Für gute Arbeit an den Hochschulen

Den Finger in die Wunde legen – gegen das Befristungsunwesen | HLZ 4-5

Die gesetzlichen Aufgaben und die gesellschaftlichen Erwartungen an die hessischen Hochschulen sind in den letzten Jahren weiter gestiegen. Sparzwänge aufgrund der Energie- und Heizkostenkrise und die Entwicklung digital unterstützter Lehr- und Lernformate seit der Corona-Pandemie haben die Hochschulen und ihre Beschäftigten stark herausgefordert und sehr viel (Mehr-)Arbeit erzeugt. Weitere Stichworte zu aktuellen großen überbetrieblichen Prozessen sind Digitalisierung, Informationsdatenmanagement und auch Cybersicherheit.

Nicht zuletzt durch die wettbewerbliche Orientierung der Hochschulen um Gelder und Studierende haben Verwaltungsaufgaben zu Ungunsten von Forschung und Lehre weiter zugenommen. Die Arbeitsbelastung der Beschäftigten in Lehre, Forschung und Verwaltung hat in den letzten Jahren ein Ausmaß erreicht, das den erfolgreichen Hochschulbetrieb in Hessen gefährdet. Ziele der Landesregierung – die wir teilen – wie Nachhaltigkeit, erfolgreiches Promovieren an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften und Antidiskriminierung wurden in ihrer Umsetzung deutlich limitiert. Die Lehrverpflichtung ist, insbesondere für Lehrkräfte für besondere Aufgaben mit 18 Semesterwochenstunden an Universitäten und 24 Semesterwochenstunden an Hochschulen, derart hoch, dass die Qualität der Lehre gefährdet ist. Insgesamt führt die hohe Arbeitsbelastung angesichts der Masse zusätzlicher Aufgaben zu Stress und Überarbeitung. Dies schädigt auf Dauer die Gesundheit der Beschäftigten.

Den Kodex weiterentwickeln

Die zukünftigen Personalräte an den einzelnen Hochschulen und im Hauptpersonalrat werden die Dienststellen und die Ministeriumsleitung auf diese Probleme nicht nur aufmerksam machen, sondern auch auf Lösungen drängen. Teil des Problems ist der Fachkräftemangel, der mittlerweile auch wichtige Bereiche der Hochschulen erreicht hat. Der Arbeitsplatz Hochschule muss attraktiver gestaltet werden, hierfür haben auch die Personalräte eine besondere Verantwortung. Ein bedeutender Erfolg der Personalräte war die Umsetzung sehr weitgehender Regelungen zum mobilen Arbeiten, die in der Zukunft beibehalten werden sollen. Wir wollen daher erreichen, dass das Land Ressourcen bereitstellt, damit Beschäftigte nicht auf den Kosten ihrer technischen Ausstattung für das mobile Arbeiten sitzen bleiben. Aber auch darüber hinaus muss in den Personalräten auf eine arbeitnehmerfreundliche Ausgestaltung der Digitalisierung geachtet werden. Ebenfalls im Sinne der Beschäftigten sollte die Erfassung der Arbeitszeit ausgestaltet werden. Hierzu haben sich alle Hochschulen mittels Dienstvereinbarungen auf den Weg gemacht. Es liegt auch an uns, mit dem Ministerium über hessenweite Vorgaben zu sprechen und die Praxis der Arbeitszeiterfassung zu überprüfen.

Mit dem Kodex für gute Arbeit an Hochschulen haben die Personalräte (bis auf den Personalrat der Goethe-Universität Frankfurt) mit den Dienststellenleitungen und dem Ministerium eine Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet, die zumindest graduelle Verbesserungen in Aussicht stellte. Eine Evaluation und kritische Prüfung erreichter oder noch zu erreichender Ziele ist nun längst überfällig. Auch mit einer neuen Ministeriumsspitze sollten die Fortschritte des Kodex überprüft und breit mit den Personalräten diskutiert werden. Auf Basis der Erkenntnisse setzen sich die GEW-Vertreter:innen im Hauptpersonalrat für eine Fortentwicklung des Kodex für gute Arbeit ein. Er muss zu einem Dokument werden, das diesen Namen in Absicht und Wirkung auch verdient. Wir wollen „den Finger in die Wunde“ legen und durch gezielte Kritik ein Motor für gute Arbeit sein. Im Kodex fehlen beispielsweise Themengebiete wie Gesundheitsschutz und Arbeitszeit, auch die verbeamteten Beschäftigten kommen nicht vor. Falls Dienststellen sich nicht an die Regelungen des Kodex halten und keine Verbesserungen anstreben, plädieren wir für gesetzlich verpflichtende Regelungen.

