Wahlprüfsteine zum Thema Soziale Arbeit

1. Wie schätzen Sie die personelle Situation im Bereich der Sozialen Arbeit (z.B. Jugendämter, ambulante, teil- und vollstationäre Hilfen zur Erziehung) in Hessen ein?
Aus unserem christlichen Menschenbild folgen die Wertschätzung, der Respekt und die Anerkennung für jeden einzelnen Menschen. Wer sich nicht aus eigener Kraft helfen kann, braucht die Solidarität der Gemeinschaft. Wir stehen daher für den sozialen Zusammenhalt unserer Gesellschaft, für mehr Miteinander und weniger Ellbogen – für ein soziales Hessen. Die Soziale Arbeit vor Ort leistet hierfür einen unverzichtbaren Beitrag. Die Zuständigkeit für eine bedarfsgerechte Personalausstattung der Jugendämter und der Hilfen zur Erziehung liegt bei den Landkreisen, kreisfreien Städten und Sonderstatusstädten. Insofern ist es für uns schwierig, Aussagen zur konkreten Personalsituation in diesem Bereich zu treffen. Uns ist jedoch bewusst, dass auch in diesem Bereich bundesweit ein Fachkräftemangel besteht, der örtlich zu Schwierigkeiten bei der Stellenbesetzung in der Kinder- und Jugendhilfe gibt. Diese sind jedoch arbeitsfeldspezifisch und regional differenziert zu betrachten. Insgesamt ist in den letzten Jahren ein deutlicher Personalzuwachs in den Jugendämtern zu verzeichnen. So zeigt die Jugendhilfestatistik, dass die Kommunen bundesweit und auch in Hessen die personellen Ressourcen in den Allgemeinen Sozialen Diensten (ASD) innerhalb der letzten zehn Jahre nahezu verdoppelt haben. Allein seit 2020 betrug der Zuwachs an Vollzeitäquivalenten im Bereich des ASD in Hessen in diesem Zeitraum 16,8 %, während er im Bundesdurchschnitt stagnierte. Dies zeigt beispielhaft die großen Anstrengungen der Gebietskörperschaften, die Jugendämter bedarfsgerecht mit Personal auszustatten. Im Rahmen des Bündnisses für Fachkräftesicherung werden daher unter Beteiligung der kommunalen Spitzenverbände Handlungsstrategien und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung u.a. im Themenfeld Kinder- und Jugendhilfe erarbeitet. Insbesondere in der Fokusgruppe Kinder- und Jugendhilfe wirken Vertreterinnen und Vertreter der öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe mit. Der Bündnisplan enthält Maßnahmen, die auf das gesamte Arbeitsfeld der Kinder- und Jugendhilfe ausgerichtet sind. Zudem führt die Landesregierung eine Fachkräftekampagne für die Kinderund Jugendhilfe durch. Darüber hinaus hat die Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter zur Unterstützung der Jugendämter eine Internetseite zur Fachkräftegewinnung und -bindung eingerichtet, die einen bundesweiten Informationsaustausch über geeignete Maßnahmen und Strategien ermöglicht.
Hier zeichnet sich das gleiche Bild wie in den Kindertagesstätten ab. Die Träger der Sozialen Arbeit stehen durch den akuten Fachkräftemangel vor immer größer werdenden Herausforderungen. Hinzu kommt, dass die letzten Jahre einen enormen Mehrbedarf an Betreuung hervorgerufen haben, der immer weniger bedient werden kann. In der Folge ist inzwischen die bedarfsgerechte Versorgung der Kinder und Jugendlichen gefährdet. Die derzeitige Landesregierung ist der Auffassung, dass die Fachkräftesicherung in den sozialen Berufen in erster Linie den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern obliege und sich dieser Sektor dabei nicht von anderen Wirtschaftszweigen unterscheide. Das finden wir sehr naiv, schließlich hängen die Arbeitsbedingungen im Sozialbereich ganz entscheidend vom politischen Rahmen und den zur Verfügung stehenden öffentlichen Mitteln ab.
Auch in den Bereichen der sozialen Arbeit besteht ein Fachkräfte- und Personalmangel. Daher sehen wir auch in der Sozialen Arbeit den Bedarf, die Maßnahmen zur Fachkräftesicherung auszubauen und die Fachkräfteoffensive zu stärken. Mit steigenden Bedarfen ist es notwendig, genügend personelle Ressourcen zu haben.
Der Fachkräfte- und Arbeitskräftemangel ist ein zentrales Problem, dass sich allein in Hessen mit 2030 ca. 200.000 fehlenden Arbeitskräften abzeichnen wird. Diese Problemlage zeigt sich ebenfalls innerhalb der Sozialen Arbeit insgesamt. In der Berufsgruppe Erziehung, Sozialarbeit und Heilerziehungspflege wurden im vergangenen Monat laut der Agenturen für Arbeit allein 2.339 offene Stellen gemeldet.
