In der heutigen Sitzung des Kulturpolitischen Ausschusses des Hessischen Landtags wird das Hessische Kultusministerium einen leider nichtöffentlichen Bericht zu einer „Helm auf“-Werbeaktion des Möbelhauses Porta an hessischen Grundschulen vorlegen. Diese war die erste „Nagelprobe“ für das seit Sommer 2017 geltende Schulgesetz zum Thema Sponsoring und Werbung.
Wie dringend es jetzt notwendig wird, nach der lobbyistischen Einflussnahme auf das Gesetz nachzubessern, verdeutlicht auch besonders diese Aktion. Porta hatte eine Marketingagentur beauftragt, die mit einem Konzept zur Verkehrserziehung auch in hessischen Grundschulen aufgetreten ist. Hierbei arbeitete man allerdings mit großen, messetypischen Aufstellern, die sehr prominent das Firmenlogo von Porta präsentierten. Zudem instrumentalisierte man die Grundschülerinnen und Grundschüler als „Lockvögel“, indem man ihnen einen Fahrradhelm zeigte, den sie sich (wohl in Begleitung ihrer Eltern) aber erst am darauf folgenden Samstag in der Filiale von Porta abholen konnten. Dass dieser Fahrradhelm im Sinne der möglichst lang und rund um die Schulen flächendeckend anhaltenden Werbewirkung ebenfalls großflächig mit dem Konzernlogo bedruckt ist, verdeutlicht endgültig, wie strategisch und gezielt Schulen inzwischen als Werberaum genutzt werden.
Hier – so das Versprechen der darauf spezialisierten Agenturen – erreiche man die Zielgruppe (Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern) ohne so genannte „Streuverluste“, da sich die Kinder dieser Werbung beziehungsweise Sponsoring nicht entziehen können und von dieser überwältigt werden (entgegen den Forderungen des Beutelsbacher Konsens).
Maike Wiedwald, Landesvorsitzende der GEW Hessen, betont: „Die GEW Hessen setzt sich für werbe- und lobbyfreie Schulen ein. Die bisherigen Maßnahmen der Landesregierung werden der gesamten Problematik nicht einmal ansatzweise gerecht.“
Zu Beginn des aktuellen Schuljahres hat die Hessische Landesregierung im neuen Schulgesetz ein grundsätzliches Werbeverbot in Schulen verankert. Nach einem guten ersten, eigenen Entwurf hat man diesen allerdings auf Druck der Wirtschaftsverbände derart umformuliert, dass er als eine der aktuell schwächsten Regelungen im Ländervergleich gelten muss. Das verdeutlicht auch der aktuelle Vorfall. So deklariert das Kultusministerium seine Antwort, in der es eine derartige Werbeabsicht als unzulässig bezeichnet, als „nicht öffentlich“.
Das hierin zum Ausdruck kommende (In-)Transparenzverständnis der Regierung spielt Werbern und Lobbyisten regelrecht in die Hände, wenn diese bei offenkundigen Verstößen gegen das Schulgesetz keinerlei Konsequenzen und nicht einmal die öffentliche Kritik fürchten müssen.
Zudem reagierte das Ministerium in der letzten Woche mit einer im Allgemeinen bleibenden Rundmail an die Grundschulen, erneut ohne den konkreten Fall zu benennen. Hierin werden die Grundschulen bei Unklarheiten zur Beratung an die Schulämter verwiesen. Diese anhaltende Strategie des Kultusministers ist verfehlt. So delegiert das Kultusministerium Anfragen immer wieder an die Staatlichen Schulämter zurück. Staatliche Schulämter geben aber auch keine Antwort, weil es keine Rückmeldung aus dem Hessischen Kultusministerium gebe und sie sich auch nicht so gut auskennen würden.
„Die GEW Hessen fordert deshalb weiterhin eine unabhängige Monitoringstelle. Diese kann durch eigene Recherchen oder nach Hinweisen von Lehrerinnen und Lehrern, Eltern und Schülerinnen und Schülern transparente Bewertungen zu Unterrichtsmaterialien und
-projekten durchführen und öffentlich zugänglich machen,“ verdeutlicht Maike Wiedwald die Forderung der GEW Hessen. Sie erklärt weiter: „Dies wäre eine hilfreiche Unterstützung für Lehrerinnen und Lehrer, da nicht wie in den Stellungnahmen der Wirtschaftsverbände zum Schulgesetz gefordert, jede Schule oder Lehrkraft aufs Neue eine eigene Prüfung durchführen müsste. Diese dürfen nicht derart mit der Gatekeeper-Funktion alleine gelassen und überfordert werden.“