Schlüssel zur Integration

DaF-Lehrkräfte fordern angemessene Bezahlung

HLZ 7-8/2016: Neue Baustelle Lehrerausbildung

Am 21. Mai gab es ein erstes bundesweites Vernetzungstreffen der Kursleiterinnen und Kursleiter im Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) und Deutsch als Zweitsprache (DaZ). Die HLZ sprach mit Nina Schuster. Sie ist Kursleiterin für DaZ und DaF an der VHS Frankfurt und Mitinitiatorin einer neuen Initiativgruppe DaF und Mitglied der GEW. Das Gespräch führte Karola Stötzel.

HLZ: An der Volkshochschule in Frankfurt gibt es zum ersten Mal seit vielen Jahren eine neue Initiative von Kursleiterinnen und Kursleitern für mehr Honorar. Ihr nennt euch Initiativgruppe DaF. Wie hat sich die Gruppe entwickelt?

Nina Schuster: Zunächst möchte ich erwähnen, dass es in der VHS schon immer einzelne Kollegen gab und gibt, die sich für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen einsetzten. So war es auch bei uns. Auf unsere Bitten und Briefe an die ehemalige Betriebsleitung endlich die Honorare anzuheben, ist nichts passiert. Deshalb haben wir uns im Herbst 2014 mit einem offenen Brief mit fast 80 Unterschriften an den Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann gewendet, er solle sich der Sache mit der Honorarerhöhung annehmen.

Wie hat der Oberbürgermeister reagiert?“

In seiner Antwort vom Januar 2015 stand, dass wir uns mit der Betriebsleitung in Verbindung setzen sollten. Außerdem würden die Kursleitenden an der VHS im bundesweiten Vergleich schon sehr gut bezahlt, weil wir ja die Zuschüsse zur Sozialversicherung von der VHS Frankfurt bekommen. Dieses Argument hat auch die damalige Betriebsleiterin Frau Çacir-Wahl benutzt, um die Nichterhöhung der Honorare zu legitimieren. Das hat uns viele Schwierigkeiten in der Diskussion gemacht, weil die Kursleitenden teilweise Angst davor haben, keine Zuschüsse mehr zu bekommen.

Wie ist es dann weitergegangen?

Im Herbst 2015 haben wir beschlossen, nicht mehr nur als Einzelpersonen zu agieren und jedes Mal Unterschriften zu sammeln. Wir haben eine Gruppe gegründet und treten auch nur noch als Gruppe auf. Das sind mittlerweile sieben Personen, die sich regelmäßig treffen und die Sachen gemeinsam besprechen. Im Dezember 2015 ist dann die neue VHS-Leitung Frau Smith gekommen. Und sie hat dann bei ihrer Vorstellung im DaF-Bereich an einem Freitag ihr blaues Wunder erlebt. Die Kursleitenden haben ihr nämlich klar gemacht, wie groß die Unzufriedenheit ist, wie es uns geht, wie wir bezahlt werden und dass wir davon nicht leben können. Sie war wirklich überrascht von der großen Frustration und hat uns dann ein Treffen im Februar 2016 angeboten. Dort hat sie uns recht gegeben, dass die Zuschüsse bei einer Honorarerhöhung außen vor bleiben müssen. Außerdem überlegt Frau Smith, wie die Kursleiter im Krankheitsfall entschädigt werden könnten. Bei der VHS Berlin bekommen die Kolleginnen und Kollegen seit August 2014 ab dem vierten Krankheitstag ein Ausfallhonorar in Höhe von 80 % des voraussichtlich zu erzielenden Honorars. In diesem Gespräch wurden wir um Geduld gebeten, weil die Geschäftsleitung neu im Amt war und sich des Themas annehmen musste. Inzwischen hatten wir eine Unterschriftensammlung initiiert und die Forderung aufgestellt, die Bezahlung für die Kursleitenden auf 35 Euro Grundhonorar in allen Kursarten anzuheben, also nicht nur in den Integrationskursen.

Wie seid ihr auf 35 Euro gekommen?

Na ja, für uns war das ein echter Kompromiss. Die Kollegen haben Angst, dass vielleicht die Zuschüsse mit dem Grundhonorar verrechnet oder abgeschafft würden, wenn sie zu viel fordern. Aus Materialien der GEW haben wir Berechnungsgrundlagen zusammengestellt, die zeigen, dass wir mit 35 Euro auf einem ganz niedrigen Niveau eine Erhöhung fordern und nur das gezahlt wird, was umgerechnet auf das Honorar in etwa dem Mindestlohn für Festangestellte in der Weiterbildung entspricht. Einige von uns wollten, dass wir ein vergleichbares Honorar wie die Lehrkräfte im TVL mit der Eckeingruppierung EG 11, also 54 Euro, fordern, oder 60 Euro wie die Kolleginnen und Kollegen in Hannover. Aber dann hätten nicht so viele Kolleginnen und Kollegen mitgemacht. So fiel die Entscheidung „Wir fordern erst einmal 35 Euro“, die mit über 100 Unterschriften unterstützt wurde.

Wie hat die Betriebsleitung auf eure Forderung reagiert?

