräftemangels viele prekär Beschäftigte mit befristeten TV-H-Verträgen. Wir bemühen uns darum, dass ihre Verträge verlängert oder entfristet werden und beraten sie wegen der Eingruppierung und der Anerkennung ausländischer Studienabschlüsse. Die ausgebildeten Kolleginnen und Kollegen sind häufig überlastet. Außerdem wollen wir Transparenz und eine gerechte Verteilung der Deputat­stunden erreichen, letztlich sind es jedoch zu wenige. Wir haben uns wegen der schwierigen Arbeitsbedingungen in den Intensivklassen an das Staatliche Schulamt gewendet. Es gibt auch viele Verhaltens- und soziale Probleme in den Klassen. Wir bräuchten mehr Schulsozialarbeit.

Bernd Ruppel: Zu unserem Alltagsgeschäft gehören um diese Zeit die Versetzungsanträge. Wir unterstützen, dass Einversetzungen aus anderen Schulamtsbezirken zu uns möglich werden und umgekehrt. Während des gesamten Schuljahrs und gehäuft vor dem Halbjahres- und Schuljahresende fragen wir nach Erläuterungen für Abordnungsmaßnahmen, besonders wenn sich einzelne Kolleg:innen oder örtliche Personalräte an uns wenden. Die aktive Informationsbereitschaft des Schulamtes ist nach meinem Eindruck geringer geworden.

Katja Pohl: Worauf führt ihr das zurück?

Cornelia Barby: Früher haben wir direkt von der Sachbearbeitung Tabellen bekommen, beispielsweise mit Daten über die anstehenden Pensionierungen, auch wie viele Personen in den vorzeitigen Ruhestand oder in die Dienstunfähigkeit gehen. Diese Informationen bekommen wir jetzt nicht mehr. Die Versetzungslisten und die Abordnungen bekommen wir, aber auch da muss man ganz genau nachfragen. Für wie lange sind die Abordnungen geplant? Mit welcher Qualifikation? Es ist eine ganz schöne Sisyphusarbeit.

Bernd Ruppel: Ich habe den Eindruck, das Schulamt sieht sich als Schutzschild des Ministeriums. Es darf nichts an die Öffentlichkeit dringen, was in irgendeiner Weise negativ interpretiert werden kann. Es ist zu einer Unkultur geworden, dass Anfragen von Kolleginnen und Kollegen oder Schulpersonalräten nicht beantwortet werden. Sie wenden sich dann an den Gesamtpersonalrat.

Cornelia Barby: Was gut funktioniert, sind unsere Kommissionssitzungen, die wir mindestens einmal im Halbjahr am Schulamt organisieren, wo wir mit jedem Dezernenten die Situation an den Schulen besprechen. Da bekommen wir ganz klar vorgelegt, wie sind das Soll und das Ist und welche Personalmaßnahmen sind angedacht.

Katja Pohl: Welche weiteren Erfolge eurer Arbeit seht ihr?

Bernd Ruppel: Wir haben zwei Dienstvereinbarungen überarbeitet, eine zum Betrieblichen Eingliederungsmanagement und eine zur inklusiven Beschulung.

Cornelia Barby: Was uns in den letzten drei Jahren ebenfalls gelungen ist, ist der Handlungsleitfaden zum Umgang mit Teilzeitbeschäftigten – ein sehr nützliches Papier.

Bernd Ruppel: Vom Schulpersonalrat möchte ich zwei Punkte nennen: Für die befristet Beschäftigten mit Jahresverträgen haben wir erreicht, dass sie einen Ausgleich für das Lebensarbeitszeitkonto bekommen. Und wir haben in Zusammenarbeit mit der Schulleitung ein Konzept für das Nachschreiben von Klausuren entwickelt, bei dem die Arbeitszeit für die Aufsicht angerechnet wird. Die Schulleitung wollte zuerst, dass wir das samstags machen und ohne Anrechnung. Das haben wir natürlich abgelehnt. Es ist eine Verbesserung für den Ablauf der Schule insgesamt und führt trotzdem nicht zu Mehrbelastungen.

