Weiterer Schritt zur Aufwertung im Sozial- und Erziehungsdienst

Einigung im Tarifstreit

Nach hartem Ringen und drei zähen Verhandlungsrunden haben sich Gewerkschaften und Arbeitgeber auf einen Tarifabschluss für die Beschäftigten im kommunalen Sozial- und Erziehungsdienst (SuE) geeinigt. Es wird keine weiteren Streiks geben. Kern der Einigung ist eine langfristige finanzielle Aufwertung durch verkürzte Stufenlaufzeiten und monatliche Zulagen für viele Beschäftigte. Zudem ist den Gewerkschaften der Einstieg in die Entlastung der Beschäftigten durch zusätzliche freie Tage gelungen.

„Monatliche Zulagen und kürzere Stufenlaufzeiten bringen finanzielle Aufwertung. Freie Tage sorgen für zeitliche Entlastung.“ (Daniel Merbitz)

„Das haben die Beschäftigten mit ihren eindrucksvollen Streiks geschafft! Sie haben die Blockade der kommunalen Arbeitgeber durchbrochen. Monatliche Zulagen und kürzere Stufenlaufzeiten bringen finanzielle Aufwertung. Freie Tage sorgen für zeitliche Entlastung“, bewertete GEW-Tarifexperte Daniel Merbitz das Ergebnis der Verhandlungen. Die Gewerkschaften haben mit dem Tarifabschluss wichtige Schritte zur Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe erreicht. Für die DGB-Gewerkschaften und den Deutschen Beamtenbund (dbb) führte ver.di die Verhandlungen.

Der Abschluss im Überblick

  • Einstieg in die Entlastung erreicht: 2+2 Erholungstage pro Jahr (zwei feste und zwei wählbare Tage)
  • Aufwertung erreicht: 130,00 Euro Zulage monatlich für Erziehungsberufe (Gehaltsgruppen S 2 bis S 11a)
  • Aufwertung erreicht: 180,00 Euro für Sozialarbeiter:innen (Gehaltsgruppen S 11b bis S 12 sowie S 14 und S 15, Fallgruppe 6)
  • Berufserfahrung lohnt sich nun schneller: Verkürzung der Stufenlaufzeiten ab 1. Oktober 2024
  • Mehr Zeit für pädagogische Arbeit

Fragen und Antworten zum Abschluss

 

Die Einigung sieht im Detail vor, dass die Beschäftigten pro Jahr zwei zusätzliche freie Tage als Entlastungstage erhalten. Zudem haben sie die Möglichkeit, einen Teil ihrer monatlichen Zulage pro Jahr in maximal zwei weitere Entlastungstage umzuwandeln. Der Abschluss wirkt unmittelbar für alle Beschäftigten, für die der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen (TVöD) mit der Gehaltstabelle für den Sozial- und Erziehungsdienst (S-Tabelle) gilt.

Neben der Entlastung spielt in dem Verhandlungsergebnis auch die Aufwertung der Berufe im Sozial- und Erziehungsdienst eine zentrale Rolle. So bekommen die Beschäftigten in Erziehungsberufen, wie Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen und Beschäftigte in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung, die in den Entgeltgruppen S 2 bis S 11a eingruppiert sind, ab dem 1. Juli 2022 eine Zulage von monatlich 130 Euro. Sozialarbeiter*innen, Sozialpädagog*innen in den Entgeltgruppen S 11b bis S 12 sowie S 14 und S 15 (Fallgruppe 6) erhalten 180 Euro monatliche Zulage.

Eine wichtige Forderung wird endlich erfüllt

Eine wichtige Forderung vieler GEW-Mitglieder wurde zudem erfüllt: Künftig rücken die Beschäftigten schneller in höhere Entgeltstufen auf. Die Stufen­laufzeiten der Berufe des Sozial- und Erziehungsdienstes in der S-Tabelle werden ab Oktober 2024 den teilweise kürzeren Laufzeiten im TVöD angeglichen. Daneben wurden für verschiedene Tätigkeiten Merkmale ergänzt, die zu einer höheren Eingruppierung führen können, zum Beispiel für Sozialarbeiter*­innen, Sozialpädagog*innen sowie Heilpädagog*innen, Kinderpfleger*innen und Sozialassistent*innen.

„Die zusätzlichen Entlastungstage dürfen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden.“ (Daniel Merbitz)

Merbitz nahm mit Blick auf die Entlastungstage die Arbeitgeber in die Pflicht, die Bekämpfung des Fachkräftemangel nun entschlossen in Angriff zu nehmen: „Die zusätzlichen Entlastungstage dürfen nicht auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werden. Ohne mehr Personal geht es nicht! Die Arbeitgeber müssen umgehend ein Konzept zur Personalgewinnung entwickeln.“ Auch die Ost-Regelung zur Vorbereitungszeit sah er kritisch. Eine separate Regelung passe nach über 30 Jahren Wiedervereinigung nicht in die Zeit – zumal sie nur den gesetzlichen Status quo festschreibe, so der Tarifchef.

Weitere Warnstreiks vom Tisch

In den vergangenen Wochen hatte die GEW bundesweit zu Warnstreiks aufgerufen, an denen sich zahlreiche Mitglieder beteiligten. Das baute so viel Druck auf die Arbeitgeber auf, dass diese schlussendlich einer weiteren Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe zustimmten. Durch die jetzt erzielte Einigung sind weitere Warnstreiks vom Tisch.

Nächste Tarifrunde bereits im Januar 2023

Diese Tarifverhandlung kam außerhalb der regelmäßig etwa alle zwei Jahre stattfindende Tarifverhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen und betraf nur Beschäftigten, die in der Tabelle des Sozial- und Erziehungsdienstes eingruppiert sind – die sogenannte S-Tabelle im TVöD. Dabei ging es um die Struktur dieser Gehaltstabelle und nicht um eine der regelmäßigen Gehaltsrunden. Die jetzt erzielte Einigung hat eine Laufzeit von fünf Jahren bis zum 31. Dezember 2026. Im Januar 2023 stehen aber schon die nächsten Tariverhandlungen für alle Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen vor Tür - und damit die nächste Gelegenheit, gemeinsam für mehr Gehalt zu kämpfen.

Geschichte der Kita-Streiks

2009 und 2015 haben die Beschäftigten des kommunalen Sozial- und Erziehungsdienstes gemeinsam mit der GEW und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), die mit Vollmacht der GEW die Verhandlungen führt, wichtige Schritte zur Aufwertung ihrer Profession erreicht. Um die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), die in den Verhandlungen die Arbeitgeber vertritt, zu einem Abschluss zu bewegen, waren jeweils massive wochenlange Streiks nötig. Alle Verbesserungen mussten von den Kolleg*innen, die sich in großer Zahl an den beeindruckenden Streiks beteiligten, hart erkämpft werden. Und es war klar: Weitere Schritte zur Aufwertung der Sozial- und Erziehungsberufe müssen folgen.

Die Gewerkschaften hatten sich gut vorbereitet, um im Jahr 2020 den nächsten Schritt zu gehen. Doch die Corona-Pandemie machte diese Planungen zunichte: Nach einem kurzen Auftaktgespräch am 5. März 2020 mussten die Verhandlungen wegen des ersten Lockdowns auf unbestimmte Zeit vertagt werden. Die Pandemie dauert noch an, doch die Gewerkschaften wollten dieses wichtige Thema nicht länger hinausschieben und forderten die VKA im Herbst 2021 erneut zu Verhandlungen auf, die nach der dritten Runde am 18. Mai 2022 beendet worden sind.