Auch im Bereich der Sozialen Arbeit verschärft sich der Personalmangel zunehmend. Die komplexen Tätigkeiten haben ein hohes Anforderungsprofil, die oft nicht mit einer entsprechenden Vergütung und Wertschätzung einhergehen. Viele soziale Einrichtungen können ihren gesetzlichen Auftrag nur noch unter großem persönlichen Einsatz und Selbstausbeutung der Beschäftigung erfüllen.

2. Was werden sie tun, um die Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit zu verbessern?
Auch hier gilt, dass gute Arbeitsbedingungen eine wichtige Voraussetzung für eine gute Versorgung mit Fachkräften und damit für eine gute Betreuung in der Sozialen Arbeit sind. Wie bereits ausgeführt, ist es Aufgabe der Landkreise, kreisfreien Städte und Sonderstatusstädte, die Arbeitsbedingungen attraktiv zu gestalten und damit auch für eine bedarfsgerechte Personalausstattung der Jugendämter und der Hilfen zur Erziehung zu sorgen. Die CDU Hessen als Partner der Kommunen unterstützt sie selbstverständlich auch in dieser Aufgabe. So wollen wir zum Beispiel zur Stärkung der Jugendämter begleitende Kinderschutzkoordinatoren etablieren, die gemeinsam mit den Mitarbeitern der Sozialen Dienste fundierte Gefährdungseinschätzungen vornehmen und die daraus resultierenden notwendigen Maßnahmen umsetzen.
Die Arbeitsbelastung der Beschäftigten in den Kindertagesstätten, der Sozial-, Jugend- und Behindertenhilfe ist erheblich. Corona hat die ohnehin schwierigen Arbeitsbedingungen noch einmal verschärft. Es daher mehr als verständlich, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bessere Arbeitsbedingungen einfordern. Wir unterstützen diese Forderungen ganz ausdrücklich. Für uns liegt der Kern vor allem darin, dass die Bezahlung der Beschäftigten auch mit den gestiegenen Anforderungen im sozialen und erzieherischen Bereich Schritt halten muss. Nur so können wir Fachkräfte halten und neue gewinnen, was gleichzeitig zu einer Entlastung im Arbeitsalltag führen muss.
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Wir Freie Demokraten wollen attraktive und wettbewerbsfähige Arbeitsbedingungen schaffen. Das gelingt uns nur über eine Entlastung und einer effektiven Nutzung ihrer Arbeitszeit. Wir Freien Demokraten fordern daher, die Dokumentation der Arbeitskräfte zu verringern und den Aufwand für Bürokratie gering zu halten. Alltägliche Prozesse sollten strukturiert, standardisiert und verschlankt werden, unterstützt durch die Digitalisierung. Die Ziele sind hierbei eine Verbesserung der Betreuung der Menschen und des interdisziplinären Austauschs.
Die Vielschichtigkeit der Sozialen Arbeit lässt eine allgemeine Antwort auf diese Frage nur begrenzt zu. Feststeht, dass weite Teile der Sozialen Arbeit von befristeter Beschäftigung, Projektfinanzierung und der damit einhergehenden, sowie allgemeiner Bürokratie belastet sind. Hier muss und kann das Land durch eine dauerhafte und verbindliche Finanzierung statt einer immer stärkeren „Projektitis“ zu Stabilität und Entlastung beitragen. Das würde die Attraktivität der Arbeitsplätze deutlich erhöhen.

3. Was werden Sie tun, um mehr ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen und mehr Nachwuchskräfte auszubilden?
siehe oben.
Unser Ziel ist es, die Zahl der Nachwuchskräfte in den erzieherischen Berufen deutlich zu erhöhen. Auch hier gilt, was wir im Bereich der Kindertagesstätten zuvor bereits festgehalten haben: Wir wollen eine attraktive, SPD Landesverband Hessen vergütete und schulgeldfreie Ausbildung schaffen, für mehr Ausbildungskapazitäten an Fachschulen und in den Studiengängen zur sozialen Arbeit und Kindheitspädagogik sorgen, mehr Karriereoptionen für die Fachkräfte schaffen und Beschäftigungsverhältnisse anstreben, die eine eigenständige Existenzsicherung ermöglichen.
Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die beiden Fragen gemeinsam beantwortet. Auch für die soziale Arbeit ist die Bekämpfung des Fachkräftemangels ein zentrales Element zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen, denn mit mehr Personal sinkt die Belastung der Mitarbeitenden. Wir wollen die Fachkräfteoffensive zur Personalgewinnung und -ausbildung ausbauen. Dazu gehören vereinfachte Zugänge zu den Berufen, Programme zu Quereinstieg und Qualifizierung sowie eine schnelle Anerkennung von im Ausland erworbenen Bildungs- und Berufsabschlüssen. Darüber hinaus begrüßen wir die Initiativen auf Bundesebene zur Einführung eines Fachkräfteeinwanderungsgesetzes sowie einer Ausbildungsgarantie, denn insgesamt fehlt es in zahlreichen Branchen in Deutschland an genügend Fach- und Arbeitskräften. Die Zahl der Auszubildenden sinkt und es wird zusehends schwerer, Ausbildungsplätze zu besetzen. Um die Ausbildung aufzuwerten, braucht es neben einer wertschätzenden Entlohnung auch eine bessere Infrastruktur. Mit Ausbildungswerken wollen wir analog zu den Studierendenwerken in lokalen Netzwerken in Stadt und Land junge Menschen gezielt mit Wohnungsangeboten und weiteren Unterstützungsangeboten bei ihrer beruflichen Ausbildung unterstützen. Auch Jugendliche mit Lernschwierigkeiten sollen mit Hilfe aller Akteur*innen eine Chance auf einen Ausbildungsabschluss bekommen. Für die Fachkräftesicherung kommt dem Übergang von der Schule in den Beruf besondere Bedeutung zu. Praktika werden wir ebenso stärken wie mehr berufliche Orientierung für Schüler*innen aller Schulformen. Die Landesförderung für die praxis-integrierte vergütete Ausbildung für Erzieher*innen wollen wir perspektivisch auch für die Jugendhilfe öffnen, so dass auch angehende Erzieher*innen in der Jugendhilfe profitieren können. Wir sehen bspw. in der Neufassung der Richtlinien für (teil-) stationäre Einrichtungen in Hessen, die im März dieses Jahres beschlossen wurden, Potentiale zur weiteren Fachkräftesicherung. Durch die Erweiterung des Fachkräftekatalogs können mehr Studienabschlüsse zugelassen, sowie darüber hinaus auch Nicht-Fachkräfte mit anderweitigen Abschlüssen im Einvernehmen mit der Einrichtungsaufsicht eingesetzt werden. Da sich die Auswirkung auf die Personalsituation nicht direkt zeigt, werden wir die Situation weiter im Blick behalten und gegebenenfalls nochmal nachfassen und flankiert durch weitere Maßnahmen an der Fachkräftesicherung arbeiten. Grundsätzlich ist für uns die Anerkennung der Gleichwertigkeit von und die Förderung der Durchlässigkeit zwischen verschiedenen Bildungswegen nicht nur eine Frage der Wertschätzung individueller Stärken, Fähigkeiten und Lebensleistungen, sondern auch notwendig, um den hohen Fachkräftebedarf in vielen Ausbildungsberufen zukünftig decken zu können. Dafür braucht es eine Stärkung der beruflichen Orientierung und der Ausbildungsfähigkeit. Dafür wollen wir die WahlPflicht-Angebote in sozialen, gesundheitlichen und anderen berufsorientierten Bereichen stärken, genauso wie außercurriculare Angebote wie Praktika und Orientierungswochen. Zudem streben wir einen Bildungsgipfel an, in dessen Zentrum die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung und die Durchlässigkeit zwischen beiden Systemen steht. Dieser muss auch diejenigen in den Blick nehmen, die die Schule ohne Abschluss verlassen und sie auf ihrem Weg in den Beruf stärken und unterstützen. Darüber hinaus stehen wir ein für gerechte Löhne und gute Arbeitsbedingungen und wollen daher auch weiterhin im regelmäßigen Austausch mit der GEW sowie weiteren Gewerkschaften und Tarifpartnern bleiben, um gemeinsam Lösungen auf die Herausforderungen unserer Zeit zu entwickeln.
Um mehr ausgebildete Fachkräfte zu gewinnen und mehr Nachwuchskräfte auszubilden ist es notwendig, die Arbeitsbedingungen attraktiver zu gestalten. Dazu zählen bessere Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen für Pflegekräfte. Es sollen insgesamt Arbeitsbelastungen unter den Arbeiternehmerinnen und Arbeitnehmern gemindert für mehr Zufriedenheit und einer Vermeidung von Personalabwanderung. Wir Freie Demokraten fordern aus diesem Grund eine breite Aus- und Weiterbildungsoffensive, Wiedereinstiegsprogramme für Pflegekräfte und eine flankierende Gesundheitsvorsorge, um den besonderen physischen Programmatik – GEW 3 Fragen Antworten und psychischen Belastungen entgegenzuwirken. Auch den Punkt Vereinbarkeit von Familie und Beruf setzen wir innerhalb der Pflege hoch an und fordern die Einführung von verlässlichen Dienstplänen. Diese sollen mittelfristig über eine 105-prozentige Quote an Pflegepersonal in Pflegeeinrichtungen vorgehalten werden.
Ein wesentlicher Ansatz ist eine bessere Finanzierung der Fachschulen und Hochschulen in Hessen. Zudem muss Hessen endlich einen eigenständigen Lehramtsstudiengang Sozialpädagogik auflegen, um die Fachschulen mit ausreichend Lehrkräften zu versorgen.