Nathalie Thoumas: Ich überlege, wo wir als Schulpersonalrat Erfolge haben. Die externen Bedingungen machen uns die Arbeit oft sehr schwer. Wir verwalten in der Schule häufig den Mangel. Ich kann jetzt keine Jubelrufe geben. Ich finde sehr positiv, dass die Schule sich auf den Weg gemacht hat, ein neues Konzept zu entwickeln für eine offene Schule und mit einem neuen Leitbild. Dass die Kollegen mit ausländischen Abschlüssen eine Perspektive haben, entfristet zu werden und ihre Abschlüsse anerkennen zu lassen, ist gut. Ein Großteil unserer Arbeit ist nicht öffentlich. Wir unterstützen einzelne Kolleginnen und Kollegen. Das ist ein wichtiger Teil der Personalratsarbeit.

Bernd Ruppel: Ja, das ist ein breites Betätigungsfeld für den Personalrat. Ich finde, man muss bedenken, das merke ich auch im Gesamtpersonalrat, dass wir auf die Dauer gesehen doch viel erreichen, selbst wenn wir manchmal das Gefühl haben, es kam nichts rum. Allein dadurch, dass wir nachfragen, muss schon Rücksicht genommen werden.

Cornelia Barby: Und persönlich sehe ich als einen großen Erfolg, dass wir eine gute Arbeitsweise entwickelt haben. Die GEW-Fraktion ist sehr fleißig und gut organisiert, mit vielen kleinen Arbeitsgruppen. Beim Beamtenbund ist das nicht immer so. Aber wir schaffen es, mit dem 15er-Personalrat der Dienststelle geschlossen gegenüberzutreten.

Nathalie Thoumas: Die Personalrätetreffen, die wir machen, die Informationsveranstaltungen, der Austausch und die Vernetzung zwischen Schulpersonalräten und Gesamtpersonalrat sind sehr gewinnbringend für die alltägliche Arbeit.

Bernd Ruppel: Ja, da kommt man leichter ins Gespräch über die Themen, um die es an allen Schulen geht.

Cornelia Barby: Wir versenden monatlich einen Newsletter für die Schulpersonalräte zu den aktuellen Themen. Und einmal im Jahr findet ein Personalrätetreffen statt, wo wir Informationen weitergeben, aber auch schulformbezogen einen Austausch ermöglichen. Das kommt immer sehr gut an. Zuletzt waren drei Viertel der Schulen vertreten. Außerdem besuchen wir als GEW-Fraktion an sitzungsfreien Tagen reihum einzelne Schulen, stellen uns in einer Personal- oder Dienstversammlung vor. Das ist eine Win-Win-Situation. Die Kollegien haben die Chance, uns etwas mitzugeben. Wir erfahren über Einzelfälle hinaus, was wichtig ist, und haben die Chance, unsere Arbeit vorzustellen und auch für die Personalratswahlen zu werben.

Katja Pohl: Wie groß ist der Zeitaufwand?

Cornelia Barby: Unterschiedlich, es ist ein Stoßgeschäft. In den ruhigeren Phasen kann man mal Schriftstücke genau nachlesen oder an Dienstvereinbarungen arbeiten. Als Vorsitzende habe ich eine größere Entlastung, aber für die einfachen Mitglieder sind sechs Wochenstunden knapp bemessen.

Bernd Ruppel: Im örtlichen Personalrat ist die eine Stunde viel zu wenig. Wir könnten im Interesse des Kollegiums noch besser arbeiten, wenn wir mehr Zeit für konzeptionelles Arbeiten hätten und nicht nur für das Tagesgeschäft.

Nathalie Thoumas: Wir treffen uns jede Woche. Da reicht eine Stunde nicht für die Beratungen und dann ist noch nichts darüber hinaus gemacht.

Katja Pohl: Was ratet ihr Kolleginnen und Kollegen, die zum ersten Mal als Personalräte kandidieren wollen?

Cornelia Barby: Ich empfehle auf jeden Fall, es mal auszuprobieren. Wenn man mitgestalten möchte, ist es interessant. Man braucht ein dickes Fell. Und man sollte Schulungen besuchen, um die Rechte und Pflichten gut zu kennen. Am besten auch gewerkschaftlich organisiert sein.

Nathalie Thoumas: Ja, in der GEW organisiert zu sein, sich zu vernetzen und über den Tellerrand zu schauen. Das kommt auch der Schule zugute.

Bernd Ruppel: Ich würde auch zuraten, es mal auszuprobieren. Es ist wirklich interessant und man kriegt nochmal ganz andere Einblicke in den Beruf.