HKM stellt Integrationsplan vor

Integration als Querschnitts- und Daueraufgabe

Ein Großteil der 2015 und 2016 nach Deutschland geflüchteten Kinder und Jugendlichen ist inzwischen an den Schulen angekommen. Weiterhin kommen viele Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger im Rahmen der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit aus Ländern der EU. Das Hessische Kultusministerium (HKM) zählt bis November 2016 knapp 20.000 Schülerinnen und Schüler, die im Rahmen der jüngsten Fluchtbewegung nach Hessen gekommen sind. Von den insgesamt rund 26.000 Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteigern werden 18.000 in Intensivklassen unterrichtet, die anderen besuchen den Regelunterricht und erhalten Sprachförderung im Rahmen von Intensivkursen. An allgemeinbildenden Schulen bestehen inzwischen annähernd 900 Intensivklassen, an berufsbildenden Schulen knapp 400 InteA-Kurse (Integration und Abschluss).

Die schwarz-grüne Koalition hatte im Herbst 2015 den „Hessischen Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen und Bewahrung des gesellschaftlichen Zusammenhalts“ vorgestellt. In diesem Rahmen wurde unter anderem die Sprachförderung an den Schulen deutlich ausgebaut, indem rund 800 Stellen zusätzlich bereitgestellt wurden (1).
Knapp ein Jahr später, am 4. November 2016, stellte Kultusminister Alexander Lorz nun den „Schulischen Integrationsplan“ vor, der die Schulen bei der Integration unterstützen soll.

Es ist anzuerkennen, dass den Schulen tatsächlich – wie versprochen – zusätzliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden, doch sind damit noch nicht alle Probleme gelöst.

Der Integrationsplan besteht aus drei „Säulen“:

Steuerung und Verteilung der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger: Der Wechsel aus einer Intensivklasse in eine Regelklasse soll nur dann erfolgen, wenn ein Sprachstand erreicht ist, der ausreicht, um dem Unterricht zu folgen. Die Sprachkompetenz soll durch die Schulleitung beurteilt werden. Wird diese als nicht ausreichend eingeschätzt, soll weiterhin eine Intensivklasse besucht werden. Beim Übergang in die Regelklassen soll eine gezielte Steuerung und gleichmäßige Verteilung der Schülerinnen und Schüler erfolgen. Bei Bedarf können die Staatlichen Schulämter Verteilerkonferenzen einrichten.

Verbesserung der Ressourcenausstattung der Schulen: Mit dem Haushalt für das Jahr 2017 wurden insgesamt 1.100 zusätzliche Stellen beschlossen. Ab dem zweiten Halbjahr des Schuljahres 2016/2017 sollen daraus unter anderem 60 zusätzliche Stellen für einen Ausbau von Sprachförderkursen parallel zum Besuch der Regelklasse verwendet werden. Außerdem soll als Erweiterung des bestehenden „Sozialindexes“ ein „Integrationsindex“ eingeführt werden. Hierfür seien insgesamt 200 Stellen vorgesehen. Die Zuweisung richte sich nach der Anzahl der Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger, die neu in eine Klasse kommen. Darüber hinaus wird für das zweite Schulhalbjahr eine außerordentliche „Mehrklassenzuweisung“ angekündigt: Diese greife, wenn die maximal vorgesehene Klassengröße durch den Zugang von Seiteneinsteigerinnen und -einsteigern aus einer Intensivklasse um mindestens zwei überschritten wird. Voraussetzung ist allerdings, dass Seiteneinsteigerinnen und Seiteneinsteiger des jeweiligen Jahrgangs gleichmäßig auf die Regelklassen verteilt wurden. Christopher Textor, der im HKM die Stabsstelle "Schulische Integration von Flüchtlingen" leitet, betonte auf dem 12. Hessischen Elternforum am 5. November, dass alleine die Schulen über die Verwendung dieser zusätzlichen Ressource entscheiden sollen. Je nach örtlichen Gegebenheiten seien eine Klassenteilung, eine Doppelbesetzung oder zusätzliche Angebote möglich.

Fortbildung und Beratung: Als dritte Säule hat das HKM ein Fortbildungs- und Beratungsprogramm angekündigt. Es sollen regelmäßige Austausch- und Netzwerktreffen etabliert werden. Für Lehrkräfte im Regelunterricht sollen Fortbildungen insbesondere zum sprachsensiblen Unterricht angeboten werden. Ein weiterer Ausbau der Schulpsychologie sei angedacht.

Die GEW Hessen wird die Umsetzung der angekündigten Maßnahmen, die einen Teil ihrer Forderungen aufgreifen, aufmerksam beobachten (2).

Weitere Baustellen bleiben bestehen:

  • Die Kürzungen bei den Intensivklassen aus dem Vorjahr werden beibehalten: Die Stundenzahl in der Sekundarstufe I wurde damals von 28 auf 22 abgesenkt, in der Grundschule von 20 auf 18. Zudem sind die Gruppen oft zu groß. insbesondere in InteA-Klassen.
  • Kinder und Jugendliche in den Erstaufnahmeeinrichtungen sind bis zu einem halben Jahr von der Schulpflicht ausgenommen. WertVolle Zeit geht verloren.
  • Eine Ausdehnung des Rechts zum Schulbesuch bis zum Alter von 27 Jahren ist im Entwurf zur Novellierung des Schulgesetzes nicht vorgesehen.

Es geht der GEW darum, Integration als Querschnitts- und Daueraufgabe des gesamten Bildungswesens zu verstehen. Alle Schulen müssen sich dauerhaft auf die Herausforderungen der Sprachförderung und der Integration einstellen und dabei unterstützt werden.


(1) Roman George: Gute Bildung für alle? Hessischer Aktionsplan zur Integration von Flüchtlingen, HLZ 1-2/2016, S. 12-13.

(2) Birgit Koch/Maike Wiedwald: Bildung kann nicht warten. Junge Flüchtlinge und Seiteneinsteiger in hessischen Schulen, HLZ 2/2016, S, 24-25.