Wir haben die Unterschriften bei dem zweiten Termin im März an Frau Smith übergeben. Auch da hieß es, wir müssen Geduld haben, weil sie mit vielen Akteuren reden muss, mit der Stadt, dem Land, dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und so weiter. Daraufhin haben wir sie aufgefordert, den Kursleiterinnen und Kursleitern einen Brief zu schreiben. In ihrem Schreiben vom April 2016 hat Frau Smith versichert, dass es „im Laufe des Monats Juni“ zu einer Entscheidung über die Höhe des Honorars kommen soll. Ihr Anschreiben bekamen aber auch nur die Unterzeichnenden.

Du und deine Kollegin Svetlana Poljakova …

…die jetzt in die GEW eingetreten ist..

Das freut uns! Ihr wart zusammen in Hannover beim bundesweiten Vernetzungstreffen von Kursleiterinnen und Kursleitern, Initiativen und Gruppen im Bereich DaZ und DaF am 21. Mai. Wie seid ihr darauf gekommen, dorthin zu fahren?

Das kam eigentlich auch durch die GEW, die uns einen Kontakt zu den DaF-Kolleginnen und -Kollegen aus Darmstadt vermittelt hatte. Von ihnen haben wir erfahren, dass es einen Zusammenschluss auf der Bundesebene geben soll und wir haben uns auf der Vernetzungskarte bei www.kreidefresser.org angemeldet. Wir waren uns erst nicht sicher, ob wir da mitmachen sollen. Aber dann haben wir gedacht, es wäre nicht gut, wenn eine der größten Volkshochschulen in Deutschland dort fehlt: Frankfurt muss auch mitmachen. Unsere VHS-Kolleginnen und -Kollegen haben uns finanziell unterstützt und später kam auch die Zusage für die Kostenerstattung von der GEW. Vielen Dank dafür!

Kurz vor eurem bundesweiten Bündnis-Treffen wurde bekannt, dass sich das BAMF für eine Anhebung der Honorare auf 35 Euro ausspricht und einen entsprechenden Antrag an den Finanzausschuss des Bundes gestellt hat. Glaubst du, dass der politische Druck durch die Initiativen da geholfen hat?

Na ja, wir haben uns schon die Augen gerieben, dass das BAMF irgendwie genau unsere Forderung aufgegriffen hat. Aber letztlich ist es nur ein Schritt in die richtige Richtung, wie es das in Hannover gegründete „Bündnis DaF-DaZ-Lehrkräfte“ in seiner Pressemitteilung vom 21. Mai 2016 auch gesagt hat. Das Bündnis fordert, dass die Mittel für eine Honorarerhöhung schnell bereitgestellt werden müssen und dass alle qualifizierten DaF/DaZ-Lehrkräfte gerecht bezahlt werden müssen. Aber jenseits von dem Druck, den die Kolleginnen und Kollegen in Köln, Bonn und Hannover schon gemacht haben, ist eigentlich noch nicht so viel passiert. Deshalb haben wir ja auch das Bündnis gegründet. Das BAMF reagiert, weil es nicht mehr genügend qualifizierte Lehrkräfte für die Integrationskurse gibt und sich viele qualifizierte Kolleginnen und Kollegen besser bezahlte Arbeitsmöglichkeiten suchen. Das Bündnis ermöglicht uns den Austausch untereinander und eine Präsenz nach außen. Unsere prekäre Situation ist der breiten Öffentlichkeit noch nicht wirklich bekannt. Nur mit vereinten Kräften können wir endlich eine wirklich angemessene Bezahlung durchsetzen. Die Situation, dass es den Lehrkräftemangel gibt, müssen wir jetzt nutzen. Das Bündnis fordert eine Honorarhöhe für alle DaF/DaZ-Lehrkräfte, die im Ergebnis mit dem Gehalt von Berufsschullehrkräften gleichzieht und eine Absicherung für Krankheit und Urlaub erhält. Alternativ dazu sehen wir Festanstellungen mit der entsprechenden Absicherung auf dem Niveau von Berufsschullehrkräften als angemessen an.

Wie war es in Hannover?

Es hat uns sehr gut gefallen, wir haben frische Ideen bekommen und zum Beispiel auch erfahren, dass die meisten Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern immer noch kein Urlaubsgeld bekommen. Den Urlaubsgeldanspruch haben ja die arbeitnehmerähnlichen Kursleiterinnen und Kursleiter, die überwiegend nur bei einem Träger arbeiten. In Frankfurt mussten aber auch die Kolleginnen und Kollegen lange dafür kämpfen, bis es soweit war. Dass viele Träger den gesetzlichen Anspruch der Kolleginnen und Kollegen nicht erfüllen, ist schon sehr schlimm. Dafür, wie man sein Recht durchsetzt oder wie man es schaffen kann, dass mehr Kursleiterinnen und Kursleiter bei den Initiativen mitmachen und sich aktivieren, dafür war das Treffen sehr wichtig. Und wir hoffen natürlich auch, dass wir jetzt breiter in der Öffentlichkeit wahrgenommen werden.

Wie geht es weiter?

Wir haben ein zweites bundesweites Treffen im September vereinbart und verschiedene Arbeitsgruppen werden dann über ihre Arbeit berichten. Wir haben uns auch vorgenommen, die Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften zu verbessern. Dabei hoffen wir auf die Hilfe der GEW und deshalb haben wir uns über die Anfrage der HLZ sehr gefreut.

Uns hat es auch gefreut, von Euch zu hören. Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg!

Weitere Informationen über das Bündnis der DaZ- und DaF-Lehrkräfte findet man unter www.dafdaz-lehrkraefte.de oder kreidefresser.org.