Ein weiteres zentrales Problem, das der Kodex bisher nicht adressiert, ist die massenhafte Befristung wissenschaftlicher und die überdurchschnittliche Befristung administrativ-technischer Mitarbeiter:innen. Daher ist eine wichtige Aufgabe des Hauptpersonalrats, die Entwicklung der Befristungsquoten genau zu verfolgen und auf die Erfüllung der im Hochschulpakt anvisierten Ziele zu drängen. Im Hochschulpakt sowie im Kodex ist von der Hochschulverwaltung fast keine Rede. Doch gute Forschung und Lehre brauchen eine starke Verwaltung. Hier sehen wir vor allem im Bereich Personalentwicklung und Höhergruppierung deutlichen Nachbesserungsbedarf: Es mangelt an strukturierten Aufstiegsmöglichkeiten in der Verwaltung. Es wäre im Sinne von Beschäftigten und des Landes, auf die Etablierung eines internen Stellenmarkts des öffentlichen Dienstes hessischer Einrichtungen hinzuwirken.

Mehr Einkommen, ohne Einsparungen

Die Hochschulen sind seit langem chronisch unterfinanziert. Es bräuchte den politischen Willen, dauerhaft mehr in Lehre, Forschung, Wissenschaftsverwaltung und Gebäudeinfrastruktur zu investieren. Wir wissen nicht erst seit herabstürzenden Hörsaaldecken und Raumsperrungen, dass das hessische Hochschulbauprogramm Heureka weitergehen muss. Durch die Inflation – insbesondere der Heiz- und Energiekosten – verpufften die durch den Hochschulpakt erreichten Steigerungen der Hochschulhaushalte. Aufgrund der fehlenden Kompensation der Tarifentwicklung durch das Land drohen den Hochschulen zusätzliche Engpässe. Besonders perfide ist, dass Stellenkürzungen in einen inhaltlichen Zusammenhang mit Einkommensverbesserungen für die Beschäftigten gestellt werden. Dies gibt es in keinem anderen Bereich des öffentlichen Dienstes.

Aus Sicht der GEW Hessen muss das Land die Tarifsteigerungen wieder in vollem Umfang ausgleichen. Sollte dies nicht erfolgen, ist aus unserer Sicht eine deutliche Anhebung der Mittel im nächsten Hochschulpakt zwingend. Die Konferenzen der hessischen Universitätspräsidien und Hochschulleitungen haben bereits vorgelegt und eine jährliche neunprozentige Steigerung bis 2030 gefordert. Als Sprachrohr der Beschäftigten wollen wir für eine Übernahme der Tarifsteigerungen plus Inflationsausgleich und jährlicher Grundsteigerung werben. Entscheidend ist für uns, dass es dabei keinen Abbau von Stellen, keine Stellensperren oder andere Regelungen geben darf, die einzelne Beschäftigtengruppen benachteiligen.

Personalräte setzen sich nicht nur für die Beschäftigten ein, sondern sind gerade in Zeiten einer zunehmend polarisierten Gesellschaft und aufgeheizter politischer Debatten ein wichtiges demokratisches Element, um in den Hochschulen für einen erklärenden und ausgleichenden Dialog zu sorgen und Mitbestimmung zu stärken. An den staatlichen Hochschulen des Landes und am Ministerium für Wissenschaft und Forschung, Kunst und Kultur (HMWK) werden vom 13. bis 15. Mai 2024 die Personalräte neu gewählt. Das administrativ-technische Personal, wissenschaftliche sowie verbeamtete Beschäftigte bilden jeweils eine Gruppe. Grundsätzlich kandidiert die GEW in der Gruppe der wissenschaftlichen Beschäftigten mit ihrer Schwestergewerkschaft ver.di auf gemeinsamen Listen. Neben der Wahl des örtlichen Personalrats an den einzelnen Hochschulen findet auch die Wahl des landesweiten Hauptpersonalrats statt. An der Technischen Universität Darmstadt sowie an der Goethe-Universität Frankfurt werden aufgrund der Autonomie dieser beiden Universitäten nur die örtlichen Personalräte gewählt.