Warnstreik in Kassel und Gießen

Rund 2.000 Beschäftigte in Kassel und 500 in Gießen | Fotos aus Gießen

Auch in Kassel und Gießen zeigten die Beschäftigten des Landes, was sie vom Stand der Verhandlungen zum TV-H hielten: Nichts. Sie waren dem Aufruf der verhandelnden Gewerkschaften, darunter ver.di und der GEW-Hessen gefolgt.

Birgit Koch, Vorsitzende der GEW Hessen, begründete den Warnstreik: "Die GEW Hessen streikt heute gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen der DGB-Gewerkschaften. Wir streiken, um unserer Forderung nach einem gerechten Lohn Nachdruck zu verleihen. Bis jetzt hat der Innerminister Peter Beuth kein Angebot vorgelegt. Die Tarifverhandlungen für rund 45.000 Angestellte in Hessen wurden am Freitag letzter Woche auf Mitte April vertagt."

Ihr Fazit: "Der Innenminister ist offensichtlich nur mit Druck dazu zu bewegen, ernsthaft zu verhandeln. Deshalb stehen wir hier. Die Gewerkschaften fordern 5,5 Prozent mehr Gehalt, mindestens aber 175 Euro mehr. Außerdem die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses auf alle Beamtinnen und Beamten und die Versorgungsempfänger." 

Denn: "Die Einkommensentwicklung der Landesbeschäftigten in Hessen in den letzten zehn Jahren hat die Preissteigerungen kaum ausgeglichen. Unter dem Diktat der Schuldenbremse, die magische schwarze NULL, wird uns erzählt, es sei kein Geld da, um die Gehälter anzuheben. Das stimmt nicht. 

Die Steuerquellen sprudeln in Hessen. 2014 konnte der Finanzminister fast eine halbe Milliarde Euro mehr als im vorherigen Jahr einnehmen. Die Beschäftigten haben ein Recht darauf, an der wirtschaftlichen Entwicklung teilzuhaben."

Birgit Koch fasste die Forderungen der DGB-Gewerkschaften zusammen: "Wir fordern 5,5 Prozent, denn es gilt hier wie überall: Guter Lohn für gute Arbeit. Wir fordern die Übertragung des Tarifergebnisses auf die Beamtinnen und Beamten, Pensionäre und Pensionärinnen."

"Die Hessische Landesregierung hat bereits 2013 im Koalitionsvertrag festgelegt, wie sie mit den Beamtinnen und Beamten umzugehen gedenkt: Ab 1. Januar 2015 achtzehn Monate eine Nullrunde, danach eine Erhöhung der Bezüge um 1 Prozen bis 2018."

Dass sei, so Koch, eine unzumutbare Zumutung ist. Die Landesregierung denke nicht daran, das Tarifergebnis auf seine Beamten und Beamtinnen zu übertragen. Bayern und Hamburg machten es vor: "Hier ist heute schon erklärt, dass das Ergebnis aus den Verhandlungen der Tarifgemeinschaft der Länder zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten übertragen wird. So kann es auch gehen."

Aber: "An dieser Stelle haben wir noch eine ganz alte Rechnung mit der hessischen Landesregierung offen. Wir fordern die Übertragung der 40 Std-Woche auf die Lehrkräfte. Auch wir wollen endlich die Vierzig-Stunden-Woche. Eine 40-Stunden-Woche, das war das Verhandlungsergebnis aus der Tarifrunde 2009. Wir, die Lehrerinnen und Lehrer im hessischen Schuldienst, warten noch heute auf die Übertragung dieses  Tarifergebnisses auf unsere Arbeitszeit und wir warten auf eine Senkung der Pflichtstunden. Das haben wir nicht vergessen und das sagen wir heute schon laut und deutlich: Wir werden uns wehren. Wir erwarten die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses. Und wir erwarten endlich die Umsetzung der tariflich vereinbarten 40 Stunden-Woche für die Lehrkräfte. Eine Pflichtstunde weniger für alle."

"Ich möchte euch sagen, dass unser Streik international von unseren Schwestergewerkschaften beachtet und unterstützt wird. Solidarische Grüße haben uns erreicht aus: Norwegen und Australien, den USA und England und ein langes Unterstützungsschreiben kam gestern Abend von Egitim Sen, unserer türkischen Schwestergewerkschaft."

Von den Ergebnissen der Verhandlungen, betonte Birgit Koch zum Schluss ihrer Rede, seien alle Beschäftigungsgruppen in den hessischen Schulen und Hochschulen betroffen: Tarifbeschäftigte und Beamte. Jeder zweite Beschäftigte im hessischen Landesdienst arbeite an einer Schule oder Hochschule. "Bildungsarbeit ist Beziehungsarbeit. Sie steht und fällt mit den Menschen, die diese Arbeit tun."

Koch fragt: "Welche Wertschätzung die Politik der Bildung  entgegenbringt, zeigt sich auch darin, wie sie die Beschäftigten bezahlt, die Tag für Tag in Schulen und Hochschulen in Hessen arbeiten?"